Verfahrensgang

ArbG Pforzheim (Urteil vom 19.12.2000; Aktenzeichen 1 Ca 487/00)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 19.12.2000 (Az.: 1 Ca 487/00) wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 19.12.2000 abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO abgesehen, da das Urteil des Berufungsgerichts der Revision nicht unterfällt.

 

Entscheidungsgründe

A. Berufung der Klägerin

I.

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist fristgerecht eingelegt und ausgeführt worden. Im Übrigen sind Bedenken an der Zulässigkeit der Berufung nicht veranlasst.

II.

In der Sache hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Schadenersatzanspruch aus übergegangenem Recht zu.

1. Der Versicherer kann Schadenersatzansprüche (hier aus positiver Forderungsverletzung in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB) des Versicherungsnehmers, die nach § 67 VVG auf den Versicherungsnehmer übergegangen sind, gegen den Fahrer nur geltend machen, wenn der Versicherungsfall von ihm vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden ist (§ 15 Nr. 2 AKB). Da im vorliegenden Fall Vorsatz des Beklagten ausscheidet, kommt es auf die Frage an, ob dem Beklagten beim Unfall am 20.09.1999 grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann.

Die Rechtsprechung bestimmt den Begriff der groben Fahrlässigkeit für alle Rechtsgebiete, und damit auch für § 15 Nr. 2 AKB, grundsätzlich einheitlich (BGH 15.12.1966, VersR 67, 127; Münchener Kommentar-Hanau, Bürgerliches Gesetzbuch, 3. Aufl., § 277 Rz. 3). Danach ist grobe Fahrlässigkeit regelmäßig dann gegeben, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, wenn schon einfachste oder naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedem einleuchten müssen (ständige Rechtsprechung des BGH, z.B. BGH 11.05.1953, BGHZ 10, 14; BHG 12.10.1988, VersR 89, 141). Es sind strenge Anforderungen zu stellen. Das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit muss zunächst in objektiver Hinsicht erheblich überschritten sein. Außerdem muss die subjektive Vorwerfbarkeit hinzutreten. Danach erfordert grobe Fahrlässigkeit auch subjektiv eine schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung, die das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich übersteigt (Staudinger-Löwisch, BGB, 13. Aufl., § 276 Rz. 82 ff.; Münchener Kommentar-Hanau, a.a.O., § 277 Rz. 2 ff.; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 61 VVG Rz. 13 ff. m.w.N.). Eine Legaldefinition der groben Fahrlässigkeit bringt nunmehr § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X: Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird.

Der Versicherer trägt in vollem Umfang die Darlegungs- und Beweislast für Pflichtwidrigkeit, qualifiziertes Verschulden und Kausalität. Dies gilt insbesondere für die subjektive Seite der groben Fahrlässigkeit, für die ein Anscheinsbeweis wegen der Personalkomponente nicht zugelassen ist (ständige Rechtsprechung des BGH, z.B. BHG 10.07.1973, VersR 73, 1120; Stiefel/Hofmann, a.a.O., § 61 VVG Rzn. 15, 21).

Zu Unfällen, die auf alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit zurückzuführen sind, gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung (Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl., § 12 AKB Rz. 90 ff.; Stiefel/Hofmann, a.a.O. § 61 VVG Rz. 35 ff.). Danach handelt grundsätzlich grob fahrlässig, wer sich in absolut fahruntüchtigem Zustand an das Steuer eines Kraftfahrzeugs setzt. Die in der neueren Rechtsprechung der Strafgerichte für alle Kraftfahrzeuge angewendete Grenze von 1,1 %o Blutalkoholkonzentration ist auch für die Kaskoversicherung zu übernehmen. Bei einem Blutalkoholgehalt von weniger als 1,1 %o beginnt der Bereich der relativen Fahruntüchtigkeit. Die untere Grenze liegt bei etwa 0,3 %o. Die relative Fahruntüchtigkeit steht nicht allein auf Grund des Blutalkoholgehalts, sondern erst dann fest, wenn weitere Umstände hinzukommen, die auf eine solche schließen lassen. Umstände, die die relative Fahruntüchtigkeit begründen, können dem Verhalten des Fahrers, den Feststellungen des Blutentnahmeprotokolls oder groben Fahrfehlern entnommen werden. Für den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit muss neben der relativen Fahruntüchtigkeit ein gesteigerter subjektiver Vorwurf hinzukommen. Dieser gesteigerte subjektive Vorwurf kann aus der Art und der Menge des Alkoholkonsums, aus der Missachtung der Anzeichen für die Alkoholbeeinträchtigung oder aus mangelnder Selbstprüfung geschlossen werden. Eine Vermutung für grobe Fahrlässigkeit besteht nicht. Je höher der Blutalkoholgehalt und je näher an 1,1 %o, desto schwerwiegender ist das subjektive Fehlverhalten (Prölss/Martin, a.a.O. Rzn. 92-94; Stiefel/Hofmann, a.a.O., Rz. 35 m.w.N.).

2. Wenn man die v...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge