Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragliche Verknüpfung von Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung. Arbeitsvermittlung nach vorheriger Arbeitnehmerüberlassung. Unwirksamkeit einer Klausel, wonach eine Provision für Arbeitsvermittlung zu zahlen ist, wenn ein „verliehener” Arbeitnehmer vom Entleiher in ein Arbeitsverhältnis übernommen wird. § 9 Nr. 4 und Nr. 5 AÜG als Schutzgesetz für den Leiharbeitnehmer
Leitsatz (amtlich)
§ 9 Nr. 4 u. 5 AÜG ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB und enthält ein gesetzliches Verbot von Vereinbarungen, die dazu führen, daß ein Entleiher von einer möglichen Einstellung eines von ihm entliehenen Arbeitnehmers absieht. Dazu gehört auch eine Vereinbarung, wonach er bei einer solchen Einstellung an den Verleiher, der auch die Zulassung als Arbeitsvermittler hat, eine Vermittlungsprovision zu bezahlen hat. Die Verletzung dieses Schutzgesetzes führt nur dann zu einem Schadensersatzanspruch des Leiharbeitnehmers, wenn der Verleiher bei einer solchen Vertragsgestaltung schuldhaft handelt. Im Jahre 1997 durfte ein Arbeitskräfteverleiher und Arbeitsvermittler aufgrund der von der Bundesanstalt für Arbeit im Schreiben vom 21.10.1994 gegenüber dem Bundesverband für Zeitarbeit e.V. geäußerten Rechtsansicht davon ausgehen, daß in einer Verknüpfung von Arbeitskräfteverleih und -Vermittlung kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot liege. Er handelte deshalb nicht fahrlässig, wenn er eine solche Verknüpfung vornahm.
Normenkette
AÜG § 9 Nrn. 4-5; BGB §§ 134, 276 Abs. 1, § 823 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 13.01.1998, Az.: 3 Ca 317/97, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu leisten, weil sie, wie der Kläger meint, pflichtwidrig das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit einem Dritten verhindert hat.
Die Beklagte ist auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung und der Arbeitsvermittlung tätig. Für beide Sparten hat sie die erforderlichen Erlaubnisse (Erlaubnis des Landesarbeitsamts Baden-Württemberg vom 25.04.1993 zur Arbeitnehmerüberlassung und Erlaubnis zur Arbeitsvermittlung vom 21.08.1995 (Bl. 56 d. A.)).
Am 14.02.1997 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 8/9 d. A.), wonach der Kläger ab 17.02.1997 als „männlicher Helfer” mit einem Arbeitsentgelt von DM 10,– brutto je Stunde eingestellt wurde. Bei den Vertragsverhandlungen wurde am 13.02.1997 ein Bewerbungsbogen ausgefüllt und vom Kläger unterschrieben, auf dem in einem dafür vorgesehenen Kästchen neben der vorgedruckten Erklärung „Ich habe auch Interesse an einer Vermittlung” ein Kreuz angebracht ist.
Gemäß einem von der Beklagten mit der Firma … abgeschlossenen Arbeitnehmerüberlassungs- und Personalvermittlungsvertrag vom 21.02.1997 (Bl. 45/46 d. A.) war der Kläger ab dem 24.02.1997 als Kraftfahrer in deren Betrieb eingesetzt.
Die dem Vertrag zugrundeliegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind in die vier Abschnitte „Arbeitnehmerüberlassung”, „Personalvermittlung nach vorheriger Arbeitnehmerüberlassung”, „Personalvermittlung” und „Allgemeine Vereinbarungen” eingeteilt. Unter „Personalvermittlung nach vorheriger Arbeitnehmerüberlassung” heißt es: „Wenn der Entleiher innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Ablauf der Überlassungzeit mit dem Mitarbeiter von … ein Beschäftigungsverhältnis begründet, ist eine Vermittlungsprovision aufgrund des gleichzeitig mit dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag geschlossenen Personalvermittlungsvertrages an … zu zahlen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Abschluß des Arbeitsvertrages auf der Initiative des Entleihers oder derjenigen des Mitarbeiters beruht. Als Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis ist auch die Einstellung des Mitarbeiters in ein mit dem Entleiher rechtlich oder wirtschaftlich verbundenes Unternehmen zu verstehen. Die genaue Höhe der Provision wird bei der Erteilung des Auftrages in der Auftragsbestätigung festgelegt.” In dieser heißt es, daß die „Vermittlungsprovision” DM 2.880,– beträgt.
Der Kläger hat behauptet, die Firma … habe ihm Ende März 1997 angeboten, ihn ab dem 01.04.1997 als ständige Arbeitskraft mit einem Stundenlohn von DM 18,– brutto einzustellen. Davon habe sie jedoch Abstand genommen, weil sie nicht bereit gewesen sei, als Folge einer solchen Einstellung an die Beklagte gemäß Ziffer 2 des Arbeitnehmerüberlassungs-/Personalvermittlungsvertrages vom 21.02.1997 eine Provision in Höhe von DM 2.880,– zu zahlen. Deshalb sei ihm, nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis gekündigt habe und er, der Kläger, Arbeitslosengeld habe beziehen müssen, in der Zeit vom 16.05.1997 bis zum 31.08.1997 ein Schaden in Form entgangenen Verdienstes in Höhe von DM 7.466,52 entstanden.
Der Kläger hat die Meinung vertreten, die Beklagte...