Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer gewillkürten Parteierweiterung auf Beklagtenseite in der Berufungsinstanz. Zulässigkeit einer nachträglichen objektiven Klagerweiterung in der zweiten Instanz. Verhältnis allgemeiner Feststellungsantrag und Entfristungsantrag. Betriebsübergang und „dreiseitiger Vertrage”, Umgehung, Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Parteierweiterung auf der Beklagtenseite im Berufungsrechtszug ist nur dann zulässig, wenn der neue Beklagte zustimmt oder die Verweigerung der Zustimmung rechtsmissbräuchlich und damit entbehrlich ist.
2. Vereinbarungen, die zwischen dem Arbeitnehmer und dem alten oder neuen Betriebsinhaber geschlossen werden und auf ein endgültiges Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet sind, sind nicht wegen Umgehung des § 613a BGB unwirksam.
Normenkette
ZPO § 533; BGB §§ 613a, 123, 311; TzBfG § 17 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Reutlingen (Urteil vom 31.01.2008; Aktenzeichen 1 Ca 420/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 31.01.2008 – 1 Ca 420/07 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten aus Anlass eines Betriebsüberganges darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte zu 1 übergegangen oder zuvor im Wege eines dreiseitigen Vertrages mit den zweitinstanzlich in den Rechtsstreit einbezogenen Beklagten zu 2 und zu 3 beendet und danach allenfalls ein befristetes Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1 begründet worden ist. Außerdem beansprucht der Kläger erstmals zweitinstanzlich die Zustimmung der Beklagten zur Aufhebung des dreiseitigen Vertrages.
Der Kläger war seit dem 17.10.1994 bei der Firma S. GmbH & Co KG (fortan Schuldnerin) beschäftigt. Sie unterhielt nach den zweitinstanzlichen Feststellungen einen Produktionsbetrieb und beschäftigte 281 Arbeitnehmer. Über ihr Vermögen wurde am 01.04.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt S. zum Insolvenzverwalter bestellt. Zum Zwecke einer sanierenden Übertragung des Betriebes der Schuldnerin schloss er unter dem 01.06.2007 einen Kaufvertrag mit der Beklagten zu 1 ab, in dem er sich verpflichtete, der Beklagten sämtliche Kundenbeziehungen der Schuldnerin zu übertragen, deren Produktionsstätte mit dem Maschinenpark zu verpachten und Rechte aus Leasingverträgen für Maschinen abzutreten.
Die Mitarbeiter der Schuldnerin wurden in zwei Betriebsversammlungen am 25.06.2007 und 29.06.2007 darüber informiert, dass sie einen dreiseitigen Vertrag unterschreiben sollten, mit dem ihr Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin aufgehoben und ein für die Dauer von sechs Monaten befristetes Arbeitsverhältnis zur Beschäftigungsgesellschaft m. GmbH begründet werden sollte. Es wurde auch in Aussicht gestellt, dass die Beklagte zu 1 nach dem Betriebsübergang diejenigen Mitarbeiter benennt, mit denen sie neue, teils unbefristete, teils befristete Arbeitsverträge abschließt. Die Mitarbeiter wurden darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu 1 den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin dann nicht übernehmen werde, wenn nicht 99 % der Mitarbeiter die dreiseitigen Verträge bis zum 30.06.2007 unterschreiben würden.
Vor Durchführung der auf den 29.06.2007, 10.00 Uhr anberaumten Betriebsversammlung verwiesen sowohl der Vertreter des Insolvenzverwalters als auch der Geschäftsführer der Beklagten zu 1 in einem um 09.00 Uhr begonnenen Gespräch den Prozessbevollmächtigten des Klägers auf die vorgenannte Quote als unabdingbare Voraussetzung für einen Betriebsübergang. Dem Hinweis des Prozessbevollmächtigten des Klägers, gegenüber der Belegschaft werde eine recht hohe Quote kommuniziert, im Innenverhältnis bestehe doch erfahrungsgemäß ein erheblicher Spielraum, widersprachen sowohl der Vertreter des Insolvenzverwalters als auch der Geschäftsführer der Beklagten zu 1 unter Verweis auf die vertraglich festgelegte Quote. Dem Verlangen des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf entsprechende Einsicht in den Vertrag vom 01.06.2007 kamen die Parteien des Kaufvertrages nach. Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers angesprochene Möglichkeit einer nachträglichen Änderung der Quotenregelung wiesen die Kaufvertragsparteien zurück. In der nach 10.00 Uhr eröffneten Betriebsversammlung am 29.06.2007 bekräftigten die Kaufvertragsparteien nochmals das Erfordernis des Übertritts von mindestens 99 % der Mitarbeiter in die Transfergesellschaft als Voraussetzung für den Betriebsübergang. Andernfalls müssten der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin geschlossen und sämtliche Arbeitnehmer entlassen werden. Die Dotierung eines Sozialplanes sei dabei fraglich.
Der Kläger hatte sowohl den dreiseitigen Vertrag als auch den befristeten sowie den unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Beklagten zu 1 am 26.06.2007 bereits anlässlich der am 25.06.2007 durchgeführten Betriebsversammlung unterschrieben. Das Angebot des Klägers auf Abschluss des dreiseitigen Vertrages nahmen der ...