Arbeitgeber bleibt an falsch berechnete Kündigungsfrist gebunden
Eine Arbeitnehmerin war seit dem 1. Oktober 2014 bei einer privaten Arbeitgeberin als Haushaltshilfe angestellt. Im Arbeitsvertrag wurde die Geltung der gesetzlichen Kündigungsfristen vereinbart. Nachdem angeblich zum wiederholten Male verschiedene Wertgegenstände aus dem Haushalt der Arbeitgeberin abhandengekommen sein sollten, verdächtigte diese die Beschäftigte des Diebstahls und kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14. Februar 2020 mit folgendem Wortlaut: "Hiermit kündige ich das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin, das ist der 30. April 2020."
Arbeitgeber berechnet Kündigungsfrist falsch
Dem lag eine falsche Fristberechnung zugrunde, der nächstmögliche Termin wäre rechtlich schon der 15. März 2020 gewesen. Das Arbeitsgericht erachtete die fristlose Kündigung für unwirksam, da es der Arbeitgeberin nicht gelungen sei, darzulegen und zu beweisen, dass die Arbeitnehmerin tatsächlich die behaupteten Diebstähle begangen habe.
Mangels Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sei das Arbeitsverhältnis jedoch aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung beendet worden, wobei das Arbeitsgericht das Kündigungsschreiben dahingehend auslegte, dass der Beendigungstermin trotz der sich aus § 622 BGB ergebenden Kündigungsfrist nicht der 15. März 2020, sondern erst der 30. April 2020 war.
Umdeutung auf den frühestmöglichen Zeitpunkt?
Das wollte die Arbeitgeberin nicht hinnehmen. Sie war der Ansicht, ihr nach außen kenntlich gemachter Wille, das Arbeitsverhältnis frühestmöglich zu beenden, fände im Urteil des Arbeitsgerichts keine Beachtung und bedeute eine ungerechtfertigte Schlechterstellung gegenüber Arbeitgebern, die nur fristlos kündigen und deren Kündigungsschreiben dann vor Gericht in eine ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin umgedeutet würde. Hätte sie einfach nur fristlos gekündigt, hätte das Arbeitsverhältnis bei Umdeutung in eine ordentliche Kündigung bereits zum 15. März geendet. Sie legte gegen das Urteil Berufung ein.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm wies die Berufung zurück. Das Arbeitsverhältnis wurde durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht bereits zum 15. März 2020, sondern erst zum 30. April 2020 aufgelöst.
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Explizit genannter Termin ist bei ordentlicher Kündigung maßgeblich
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) finden die gemäß § 622 Abs. 2 BGB verlängerten Kündigungsfristen in privaten Haushalten keine Anwendung, sodass die vier Wochen zum 15. März 2020 tatsächlich die nach dem Gesetz einzuhaltende Kündigungsfrist gewesen wäre. Etwas anderes ergibt sich jedoch daraus, dass die Arbeitgeberin in ihrem Kündigungsschreiben nicht nur hilfsweise die ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin aussprach, sondern explizit den 30. April 2020 als Kündigungstermin für diese Kündigung nannte. Die Auslegung des Kündigungsschreibens führt zu dem Ergebnis, dass damit die vorsorglich ausgesprochene ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis erst zu diesem genannten Datum beenden konnte.
Wenn eine ordentliche Kündigung ohne weiteren Zusatz zu einem bestimmten Datum erklärt worden ist, ist es nicht die Aufgabe des oder der Arbeitnehmenden, darüber zu rätseln, zu welchem anderen als in der Kündigungserklärung angegebenen Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könnte. Das durch die Rechtsprechung des BAG gefestigte Bestimmtheitsgebot steht daher einer Auslegung der Kündigungserklärung zu einem anderen Termin entgegen.
Hinweis: LAG Hamm, Urteil vom 16. Juni 2021, Az: 10 Sa 122/21
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