Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilurlaub. Auslegung des Begriffs „Tätigkeitsmonate” im Sinne des § 15.3 Satz 1 des Manteltarifvertrages für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 13.01.1994 in der Fassung vom 22.03.2006

 

Leitsatz (redaktionell)

Aus § 15.3 S. 1 Manteltarifvertrag für die Angestellten und gewerblichen ArbeitnehmerIinnen des Einzelhandels in Baden-Württemberg v. 13.01.1994 i.d.F.v. 22.03.2006 ergibt sich, dass ein Teilurlaubsanspruch von einem Zwölftel des Jahresurlaubs nur besteht, wenn ein voller Tätigkeitsmonat erfüllt wird. Das heißt, die Monatsfrist muss verstrichen sein, um als eingehalten und erfüllt zu gelten. Die Berechnung der Monatsfrist ergibt sich dabei aus §§ 186 ff. BGB.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 13.01.1994 i.d.F.v. 22.03.2006 § 15.3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 08.02.2008; Aktenzeichen 10 Ca 838/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.10.2009; Aktenzeichen 9 AZR 763/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – vom 08.02.2008 – 10 Ca 838/07 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über restliche Urlaubsabgeltung.

Der Beklagte betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Die am 25.03.1969 geborene Klägerin war bei ihm vom 02.11.2006 bis 28.02.2007 als Aushilfe beschäftigt. Ihre Wochenarbeitszeit betrug 30 Stunden, ihr Stundenlohn 13,02 EUR brutto.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 13.01.1994 in der Fassung vom 22.03.2006 (künftig: „MTV”) Anwendung. Dieser lautet, soweit hier interessierend, wie folgt:

㤠15

Allgemeine Urlaubsregelungen

1. Arbeitnehmer/innen und Auszubildende haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

3. Im Laufe des Kalenderjahres eintretende oder ausscheidende Arbeitnehmer/innen haben in diesem Kalenderjahr auf soviel Zwölftel des Jahresurlaubs Anspruch, als sie Tätigkeitsmonate im Betrieb beschäftigt waren. Scheiden sie nach erfüllter Wartezeit in der 2. Hälfte des Kalenderjahres aus, so erhalten sie – ungeachtet der Zwölftelung – mindestens den gesetzlichen Urlaubsanspruch von 24 Werktagen.

§ 16

Urlaubsdauer

1. Der Urlaub beträgt:

nach dem vollendeten 30. Lebensjahr 36 Werktage.

5. Wenn Krankheitszeiten, Badekuren oder Heilverfahren, die zur Beseitigung bestehender Arbeitsunfähigkeit ärztlicherseits als notwendig erachtet werden, länger als 4 Monate dauern, kann vom Jahresurlaub für jeden weiteren vollen Monat ein Zwölftel in Abzug gebracht werden. Die so errechnete Urlaubsdauer ist auf volle Tage aufzurunden.

§ 19

Tarifliche Sonderzahlungen

B. Tarifliche Sonderzuwendung

4. Ab dem 2. Jahr der ununterbrochenen Betriebs-/Unternehmens-/Konzernzugehörigkeit hat der/die ausscheidende Arbeitnehmer/in Anspruch auf soviel Zwölftel der tariflichen Sonderzuwendung, wie er/sie im laufenden Kalenderjahr volle Monate im Betrieb/Unternehmen/Konzern tätig war.”

Der Beklagte hat der Klägerin im Februar 2007 9 Urlaubstage gewährt. Mit ihrer am 04.05.2007 bei Gericht eingegangenen Klage nimmt sie den Beklagten auf weitere 3 Urlaubstage in rechnerisch unstreitiger Höhe von 234,36 EUR brutto in Anspruch.

Sie hat die Ansicht vertreten, ihr stehe ein weiteres Zwölftel des Jahresurlaubs zu. Da § 15.3 Satz 1 MTV im Gegensatz zu § 5 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sowie § 16.5 und 19 B. 4 MTV nicht von „vollen” Monaten, sondern von „Tätigkeitsmonaten” spreche und sie im November 2006 an allen in Frage kommenden Arbeitstagen gearbeitet habe, stünde ihr für diesen Monat noch Urlaubsabgeltung zu.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 234,36 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.03.2007 zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Tatbestandsmerkmal des „Tätigkeitsmonats” sei erst mit Vollendung des Monatszeitraums erfüllt. Da die Klägerin nur 3 volle Tätigkeitsmonate für ihn erbracht habe, sei ihr Teilurlaubsanspruch von 3/12 des Jahresurlaubs erfüllt.

Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschriften über den Güte- und den Kammertermin Bezug genommen.

Mit dem der Klägerin am 20.02.2008 zugestellten Urteil vom 08.02.2008, auf das zur näheren Sachdarstellung ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. § 15.3 Satz 1 MTV gewähre einen Teilurlaubsanspruch von 1/12 des Jahresurlaubs nur für volle Monate des bestanden habenden Arbeitsverhältnisses. Die nicht wö...

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