Entscheidungsstichwort (Thema)

Deal. Geständnis. Kündigung, außerordentliche. Schadensersatz. Strafverfahren. Umsatzsteuer. Untreue. Verjährung. fristlose Kündigung wegen Untreue. Geständnis im Strafverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch eine erhebliche Vermögensgefährdung geeignet sein kann, einen objektiv wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben.

2. Ein im Rahmen eines Strafprozesses abgegebenes Geständnis hat im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht die Wirkungen der §§ 288 Abs. 1, 290 ZPO, sondern ist lediglich im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO als Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen zu berücksichtigen.

3. Gehaltsabrechnungen i.S.v. § 108 Abs. 1 GewO dienen der Transparenz, sie sind weder als abstrakte noch als formlos wirksame deklaratorische Schuldanerkenntnisse anzusehen.

4. Ein Schadenersatzanspruch setzt einen Kausalzusammenhang zwischen der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs und dem Dienstwagenentzug voraus.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1, § 823 Abs. 2; EGZPO § 14 Abs. 2 Nr. 1; StGB § 266; StPO § 257c Abs. 2; ZPO §§ 286, 288 Abs. 1, § 290

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 01.09.2010; Aktenzeichen 4 Ca 2515/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 1. September 2010, Az.: 4 Ca 2515/05, teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 5.762,34 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 1.612,90 seit dem 01.11.2005 und aus EUR 4.149,44 seit dem 01.12.2005 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte EUR 84.637,91 (netto) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.01.2006 zu zahlen.

Die zweitinstanzlich erweitere Widerklage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger 94 % und die Beklagte 6 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 84 % und die Beklagte 16 % zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 105.275,81 festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 07.10.2005 sowie über Zahlungsansprüche des Klägers bis zum 31.10.2005 und Schadensersatzansprüche der Beklagten.

Der Kläger (geb. am 13.09.1965, verheiratet, zwei unterhaltsberechtigte Kinder) war seit dem 15.09.2004 bei der Beklagten als kaufmännischer Leiter mit Prokura angestellt. Die Beklagte beschäftigt weit mehr als zehn Arbeitnehmer im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes; es besteht ein Betriebsrat.

Im schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 204-211 d.A.) haben die Parteien ein Jahresgehalt von EUR 56.017,00 brutto vereinbart, das sich wie folgt zusammensetzte: EUR 4.250,00 × 13, zuzüglich Urlaubsgeld von EUR 767,00. Besteht das Dienstverhältnis nicht während des gesamten Kalenderjahres, sollte das Jahresgehalt anteilig bezahlt werden. Das Grundgehalt sollte ab 01.04.2005 auf EUR 4.650,00 und ab 01.10.2005 auf EUR 5.000,00 erhöht werden. Zum Grundgehalt zahlte die Beklagte monatlich einen Zuschuss zu den Kontoführungskosten von EUR 1,53 sowie einen Zuschuss für eine Zusatzrente in Höhe von EUR 80,63. Im September 2005 zahlte sie dem Kläger ein Grundgehalt von EUR 5.400,00 brutto. Außerdem stellte sie dem Kläger ein Dienstfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Der Kläger selbst kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 31.08.2005. Die Beklagte erklärte sich am 20.09.2005 auf Wunsch des Klägers mit einer Abkürzung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Halbjahresende und einer Beendigung zum 31.10.2005 einverstanden.

Am 29.09.2005 stellte die Beklagte den Kläger mit sofortiger Wirkung von seiner Arbeitsleistung frei und nahm ihm den Dienstwagen ab. Mit Schreiben vom 05.10.2005 (Bl. 253-257 d.A.) hörte sie den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers an. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung am 06.10.2010 zu. Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 07.10.2005, das dem Kläger am 10.10.2005 zugegangen ist, das Arbeitsverhältnis fristlos.

Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 27.10.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Außerdem machte er erstinstanzlich die Zahlung des Gehaltes für den Monat Oktober 2005 in Höhe von EUR 5.482,16 brutto, die Zahlung eines anteiligen 13. Monatsgehalts für das Jahr 2005 in Höhe von EUR 4.500,00 brutto (= 10/12 von EUR 5.400,00), Schadensersatz für den Entzug des Dienstwagens von EUR 1.036,80, Ersatz doppelter Wohnkosten von EUR 1.950,00 für Mai bis Juli 2005 (3 × EUR 650,00) sowie Reisekosten in Höhe von EUR 2.000,00 für Juni bis September 2005 (4 × EUR 500...

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