Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für Feststellungsanträge zur Bestimmung der Grenzen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts bei der Festlegung der Lage der Arbeitszeit und der Einteilung zu Rufbereitschaften
Leitsatz (redaktionell)
1. Vermögensrechtliche Ansprüche zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich aus einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis ergeben oder auf Geld oder Geldeswert gerichtet sind; im Regelfall sind alle im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren verfolgten Ansprüche, soweit diese sich auf das als vermögensrechtlich zu begreifende Arbeitsverhältnis stützen, als vermögensrechtliche Streitigkeit anzusehen.
2. Geht es der Arbeitnehmerin bei ihrem formell in zwei Anträge gekleideten Feststellungsbegehren ersichtlich um die Bestimmung der Grenzen des der Arbeitgeberin zustehenden Direktionsrechts bei der Festlegung der Lage der Arbeitszeit und der Einteilung zu Rufbereitschaften, ist diese Streitigkeit als vermögensrechtlich und nach dem allgemeinen Maßstab des § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO zu bewerten, da eine "allgemeine" (besondere Konstellationen betreffende) Wertvorschrift im Unterabschnitt 1 des Abschnitts 7 des GKG nicht besteht.
3. § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG ist in diesen Fällen nicht einschlägig, weil es nicht um eine Bestandsstreitigkeit sondern um eine Inhaltsstreitigkeit geht; auch eine direkte oder analoge Anwendung des § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG scheidet aus, wenn die Parteien nicht einmal im Ansatz über eine Eingruppierung oder (wenigstens) etwa den Umfang der von der Arbeitgeberin zu erbringenden Arbeitsleistung oder des von der Arbeitgeberin zu leistenden Arbeitsentgelts sondern nur um die Lage der Arbeitszeit (60 % einer Vollzeittätigkeit fix pro Woche oder im Durchschnitt während eines Jahreszeitraums sowie die Befugnis der Arbeitgeberin zur Heranziehung der Arbeitnehmerin zu Rufbereitschaft).
4. Werterhöhend fällt ins Gewicht, wenn die Arbeitgeberin sich für berechtigt gehalten hat, die wöchentliche Arbeitszeit der zu 60 % teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerin auf 100 % einer Vollzeitstelle auszuweiten, wenn nur innerhalb eines Ausgleichszeitraums von einem Jahr im Durchschnitt die Teilzeit von 60 % erreicht wird; dies stellt eine erhebliche Beeinträchtigung der zeitlichen Dispositionsmöglichkeiten der Arbeitnehmerin dar, die den Ansatz eines Quartalsverdienstes rechtfertigen, aber auch ausreichend erscheinen lassen.
Normenkette
ZPO § 3; GKG § 42 Abs. 3 Sätze 1-2, § 48 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Ulm (Entscheidung vom 10.04.2013; Aktenzeichen 2 Ca 215/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 10.04.2013 - 2 Ca 215/12 - abgeändert.
Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert wird auf 5.884,83 € festgesetzt.
Gründe
I.
Wegen des Sach- und Streitstandes bis zur Vorlage an das Beschwerdegericht wird auf die Sachverhaltswiedergabe im angegriffenen Beschluss in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses sowie auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Sachverhaltswiedergabe abgesehen, da der Beschluss des Beschwerdegerichts einem weiteren Rechtsmittel nicht unterfällt.
II.
Die Beschwerde der Klägerin ist statthaft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und auch im Übrigen zulässig und begründet. Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert unter Zugrundelegung eines falschen Prüfungsmaßstabs mit einer Festsetzung auf 47.310,72 € zu hoch bemessen. Dieser war deshalb neu auf einen Quartalsverdienst der Klägerin in Höhe von 5.884,83 € festzusetzen.
1. Obwohl das Feststellungsbegehren der Klägerin formell in zwei Anträge gekleidet ist (Antrag zu 1 betreffend die Monate September bis Dezember 2012 und Antrag zu 2 betreffend die weitere Laufzeit der Teilzeitvereinbarung), ergibt die Auslegung ein einheitliches Rechtsschutzziel: Sie will festgestellt wissen, dass sie nicht verpflichtet ist, während der Teilzeitvereinbarung in einem zeitlichen Umfang von über 60 % einer Vollzeittätigkeit (derzeit 23,4 Stunden) zu arbeiten sowie Rufbereitschaften nach dem TVöD-B zu leisten.
2. Die Bewertung eines solchen Begehrens hat nach § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO zu erfolgen.
a) Dem Ausgangsfall lagen vermögensrechtliche Ansprüche zugrunde. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich aus einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis ergeben oder auf Geld oder Geldeswert gerichtet sind (allgemeine Auffassung, vgl. Stein/Jonas-Roth ZPO 22. Auflage § 1 Rn 49 mwN). Deshalb sind im Regelfall alle im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren verfolgten Ansprüche, soweit diese sich auf das als vermögensrechtlich zu begreifende Arbeitsverhältnis stützen, als vermögensrechtliche Streitigkeit anzusehen (erkennende Kammer 24.06.2009 - 5 Ta 10/09 - www.lag-baden-wuerttemberg.deunter "Streitwertkatalog").
b) Dies ist hier ebenfalls der Fall. Der Klägerin ging es bei der begehrten Feststellung ersichtlich um d...