Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. Unternehmerentscheidung. Umgestaltung einer Einzelhandels-Verkaufsfiliale
Leitsatz (redaktionell)
Es ist nicht entscheidungserheblich, ob für die Übertragung einer neuen Tätigkeit betriebliche Gründe bestehen, wenn es bereits an dem rechtfertigenden Grund für die mit der Änderungskündigung ebenfalls angestrebten Gehaltsänderung fehlt. Die Vergütungsänderung für sich genommen muss gerechtfertigt sein, es sei denn, die Höhe der Vergütung ergibt sich ohne weiteres aus einem Vergütungssystem.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2, § 2
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Urteil vom 27.10.2003; Aktenzeichen 10 Ca 278/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim – Kammern Heidelberg – vom 27.10.2003 – Az.: 10 Ca 278/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer mit Schreiben vom 19.04.2003 gegenüber dem Kläger ausgesprochenen ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung zum 30.11.2003.
Die Beklagte betreibt als Einzelhandelsunternehmen mit ca. 90 Verkaufsfilialen bundesweit Handel mit Unterhaltungselektronik, Computern, weißer Ware sowie Artikeln der Tele- und Bürokommunikation und dergleichen.
Der 1950 geborene verheiratete Kläger ist seit 1973 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in der F. D. H.-C. in H. als Verkäufer in der Rundfunk- und Fernseabteilung beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund des Arbeitsvertrages vom 28.11.1972 (vgl. ABl. 10-12 der Vorakte) die Tarifverträge für den Einzelhandel in B.-W. Anwendung, soweit in dem Dienstvertrag nichts anderes bestimmt ist. Der Kläger bezog zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt in Höhe von EUR 2.200,00 wobei die Vergütung nach Beschäftigungsgruppe II/6 des einschlägigen Tarifvertrages zuzüglich übertariflicher Zuschläge erfolgte.
Mit Schreiben vom 19.04.2003, dem der Entwurf für einen geänderten Arbeitsvertrag beigefügt war, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 30.11.2003. Das dem Kläger unterbreitete Änderungsangebot sieht dessen Beschäftigung als Verkäufer mit Kassentätigkeit bei einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von EUR 1.650,00 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei Wegfall der bisherigen Tarifbindung vor.
Anlass für diese Änderungskündigung ist die von der Beklagten beabsichtigte Umgestaltung ihrer bisher als Facheinzelhandel geführten Verkaufsfilialen in reine Abverkaufsstellen mit deutlich reduziertem Warensortiment und eingeschränkter Beratung. Besetzt werden sollen die Filialen nur noch mit einem Marktleiter und einer (stark) reduzierten Anzahl von Mitarbeitern, die sämtliche Funktionen im Bereich Kasse, Warenpflege, Lagertätigkeit unterschiedslos wahrzunehmen haben. Um dieses Konzept umsetzen zu können hat die Beklagte jeweils mit den zuständigen Betriebsräten, hier mit dem für die F. D. H. zuständigen einen Interessenausgleich abgeschlossen (vgl. Vereinbarung vom 13.02.2003 ABl. 17 ff. der Vorakte).
Vor Ausspruch der Kündigung wurde der Betriebsrat mit Schreiben vom 09.04.2003 (ABl. 38 ff.) unterrichtet. Ob dem Anhörungsschreiben der geänderte Arbeitsvertrag beilag, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist, dass dem Betriebsrat nicht der bis dahin geltende Anstellungsvertrag vom 28.11.1972 vorlag.
Der Kläger hat das ihm gemachte Änderungsangebot nicht angenommen.
Er hat die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend gemacht und bestreitet eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates. Unter anderem hat er die Auffassung vertreten, die Entscheidung der Beklagten, ihre Filiale in einen Abverkaufsmarkt umzugestalten, sei willkürlich. Im Übrigen sei die tatsächliche Umsetzung dieser Entscheidung zu bestreiten. Darüber hinaus sei die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen unzumutbar.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 19.04.2003 nicht aufgelöst worden sei. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, dass eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung nicht dargelegt sei. Darüber hinaus sei die Kündigung nicht durch zwingende betriebliche Gründe bedingt. Das von der Beklagten unterbreitete Änderungsangebot sei vom Kläger billigerweise nicht hinnehmbar und im außerdem auch nicht bestimmt genug.
Zur näheren Sachdarstellung wird auf Tatbestand und Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 27.10.2003 verwiesen.
Die Beklagte macht mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung weiterhin die Rechtswirksamkeit der Änderungskündigung geltend. Zur Anhörung des Betriebsrates trägt die Beklagte weiter vor und meint dieser sei ausreichend unterrichtet worden. Zur Betriebsbedingtheit der Kündigung führt sie aus, der Umbau der F. D. H. sei zum 09.05.2003 vorgesehen gewesen. Mit Rücksicht auf die laufenden Kündigungsfri...