Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtspflichten des Europäischem Betriebsrats. Unbegründeter Antrag eines Europäischem Betriebsrats auf Einrichtung einer eigenen Seite im gemeinschaftsweiten Intranet zur unmittelbaren Kommunikation mit den Beschäftigten
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 36 Abs. 1 EBRG (Gesetz über Europäische Betriebsräte) berichtet der Europäische Betriebsrat den örtlichen Vertretungen der abhängig Beschäftigten oder, wenn es diese nicht gibt, den Beschäftigten der Betriebe oder Unternehmen über die Unterrichtung und Anhörung; gemäß § 35 Abs. 2 EBRG sind die Mitglieder und Ersatzmitglieder eines Europäischen Betriebsrats verpflichtet, Betriebs - oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Europäischen Betriebsrat bekannt geworden und von der zentralen Leitung ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten, wobei diese Verpflichtung nicht gegenüber anderen Mitgliedern eines Europäischen Betriebsrats und nicht gegenüber den örtlichen Vertretungen der Betriebe oder Unternehmen gilt, wenn diese nach § 36 EBRG über den Inhalt der Unterrichtungen und die Ergebnisse der Anhörungen zu unterrichten sind, sowie sonstigen im Gesetz konkret benannten Personen.
2. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 36 Abs. 2 EBRG berichtet der Europäische Betriebsrat vorrangig den örtlichen Vertretungen der Beschäftigten und nur dann, wenn es diese nicht gibt, berichtet er den Beschäftigten der Betriebe oder Unternehmen über seine Unterrichtung und Anhörung durch die zentrale Leitung.
3. Auch wenn der Gesetzeswortlaut des § 36 Abs. 1 EBRG es nicht ausdrücklich ausschließt, dass der Europäische Betriebsrat auch darüber hinaus Informationen an alle Beschäftigten erteilt, hat er doch nach dem Gesamtzusammenhang der Regelungen kein Recht, gegen den Willen der Arbeitgeberin unmittelbar mit den Beschäftigten innerhalb der Europäischen Gemeinschaft in Verbindung zu treten; ein Anspruch des Europäischen Betriebsrats, eine eigene Seite im Intranet der Unternehmensgruppe nutzen und gestalten zu dürfen, besteht daher nicht.
Normenkette
EBRG § 36 Abs. 1-2; BetrVG § 40 Abs. 2; EG-RL 38/2009 Art. 8 Abs. 1 Fassung: 2009-05-06, Art. 10 Abs. 2 Fassung: 2009-05-06
Tenor
Die Anträge werden zurück gewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Beteiligten zu 1 als Europäischem Betriebsrat eine eigene Seite in gemeinschaftsweiten Intranet der Beteiligten zu 2 zur unmittelbaren Kommunikation mit den Arbeitnehmern zur Verfügung zu stellen ist.
Der Beteiligte zu 1 ist der Europäische Betriebsrat der A. Gruppe in Europa. Die A. Gruppe mit Hauptsitz in M./Australien beschäftigt weltweit über 33.000 Arbeitnehmer und gemeinschaftsweit in Europa etwa 11.600 Arbeitnehmer. Die Beteiligte zu 2 ist im Konzernverbund der A. Gruppe mit derzeit etwa 1.150 Arbeitnehmern größter Arbeitgeber weltweit. Sie hat ihren Sitz in S.
Durch Vereinbarung zwischen der Europäischen A. Gruppe und den Europäischen Arbeitnehmervertretungen am 0.0.2002 wurde der Beteiligte zu 1 gebildet. Wegen der Inhalte der schriftlichen Vereinbarung wird auf Anlage EBR1 (Aktenblatt 5 ff.) Bezug genommen.
Der Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, er habe Anspruch darauf, über das im Konzernverbund der A. Gruppe eingerichtete Intranet Mitteilungen an die gemeinschaftsweit beschäftigten Arbeitnehmer zu kommunizieren. Insbesondere möchte der Beteiligte zu 1 einen Bericht über seine jährliche Sitzung vom 0./0.0.2012 mit dem europäischen Management der A. Gruppe im Intranet veröffentlichen. Die A. Gruppe lehnte die Darstellung wegen inhaltlicher Differenzen am 0.0.2012 ab und bot an, einen gemeinsam abgestimmten Bericht auf der Intranetseite zu veröffentlichen.
Der Beteiligte zu 1 ist der Rechtsansicht, der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 34 EBRG ergebe einen Rechtsanspruch des Beteiligten zu 1, das Intranet selbst eigenständig zur Kommunikation mit den Arbeitnehmern nutzen zu dürfen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit setze voraus, dass sich der Europäische Betriebsrat als Interessenvertretung der gemeinschaftweiten Arbeitnehmer und die Arbeitgeberseite auf Augenhöhe begegnen können. Dies sei jedoch dann nicht gewährleistet, wenn der europäische Betriebsrat seine Haltung und die von ihm vertretenen Positionen nicht gemeinschaftsweit kommunizieren könne.
§ 36 Abs. 1 EBRG sowie Artikel 10 Abs. 2 der Richtlinie 2009/38/EG schlössen eine unmittelbare Unterrichtung der Arbeitnehmer durch den Europäischen Betriebsrat nicht aus. Die Regelungen sollten gewährleisten, dass grenzübergreifende Angelegenheiten und ihre Auswirkungen soweit wie möglich auch den Arbeitnehmern in den einzelnen Niederlassungen transparent gemacht werden. Die Arbeitnehmer müssten erfahren können, was ihre Vertreter im europäischen Betriebsrat erfahren und beeinflussen können. Nur so könne der europäische Betriebsrat seine Kompetenz und Möglichkeiten darstellen, die er ohne Rückhalt und Verständnis der Belegschaft ...