Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 16.12.1992; Aktenzeichen 4 Ca 341/92) |
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 16.12.1992 – AZ: 4 Ca 341/92 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt seine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV a BAT ab dem 01.01.1991.
Der 37 Jahre alte Kläger ist Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung und ist seit dem 13.06.1988 als Sozialarbeiter im P. L. des beklagten L. beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für Angestellte des L. geltenden Fassung Anwendung.
Der Kläger ist in der forensischen Abteilung des P. tätig. Diese Abteilung betreut Rechtsbrecher, die auf gerichtliche Anordnung untergebracht sind. Der Kläger ist für Patienten zuständig, die in einer weiterführenden, halboffenen Behandlungsstation nach §§ 63, 64 StGB untergebracht sind. Für diese Patienten ist er auch nach deren Verlegung in eine Wohngruppe zuständig.
Nachdem das Urteil des Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterliegt, wird von der Darstellung des Sachverhalts gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. Auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (ABl. 88–93) wird Bezug genommen. Auf die Stellenbeschreibung des Klägers vom 07.01.1991 (ABl. 29–36) sowie auf die Stellungnahme des Herrn Dr. med. M. (ABl. 37–39) wird verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.12.1992 antragsgemäß festgestellt, daß das beklagte L. verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.01.1991 nach der Vergütungsgruppe IV a BAT zu vergüten. Das Arbeitsgericht ging davon aus, daß sich die Arbeit des Klägers aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung im Sinne der Fallgruppe 15 der Vergütungsgruppe IV a BAT heraushebt. Diese Steigerung der schwierigen Tätigkeit im Sinne der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 hat das Arbeitsgericht darin gesehen, daß der Kläger gemeingefährliche Geisteskranke, die eine rechtswidrige Tat begangen haben, betreut.
Gegen das dem beklagten L. am 03.02.1994 zugestellte Urteil hat dieses am 22.02.1994 Berufung eingelegt, die am 21.03.1994 begründet wurde.
Das beklagte L. ist der Auffassung, daß die Arbeit des Klägers keine Steigerung hinsichtlich der Schwierigkeit und Bedeutung gegenüber der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16, in der er bislang eingruppiert sei, darstelle. Das beklagte L. weist darauf hin, daß die Arbeit des Klägers sich auf reine Tätigkeit eines Sozialarbeiters beschränke. Soweit das Arbeitsgericht entscheidend das Gewicht darauf gelegt habe, daß der Kläger mit gemeingefährlichen Personen verkehre, habe es übersehen, daß der Kläger weder mit der Behandlung noch mit der Bewachung dieser Personen betreut ist. Er habe – abgeschirmt durch ein ganzes Team, das sich um die gesundheitliche und psychische Verfassung der Patienten zu kümmern habe – die typischen und normalen Leistungen eines Sozialarbeiters zu erbingen. Die Arbeit in einem Team sei insoweit nicht schwieriger.
Das beklagte L./Ber.Kläg. beantragt:
Auf die Berufung des beklagten L. wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 16.12.1992 – AZ: 4 Ca 341/92 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Berufungsbeklagte/Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sein Vortrag ergibt sich aus der Berufungserwiderung vom 19.05.1994 (ABl. 120–133). Auf den Inhalt der Berufungsbegründung wird ebenfalls Bezug genommen (ABl. 110–114).
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch, mit Wirkung ab dem 01.01.1991 nach der Vergütungsgruppe IV a BAT vergütet zu werden.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Verbandszugehörigkeit der BAT Anwendung. Damit kommt es darauf an, ob bei der Tätigkeit des Klägers zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der von dem Kläger beanspruchten Vergütungsgruppe IV a BAT erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabsatz 2 BAT). Dabei ist von dem in ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Begriffs des Arbeitsvorgangs auszugehen. Darunter ist eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeit und bei Berücksichtigung einer sinnvollen vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (BAG, Urt. v. 29.01.1986 – AZ: 4 AZR 465/84 und v. 19.03.1986 – AZ: 4 AZR 642/84 in AP Nr. 115 u. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Bei der Tätigkeit des Klägers handelt es sich um einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Die Arbeit des Klägers besteht in der begleitenden Fürsorge für die im P. L. untergebrachten Personen. Vergleichbar ist die begleitende Fürsorge für...