Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung wegen Nichtbefolgung einer vom Arbeitsvertrag nicht gedeckten Weisung

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 30.01.1997; Aktenzeichen 5 Ca 6670/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.06.1998; Aktenzeichen 2 AZR 774/97)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 30. Januar 1997 – Az: 5 Ca 6670/96 – wird auf Kosten des Berufungsführers als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug noch um die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 07. Juni 1996 und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. September 1996.

Die am 24. September 1966 geborene Klägerin ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern. Sie war ab dem 03. Januar 1995 als teilzeitbeschäftigte Verkäuferin im Lebensmittelgeschäft des Beklagten tätig. Zugrunde lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag, wonach die Klägerin als Verkäuferin mit einer Regelarbeitszeit von 7.30 bis 13.00 Uhr eingestellt wurde. Die Vergütung belief sich nach dem Vertrag auf DM 14,00 pro Stunde. Die Tätigkeit der Klägerin bestand insbesondere im Warenein- und -verkauf, Überwachung und Entgegennahme von Warenanlieferungen und der Führung der Kasse. Sie arbeitete an fünf Tagen in der Woche.

Der Beklagte hat tatsächlich monatlich DM 1.540,00 abgerechnet. Die Klägerin ist am 08. Februar 1996 schriftlich abgemahnt worden, weil sie sich bei der Bitte, bis 18.30 Uhr zu arbeiten, im Ton vergriffen habe. Am 12. Februar 1996 ist sie abgemahnt worden, weil sie am 09. Februar 1996 das Aussortieren verdorbener Ware unterlassen habe. Mit Schreiben vom 18. April 1996 ist sie abgemahnt worden, weil am 17. April beim Obst und Gemüse verdorbene Ware festgestellt worden sei. Am 02., 06., 10. und 13. Mai 1996 standen zur Mittagspause gegen 12.00 Uhr jeweils die hinteren Türen des Ladengeschäfts offen. Am 29. und 30. Mai 1996 arbeitete die Klägerin zusätzlich von 15.00 bis 18.30 Uhr, wofür ihr insgesamt DM 50,00 netto bezahlt wurden. Am 05. Juni wurde die Klägerin gegen 09.30 Uhr durch die Ehefrau aufgefordert, verdorbene Ware zu entfernen, weil das Verfalldatum überschritten war, und die Reinigung der Regale vorzunehmen. Darauf antwortete die Klägerin, sie sei keine Putzfrau, sie werde nicht reinigen. Am 07. Juni wurde die Klägerin gegen 12.45 Uhr von dem Beklagten gebeten, die Regale am folgenden Nachmittag zu reinigen. Die Klägerin wiederholte, sie sei keine Putzfrau. Als die Klägerin die nochmalige Aufforderung, dies am Nachmittag zu tun, verweigerte, wurde ihr mit Schreiben vom 07. Juni 1996 fristlos gekündigt.

Die Klägerin hat die Kündigung mit der am 19. Juni 1996 zum Arbeitsgericht erhobenen Klage angegriffen und darüber hinaus im ersten Rechtszug Zahlungsansprüche geltend gemacht, die nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind.

Die Klägerin hat im Hinblick auf die noch im Streit befindliche Kündigung beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 07. Juni 1996 hinaus bis zum 30. September 1996 fortbestanden hat.

Der Beklagte hat um die Abweisung der Klage gebeten und die Kündigung insbesondere damit gerechtfertigt, die Klägerin habe sich beharrlich geweigert, die Regale am folgenden Nachmittag zu reinigen. Sie sei auch der nochmaligen Aufforderung nicht nachgekommen.

Das Arbeitsgericht hat durch das am 30. Januar 1997 verkündete Urteil entsprechend dem Klagantrag festgestellt, das Arbeitsverhältnis habe bis zum 30. September 1996 fortbestanden. Es hat dazu im wesentlichen ausgeführt, der zentrale Vorwurf gegen über der Klägerin, nämlich der Anweisung vom 03. Juni 1996, sie solle bis zum 07. Juli 1996 während der bedienungsfreien Arbeitszeit die Verkaufsräume und die Regalsysteme reinigen, keine Folge geleistet zu haben, wiege deshalb nicht so schwer, weil die von der Klägerin eingenommene Haltung keineswegs offensichtlich pflichtwidrig gewesen sei. Insgesamt sei die Kündigung objektiv überzogen. Soweit der Beklagte die Kündigung auf andere Sachverhalte stütze, lägen diese außerhalb der gesetzlichen Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB, insbesondere soweit der Klägerin ein Eierdiebstahl vorgeworfen werde, daß sie die Türen geöffnet gelassen habe, daß sie Zigaretten nicht zum Kaufpreis angeboten habe, daß sie Kleinbeträge eingenommen habe, ohne diese zu bonieren, und daß die Klägerin geschäftsschädigende Äußerungen abgegeben haben soll. Die außerordentliche Kündigung sei in eine ordentliche Kündigung umzudeuten, so daß das Arbeitsverhältnis zum 30. September 1996 geendet habe.

Gegen diese am 19. März 1997 zugestellte Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner am 21. April 1997 beim Landesarbeitsgericht eingereichten Berufung, die er innerhalb der durch Beschluß vom 12. Mai 1997 bis zum 23. Juni 1997 verlängerten Frist zur Berufungsbegründung ausgeführt hat.

Er meint, das Arbeitsgericht sei bei der Interesse...

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