Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahren im Falle eines erst zweitinstanzlich gestellten Antrags auf nachträgliche Klagzulassung. nachträgliche Klagezulassung. Versäumung der Klagefrist

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird ein Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage erstmals im Berufungsrechtszug gestellt, so hat das Berufungsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts aufzuheben und den Rechtsstreit insgesamt an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.

 

Normenkette

KSchG §§ 5, 4 S. 1; ArbGG § 68

 

Verfahrensgang

ArbG Heilbronn (Urteil vom 28.01.2005; Aktenzeichen 8 Ca 352/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 28.01.2005 – 8 Ca 352/04 – aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht Heilbronn zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen aufgrund der ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 25.10.2004 mit Ablauf des 30.06.2005 geendet hat.

Wegen des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Die Parteien haben erstinstanzlich darüber gestritten, ob die Kündigung vom 25.10.2004 gemäß § 7 KSchG als rechtswirksam gilt, weil sie dem Kläger nicht erst am 29.10.2004 (so der Kläger), sondern bereits am 25.10.2004 durch Einwurf per Bote (so die Beklagte) zugegangen ist. Die Kündigungsschutzklage ging am 18.11.2004 beim Arbeitsgericht ein.

Der Kläger hat beantragt,

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 25.10.2004 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 28.01.2005 wies das Arbeitsgericht die Klage nach Beweisaufnahme ab. Zur Begründung führte es aus, die Kündigung vom 25.10.2004 gelte als rechtswirksam, weil der Kläger die Kündigungsschutzklage nicht rechtzeitig innerhalb von drei Wochen erhoben habe. Die Kündigung sei dem Kläger am 25.10.2004 durch Einwurf in den Briefkasten gegen ca. 8.30 Uhr zugegangen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass das Kündigungsschreiben durch die Personalsachbearbeiterin W. und den Personalleiter K. persönlich in den Briefkasten des Klägers eingeworfen worden sei. Infolgedessen sei es unerheblich, dass der Kläger den Briefkasten erst am 29.10.2004 geöffnet und die Kündigung zur Kenntnis genommen habe. Aufgrund des Zugangs der Kündigung am 25.10.2004 habe der Kläger spätestens am 15.11.2004 Kündigungsschutzklage erheben müssen.

Gegen das ihm am 10.02.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.03.2005 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Er trägt vor, nach dem Urteil des Arbeitsgerichts müsse von einem Zugang der Kündigung am 25.10.2004 ausgegangen werden. Er sei trotz aller ihm zuzumutenden Sorgfalt verhindert gewesen, die Klage innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben. Daher sei die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen. Er selbst habe die Kündigung erst am Nachmittag des 29.10.2004 durch Entnahme aus dem Briefkasten zur Kenntnis genommen. Da er berufstätig sei, sei vereinbart, dass seine Ehefrau den Briefkasten täglich leere. Möglicherweise habe sie dies vom 25. bis 28.10.2004 versäumt. Nach Übersetzung der Kündigung habe er Kontakt zu Rechtsanwalt H. aufgenommen und mit diesem am 09.11.2004 einen Besprechungstermin vereinbart. Aus seiner persönlichen Wahrnehmung habe er den Zugang der Kündigung auf den 29.10.2004 datiert. Entsprechend habe Herr Rechtsanwalt H. die Klagefrist notiert. Mit der Beauftragung seines Prozessbevollmächtigten habe er alles ihm objektiv Zumutbare an Sorgfalt aufgebracht. Die fristgerechte Klageerhebung sei letztendlich daran gescheitert, dass Herr Rechtsanwalt H. die Drei-Wochen-Frist voll ausgeschöpft habe. Ein ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden könne hierin jedoch nicht erblickt werden.

Der Kläger beantragt:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 28.01.2005, Aktenzeichen: 8 Ca 352/04, wird abgeändert.

    Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 25.10.2004 nicht aufgelöst worden ist.

  2. Die Kündigungsschutzklage vom 16.11.2004, eingegangen am 18.11.2004, wird nachträglich zugelassen.

Auf Hinweis des Landesarbeitsgerichts beantragt der Kläger weiterhin:

das Berufungsverfahren über die Kündigungsschutzklage auszusetzen und zunächst die Entscheidung des Arbeitsgerichts Heilbronn über den Zulassungsantrag einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und den Zulassungsantrag als unzulässig zu verwerfen.

Sie trägt vor, der Kläger habe mit der Berufungsbegründung keine Umstände dargelegt, aus denen sich eine Rechtsverletzung des erstinstanzlichen Urteils ergebe. Er habe mit der Berufungsschrift erstmalig den Antrag auf nachträgliche Klagzulassung gestellt, s...

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