Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung einer kostenfreien oder kostengünstigen Unterkunft und gegen einen geringen Kostenbeitrag gestellter Verpflegung bei dem für die Prozessführung einzusetzenden Einkommen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine kostenfreie oder kostengünstige Unterkunft ist im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht als geldwerter Vorteil dem einzusetzenden Einkommen hinzuzurechnen.

2. Auch eine Verpflegung gegen einen verhältnismäßig geringen Kostenbeitrag ist nicht als geldwerter Vorteil dem einzusetzenden Einkommen hinzuzurechnen. Der Kostenbeitrag mindert nicht das einzusetzende Einkommen.Die Bewertung freier Verpflegung bleibt unentschieden.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Entscheidung vom 01.07.2016; Aktenzeichen 8 Ca 123/14)

 

Tenor

  1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 01. Juli 2016 teilweise wie folgt abgeändert:

    • -

      für den Zeitraum 01. Juli bis 31. Dezember 2016 hat die Klägerin monatliche Raten in Höhe von 14,-- Euro auf die Prozesskosten zu zahlen.

    • -

      für den Zeitraum ab dem 01. Januar 2017 hat die Klägerin monatliche Raten in Höhe von 11,-- Euro auf die Prozesskosten zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.

  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
  3. Die Gerichtsgebühr wird nicht erhoben.
 

Gründe

I.

Mit der Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die nachträgliche Festsetzung von Ratenzahlungen.

Mit Beschluss vom 26. Juni 2014 bewilligte das Arbeitsgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung. Zuvor war das Verfahren in der Hauptsache mit dem Prozessvergleich vom 25. Juni 2014 beendet worden.

Auf der Grundlage verbesserter Einkünfte der Klägerin legte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 01. Juli 2016 (Bl. 101 f. der Akte) fest, dass die Klägerin monatliche Raten in Höhe von 115,-- Euro auf die Prozesskosten zu zahlen habe. Die Beschwerde der Klägerin ging am 25. Juli 2016 beim Arbeitsgericht ein.

Die Klägerin trägt vor,

folgende Ausgaben seien bei der Berechnung der Monatsraten, obwohl erheblich, nicht berücksichtigt worden:

Rhein-Neckar-Ticket:

82,00 Euro

Handykosten:

30,00 Euro

Beitrag zu Kost und Logis, die von den Eltern geleistet würden:

200,00 Euro.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht am 30. August 2016 zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die fristgemäß eingelegte und auch sonst zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 01. Juli 2016 hat überwiegend Erfolg. Sie ist insoweit begründet, als die zu leistenden Monatsraten im Zeitraum 01. Juli bis 31. Dezember 2016 nicht mehr als 14,-- Euro und im Zeitraum ab dem 01. Januar 2017 nicht mehr als 11,-- Euro betragen.

1. Die Monatsraten errechnen sich wie folgt:

a) Zeitraum 01. Juli bis 31. Dezember 2016:

Monatseinkommen der Klägerin:

912,60 Euro netto

persönlicher Freibetrag:

468,00 Euro

- Freibetrag Erwerbstätige:

213,00 Euro

Wohnkosten (geschätzter Anteil an 200,-- Euro):

120,00 Euro (2 a)

Rhein-Neckar-Ticket:

82,00 Euro

einsetzbares Einkommen:

29,60 Euro.

Die Kost- und Logisleistungen der Eltern, für die die Klägerin einen Kostenbeitrag zahlt, sind nicht als geldwerte Leistungen zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen (2). Ebenso unberücksichtigt bleiben der Kostenbeitrag der Klägerin, soweit er sich auf die Verpflegungsleistungen der Eltern bezieht (2 b), und die von der Klägerin geltend gemachten Handykosten (3).

Bei einem einsetzbaren Einkommen in Höhe von 29,60 Euro errechnet sich gem. § 115 Abs. 2 ZPO eine zu zahlende Monatsrate in Höhe von 14,-- Euro.

b) Zeitraum ab 01. Januar 2017:

Zu berücksichtigen sind die mit Wirkung ab dem 01. Januar 2017 erhöhten Freibeträge (persönlicher Freibetrag: + 5,00 Euro, Freibetrag Erwerbstätige: + 2,00 Euro). Das einzusetzende Einkommen mindert sich auf 22,60 Euro. Dementsprechend betragen die Monatsraten ab dem 01. Januar 2017 11,-- Euro.

2. Die zu berücksichtigen Einkünfte der Klägerin erhöhen sich nicht dadurch, dass sie von ihren Eltern gegen Zahlung eines Kostenbeitrags Kost und Logis erhält. Der geldwerte Vorteil der elterlichen Leistungen ist den Einkünften nicht hinzuzurechnen.

a) Kostengünstig oder kostenfrei überlassener Wohnraum stellt zwar einen geldwerten Vorteil dar, weil er sonst anfallende Wohnkosten erspart. Weil der geldwerte Vorteil aber in der Kostenersparnis und nicht in der Überlassung des Wohnraums begründet ist, erhöht er nicht die Einkünfte im Sinne des § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Die Regelungen des § 115 Abs. 1 ZPO gehen davon aus, dass die bedürftige Partei einkommensneutral über Wohnraum verfügt. Als erheblich für die Prozesskostenhilfe werden nur die dadurch entstehenden Wohnkosten behandelt (§ 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Hier wirkt sich die kostengünstige oder kostenfreie Überlassung des Wohnraums aus, weil sich die abzugsfähigen Wohnkosten mindern bzw. überhaupt nicht anfallen. Würde man freies Logis sowohl bei den Einkünften als Zuwachs als auch bei den sonst anfallenden Abzügen als kostenneutral behand...

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