Freistellung ungeimpfter Pflegekräfte

Die Freistellung einer ungeimpften Pflegekraft hat das LAG Baden-Württemberg für unzulässig erklärt. Trotz der geltenden einrichtungsbezogenen Impflicht hätte zuvor ein Tätigkeitsverbot durch das Gesundheitsamt ausgesprochen werden müssen. Nun muss der Arbeitgeber Vergütung nachzahlen.

Viele Arbeitgeber haben ungeimpftes Personal aufgrund der in der Zeit vom 15. März bis 31. Dezember 2022 geltenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht unbezahlt von der Arbeit freigestellt. Inwiefern dieses Vorgehen rechtmäßig war, beschäftigt die Gerichte immer wieder - mit unterschiedlichem Ausgang.

Solange das Gesundheitsamt noch kein Tätigkeitsverbot erlassen hatte, war die Rechtslage für bereits Beschäftigte nicht eindeutig. Während das Hessische Landesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber zwei Pflegekräfte freistellen durfte, stufte das Arbeitsgericht Dresden die unbezahlte Freistellung einer Mitarbeiterin wegen fehlender Corona-Impfung als rechtswidrig ein. Zu diesem Ergebnis kam vorliegend auch das LAG Baden-Württemberg. 

Der Fall: Unbezahlte Freistellung einer Pflegekraft wegen fehlender Corona-Impfung

Die Arbeitnehmerin ist seit 2011 in einer Pflegeeinrichtung in Kornwestheim als Pflegehelferin in der Altenpflege tätig. In der Zeit vom 15. März bis 31.Dezember 2022 galt für diese Einrichtung die einrichtungsbezogene Impflicht. Die Arbeitnehmerin ist nicht gegen Covid geimpft und konnte daher - zumindest zeitweise - nicht nachweisen, dass sie geimpft oder genesen ist.
Der Arbeitgeber stellte sie aufgrund dessen von der Arbeit frei und zahlte ab der Freistellung kein Entgelt mehr. Das Gesundheitsamt hatte zu diesem Zeitpunkt kein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot verhängt. Die Arbeitnehmerin verlangte vor Gericht, beschäftigt zu werden und außerdem Annahmeverzugsvergütung für die Zeiten der Nichtbeschäftigung.

LAG Baden-Württemberg: Unrechtmäßige Freistellung ungeimpfter Pflegekräfte

Das Arbeitsgericht Stuttgart gab der Klage statt. Die Berufung des Arbeitgebers hatte vor dem LAG Baden-Württemberg keinen Erfolg. Das LAG entschied, dass die Freistellung der Arbeitnehmerin zu Unrecht erfolgte. Nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg bestand während der im Rahmen der in § 20a IfSG verankerten sogenannten einrichtungsbezogenen Impfpflicht kein gesetzliches Tätigkeitsverbot . Zumindest nicht für bereits vor dem 16. März 2022 beschäftigte Arbeitnehmende, die ihrem Arbeitgeber – entgegen § 20a Abs. 2 Satz 1 IfSG – keinen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen konnten.

Keine Freistellung ohne Anordnung eines Tätigkeitsverbots durch Gesundheitsamt

Die Anordnung eines Tätigkeitsverbotes für bereits Beschäftigte habe gemäß § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG das zuständige Gesundheitsamt als ermessensgeleitete Einzelfallentscheidung treffen müssen. Ohne eine solche Anordnung durch das Gesundheitsamt sei der Arbeitgeber nicht berechtigt gewesen, solche Arbeitnehmende pauschal unbezahlt von der Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen. Der Arbeitgeber sei insbesondere auch nicht berechtigt gewesen, diese Beschäftigten kraft seines Weisungsrechts vor einer Entscheidung des Gesundheitsamts freizustellen.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) wurde zugelassen.

Hinweis: LAG Baden-Württemberg. Urteil vom 3. Februar 2023, Az: 7 Sa 67/22, Vorinstanz: Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 12. Oktober 2022, Az: 15 Ca 2557/22


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