Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der nicht gebührenrechtlichen Einwendung i.S. von § 11 Abs. 5 RVG

 

Leitsatz (amtlich)

Gebührenrechtliche Einwendungen liegen vor, wenn geltend gemacht wird, die geforderte Vergütung sei nach den Vorschriften des RVG einschließlich der darin in Bezug genommenen sonstigen Gebührenvorschriften nicht oder nicht in der geforderten Höhe erwachsen. Im Vergütungsfestsetzungsverfahren ist dabei sowohl über Rechtsfragen des Gebührenrechts als auch über Streitfragen im Tatsächlichen zu entscheiden, selbst wenn sich deren Klärung nicht aus der Akte ergibt.

 

Normenkette

RVG § 11 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Karlsruhe (Entscheidung vom 07.08.2018; Aktenzeichen 2 Ca 509/16)

 

Tenor

  • I.

    Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 7. August 2018 - 2 Ca 509/16 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

    1. Die vom Kläger aus Anlass des Verfahrens 12 Sa 58/17 beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - an die Antragsteller zu zahlende Vergütung wird festgesetzt auf 1.034,82 € (in Worten: eintausendvierunddreißig EURO) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3. Juli 2018.
    2. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
  • II.

    Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

  • III.

    Der Kläger hat 71 %, die Antragsteller haben 29 % der Kosten des Festsetzungsverfahrens zu tragen.

  • IV.

    Von der Erhebung der Pauschalgebühr Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG wird abgesehen.

  • V.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über eine Vergütungsfestsetzung gemäß § 11 RVG.

Die Antragsteller vertraten den Kläger im Ausgangsverfahren vor dem Arbeitsgericht betreffend eine Versetzung und zwei Abmahnungen seiner Arbeitgeberin. Das Arbeitsgericht wies die Klage mit Urteil vom 02.05.2017, den Antragstellern in vollständiger Form zugestellt am Vormittag des 04.08.2017 ab und setzte den Streitwert auf 12.000,00 € fest (6.000,00 € für den Angriff gegen die Versetzung und jeweils 3.000,00 € betreffend die beiden Ermahnungen). Vereinbarungsgemäß entwarfen die Antragsteller zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung sofort eine gegen die Abweisung der auf Feststellung der Unwirksamkeit der Versetzung gerichtete Berufung nebst Begründung, bevor die neuen Prozessbevollmächtigten des Klägers ihnen mit am Nachmittag des 04.08.2017 eingegangenem Fax das Mandat kündigten. Bis zu diesem Zeitpunkt standen die Antragsteller auch in außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen mit der Beklagtenseite. Das von den neuen Prozessbevollmächtigten des Klägers eingeleitete Berufungsverfahren endete durch Vergleich.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsteller vom Kläger aus einem Streitwert von 12.000,00 € eine 1,1-fache Verfahrensgebühr Nr. 3201 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG sowie eine 1,3-fache Einigungsgebühr Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 1004 VV RVG nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 1.463,50 € nebst Zinsen verlangen können. Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Mit der Begründung, er habe die Antragsteller für die zweite Instanz nicht bevollmächtigt und deren Tätigkeiten seien für den Vergleich nicht ursächlich geworden, habe der Kläger nichtgebührenrechtliche Einwendungen geltend gemacht, weshalb die vereinfachte Festsetzung gemäß § 11 Abs. 5 RVG ausgeschlossen sei.

Mit der sofortigen Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihren Anspruch weiter. Der tatsächlich nur erhobene Einwand, es habe ab dem Zugang der Mandatskündigung keine Vollmacht mehr vorgelegen, sei unerheblich. Das bloße Bestreiten der Kausalität der Mitwirkung der Antragsteller am Vergleich stelle eine - unzureichende - gebührenrechtliche Argumentation dar, weshalb die Festsetzung antragsgemäß zu erfolgen habe.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde der antragstellenden ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers ist statthaft (§ 11 Abs. 3 RVG, § 78 Satz 1 ArbGG, §§ 103 ff. ZPO iVm. §§ 567 ZPO); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569 Abs. 1 und 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig und überwiegend begründet. Den Antragstellern stehen die mit Antrag vom 03.07.2018 (Bl. 151 f. der erstinstanzlichen Akte) geltend gemachten Gebühren, bestehend aus der 1,1-fachen Verfahrensgebühr Nr. 3201 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG (1.) und der 1,3-fachen Einigungsgebühr Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 1004 VV RVG (2.) nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer in Höhe von 1.034,82 €, nicht jedoch in der geltend gemachten Höhe von 1.463,50 €, zu. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen sind gebührenrechtlicher Art und unerheblich.

1. Die Antragsteller haben Anspruch auf eine Verfahrensgebühr Nr. 3201 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG in Höhe von 389,40 € netto.

a) Die Gebühr entsteht, wenn der Auftrag endigt, bevor der Rechtsanwalt das Rechtsmittel eingelegt hat. Unabhängig von eine...

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