Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweiskraft eines im Strafverfahren abgegebenen Teilgeständnisses (im Wege eines sog. Deals) auf Schadenersatzansprüche im arbeitsgerichtlichen Verfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein in einem Strafverfahren aufgrund einer dort getroffenen Verfahrensabsprache abgelegtes (Teil-)Geständnis beweist nicht ohne Weiteres die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs in einem vor den Gerichten für Arbeitssachen geführten Schadensersatzprozess.
2. Nur der Verdacht, ein Arbeitnehmer habe einen Pkw unentgeltlich dafür erhalten, dass er Verschiebungen von Werkswagen an Wiederverkäufer gedeckt und von den Abnehmern im Gegenzug Leistungen erhalten habe, reicht für sich allein nicht aus, um die erforderliche Überzeugung vom Vorliegen der Voraussetzungen von Schadensersatzansprüchen nach § 286 ZPO zu begründen.
Normenkette
BGB §§ 276, 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2; ZPO §§ 286, 288, 290; AO 1977 §§ 149-150, 370 Abs. 1; UStG §§ 1, 4, 6a, 12-13, 18
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 18.04.2008; Aktenzeichen 18 Ca 10093/07) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 18.04.2008 – 18 Ca 10093/07 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Die Klägerin fordert von dem Beklagten Schadenersatz in Höhe von 45.507,83 EUR als Umsatzsteuerschaden für 4 Werkswagenverkäufe.
Der am 22.10.1944 geborene und verheiratete Beklagte stand in der Zeit vom 30.09.1963 bis 09.09.2003 in einem Arbeitsverhältnis mit der Klägerin. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund fristloser Verdachtskündigung der Klägerin. Der Beklagte war bis zum Eintritt in die Freizeitphase seiner Altersteilzeit am 30.04.2002 Leiter des Werkswagenverkaufes. Außer dem Kläger waren im Werkswagenverkauf noch ca. sieben Verkäufer tätig, die ihm unterstellt waren. Einer der bei der Klägerin früher beschäftigten Verkäufer war der im Januar 2003 fristlos gekündigte Herr C.. Der Beklagte lebt inzwischen mit seiner Ehefrau in S..
In der Abteilung Werkswagenverkauf im Betrieb der Klägerin werden jährlich ca. 1.500 Autos von den Verkäufern der Klägerin verkauft. Bei Werkswagen handelt es sich um Dienst- und Leasingwagen, welche die Klägerin ihren Mitarbeitern für etwa ein Jahr zur Verfügung stellt. Sie werden danach mit einer Laufleistung von rund 20.000 Kilometern durch die Klägerin verkauft. Im 1998 legte die Klägerin fest, dass die Werkswagen nicht mehr an sogenannte Wiederverkäufer verkauft werden dürfen. Zulässig war ab diesem Zeitpunkt nur noch der Verkauf an P.-Vertragshändler und an Endkunden. In seiner Funktion als Leiter der Abteilung Werkswagenverkauf im Betrieb der Klägerin war der Beklagte in die Kaufvertragsverhandlungen und den Vollzug des Verkaufes grundsätzlich nicht unmittelbar eingebunden. Die dem Beklagten unterstellten Verkäufer führten die einzelnen Vertragsverhandlungen, schlossen die Kaufverträge ab und kümmerten sich um die Vollziehung dieser Kaufverträge. Was die Handhabung und Abwicklung der EU-Auslandsgeschäfte (Verkäufe) im Unternehmen der Klägerin angeht, gab es genaue Anweisungen der Klägerin, vertreten durch den Beklagten, an die Verkäufer wie diese vorzunehmen sind. In den Anweisungen war auch vermerkt, dass der jeweilige Verkäufer für die korrekte Abwicklung verantwortlich ist. Die innerbetrieblichen Vorgaben des Beklagten betreffend die umsatzsteuerliche Behandlung der EU-Auslandsgeschäfte entsprachen den damals geltenden Bestimmungen der Steuerbehörde. In der Abteilung Werkswagenverkauf der Klägerin wurden in der Regel alle Unterlagen, die für eine ordnungsgemäße Abwicklung erforderlich waren, erstellt. Sämtliche Unterlagen für die EU-Auslandsgeschäfte mussten von den jeweiligen Verkäufern bei Frau D. (Sekretariat) abgegeben werden, damit sie diese an die Zulassungsstelle und die zuständigen internen Abteilungen der Klägerin weiterleiten konnte. Es existierten mindestens 10 bis 15 Arbeitsanweisungen des Beklagten für die jeweiligen Verkäufer zur Abwicklung dieser Geschäfte (vgl. Bl. 65-70 der erstinstanzlichen Akte). Der Beklagte hatte u.a. veranlasst, dass eine Fahrzeugrechnung ohne Mehrwertsteuerausweis nur erstellt werden durfte, wenn die Steuer-Ident-Nummer des Käufers mit angegeben war. Die Nummer wurde vorher beim Bundesamt für Finanzen geprüft. Die Rückmeldung des Bundesamtes für Finanzen ging nach entsprechender Anfrage durch die Klägerin direkt an die zuständige Abteilung der Klägerin. Diese sandte sie wieder der Abteilung Werkswagenverkauf per Fax zu. Jede dieser Rechnungen ohne Mehrwertsteuer wurde zur gleichen Zeit in der zuständigen P.-Debitoren-Abteilung ausgedruckt, damit diese Abteilung darüber informiert war, dass es sich um einen umsatzsteuerfreien Verkauf handelte. Die Meldung an Intramarkt über diesen Verkauf erfolgte über die Steuerabteilung der Klägerin. Damit sollte sichergestellt werden, dass jeder Verkauf ohne Umsatzsteuerausweis der Steuerabteilung der Klägerin gemeldet wird. Ohne Abfrage und Rückbestätigung d...