Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 24.07.1990; Aktenzeichen 13 Ca 215/90 A) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil desArbeitsgerichts Stuttgart –Kammern Aalen– vom24.07.1990 Az. 13 Ca 215/90 A abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 107,80 brutto nebst 4% Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit 10.04.1990 zu bezahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der teilzeitbeschäftigten Klägerin eine volle monatliche tarifliche Sozialzulage zusteht.
Die verheiratete Klägerin, Mutter vierer Kindes unter 16 Jahren, arbeitet seit 26.11.1985 bei der Beklagten als Angestellte mit einer Arbeitszeit von 107 Stunden im Monat.
Die Beklagte betreibt in Baden-Württemberg mehrere sogenannte SB-Warenhäuser, darunter auch ein Warenhaus in …
Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV). Die Beklagte gehört keinem Arbeitgeberverband an.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden unter anderem der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 29.06.1989, gültig ab 01.01.1989 (MTV) sowie der Tarifvertrag über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 29.06.1989, gültig ab 01.04.1989 Anwendung. Beide Tarifverträge sind für allgemeinverbindlich erklärt. Der Beginn der Allgemeinverbindlichkeit für den MTV ist der 01.01.1989, die Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen ist mit Wirkung vom 26.08.1989 ausgesprochen.
Auf schriftliche Aufforderung vom 30.11.1989 (Bl. 10 d.A.) zahlt die Beklagte der Klägerin mit Wirkung vom 01.06.1989 eine anteilmäßige Sozialzulage in Höhe von DM 19,22 brutto monatlich (107/167 des vollen Betrages).
Die Differenz zwischen der anteilmäßig bezahlten und der vollen Sozialzulage in Höhe von DM 30,00 macht die Klägerin für den Zeitraum vom 01.06.1989 bis einschließlich März 1990 mit der am 06.04.1990 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingegangenen und der Beklagten am 10.04.1990 zugestellten Klage geltend (die Postzustellungsurkunde befindet sich auf Blatt 14 der Akten).
Die Klägerin hat vorgetragen,
daß ihr die volle Sozialzulage in Höhe von DM 30,00 monatlich zustehe. In dem Tarifvertrag über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen vom 29.06.1989, gültig ab 01.01.1989, sei eine Kürzung der Sozialzulage nicht vorgesehen. Zwar sei in § 5 des MTV geregelt, daß Teilzeitbeschäftigten sämtliche Ansprüche aus dem Tarifvertrag nach Maßgabe des tatsächlichen Umfanges ihrer Beschäftigung zustünden; § 5 beziehe sich jedoch von seinem Wortlaut nur auf den MTV und nicht auch auf den Tarifvertrag über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 107,80 brutto nebst 4 % Zinsen p.a. aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Klagezustellung zu bezahlen.
Die Beklagte hat
Klagabweisung
beantragt.
Sie hat vorgetragen,
nach selbst von der Gewerkschaft HBV in Flugblättern (siehe Bl. 24 und 25 d.A.) vorgenommenen zutreffender Auslegung des Tarifvertrages ergebe sich aus § 5 MTV, daß Teilzeitkräften alle tariflichen Leistungen nur anteilig zustünden. § 5 MTV gelte auch für den Entgelttarifvertrag. Denn § 10 Ziff 1 des MTV bestimme ausdrücklich, daß der Entgelttarifvertrag eine Ergänzung des MTV sei.
Mit den Worten „aus diesem Tarifvertrag” in § 5 des MTV sei deshalb auch der Entgelttarifvertrag gemeint. Außerdem seien in der tariflichen Praxis der Vergangenheit den Teilzeitbeschäftigten seit Jahren Sozialzulagen nur anteilig bezahlt worden. Davon seien die Tarifvertragsparteien bei der Vereinbarung des Tarifvertrages 1989 ausgegangen.
Mit Urteil vom 24.07.1990 (Bl. 62–68 d.A.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, den Gegenstandswert auf DM 107,80 festgesetzt und die Berufung zugelassen.
Dabei hat es im wesentlichen ausgeführt:
Nach § 5 des MTV stünden stundenweise Beschäftigten sämtliche Ansprüche aus „diesem Tarifvertrag” nach Maßgabe des tatsächlichen Umfanges ihrer Beschäftigung zu. Zwar gelte die Bestimmung des § 5 des MTV dem Wortlaut nach zunächst nur Ansprüche aus dem MTV. Da § 10 Nr. 1 des MTV aber ausdrücklich die Regelung enthalte, daß die Höhe der Entgelte in einem besonderen Tarifvertrag geregelt wird, „der eine Ergänzung dieses Tarifvertrages ist”, werde der Entgelttarifvertrag zu einem Bestandteil des MTV. Auch aus Sinn und Zweck der manteltarifvertraglichen Regelungen ergebe sich, daß den Teilzeitbeschäftigten im Einzelhandel in Baden-Württemberg alle tarifvertraglichen Leistungen nur entsprechend des tatsächlichen Umfangs ihrer vertraglich geschuldeten Arbeitsleistungen zustünden. Die Berufung sei nach § 64 Abs. 3 Nr. 2 b ArbGG zuzulassen.
Wegen der weiteren Ei...