Entscheidungsstichwort (Thema)
betriebsbedingte Kündigung eines im Privatdienst stehenden Leiters eines Forstrevieres/Sozialauswahl/Revierleiter als Leitender Angestellter im Sinne von § 14 Absatz 2 KSchG/Auflösung des Anstellungsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers
Leitsatz (amtlich)
1. Vereinigt ein Arbeitgeber, der seinen Waldbesitz in mehrere Forstreviere eingeteilt hat, zwei dieser Forstreviere, kann er einen Revierleiter aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG kündigen.
2. Der im Privatdienst stehende Leiter eines Forstrevieres, dem vier bis fünf ständig beschäftigte Waldarbeiter sowie aushilfsweise beschäftigte Saisonkräfte unterstehen, der außerdem befugt ist, solche Arbeitskräfte einzustellen und zu entlassen und der auch die Verantwortung für die Einhaltung des für ein Forstrevier erstellten Jahresetats hat, ist nicht leitender Angestellter im Sinne von § 14 Absatz 2 Satz 1 KSchG.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1, Abs. 3, § 14 Abs. 2, § 9 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Ulm (Urteil vom 12.10.1993; Aktenzeichen 5 Ca 25/93) |
Tenor
1 Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 12.10.1993 – 5 Ca 25/93 – abgeändert.
2. Der Antrag des Beklagten, das Arbeitsverhältnis zum 30.06.1993 aufzulösen, wird zurückgewiesen.
3. Die Anschlußberufung des Beklagten wird als unbegründet zurückgewiesen.
4. Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Parteien besteht im Berufungsverfahren Streit darüber, ob das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis des Klägers/Berufungsklägers auf den Antrag des Beklagten/Berufungsbeklagten/Anschlußberufungsklägers hin zu Recht aufgelöst hat sowie – im Hinblick auf die unselbständige Anschlußberufung des Beklagten – darüber, ob die seitens des Beklagten erklärte streitgegenständliche Kündigung mangels ausreichender Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt ist und ob der Kläger im Fall einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht neben dem vom Beklagten vertraglich geschuldeten Übergangsgeld aufgrund des Kündigungsschutzgesetzes eine Abfindung zu beanspruchen hat.
Der Beklagte betreibt Weinbau sowie Land- und Forstwirtschaft. Für seine unternehmerische Tätigkeit unterhält er unter der Bezeichnung … eine Verwaltung, die auch seine … abwickelt und der auch die Einstellung von Arbeitnehmern obliegt. Die … steht unter der Leitung einer dreiköpfigen Direktion, innerhalb der Herr … unter anderem für Personalangelegenheiten zuständig ist. Als nachgeordnete Leitungsebene besteht in … ein … forstamt, das der Zeuge als Forstdirektor im privaten Dienst leitet. Früher bestand in … ein zweites Forstamt. Dieses wurde im Herbst 1986 aufgelöst und mit demjenigen in … zusammengelegt. Als … beschäftigt der Beklagte ca. 160 Mitarbeiter, davon etwa 50 außerhalb Deutschlands. Im Betriebsbereich Forstwirtschaft bewirtschaftet der Beklagte im Inland etwa 5500 ha Waldfläche, die in der Vergangenheit in sieben Forstreviere aufgeteilt war, nämlich die Reviere … (850 ha). (950 ha), … (750 ha), … (250 ha), … (1100 ha), (700 ha) und … (800 ha). Für jedes Revier ist bzw. war ein Revierleiter bestellt, der in der Regel in einem im Revier gelegenen Forsthaus wohnt. In jedem Revier wurde und wird eine unterschiedliche Zahl von ständigen Waldarbeitern beschäftigt; außerdem werden saisonabhängig Aushilfsarbeitskräfte eingesetzt. Die in den einzelnen Revieren tätigen Arbeitskräfte unterstehen den jeweiligen Revierleitern.
Die … des Beklagten stellte den am … 1945 geborenen Kläger, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, deren Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist, nach einem Gespräch mit dem Beklagten, das am 14.01.1981 stattfand, ab 23.01.1981 als Revierförster ein. Der Kläger hatte sich am 24.11.1980 auf eine Anzeige des Beklagten beworben. Dem Kläger, der zuvor als Beamter auf Lebenszeit im staatlichen Forstdienst tätig gewesen war, wurde das Revier … übertragen, wo ihm zwischen vier und fünf ständig beschäftigte Waldarbeiter unterstanden. Der Kläger erhielt zuletzt in Anlehnung an die Besoldungsgruppe A 11 des Bundesbesoldungsgesetzes einschließlich Sachbezug ein monatliches Entgelt von DM 6929,60 brutto, vermögenswirksame Leistungen von DM 52,00 sowie einen Arbeitgeberzuschuß zur Krankenversicherung von DM 364,50. In § 11 Absatz 3 seines Dienstvertrages ist vereinbart, daß er Anspruch auf ein Ubergangsgeld in Höhe der Dienstbezüge des letzten Monates auf die Dauer von so vielen Monaten hat, als er volle Dienstjahre bei der … zurückgelegt hat, höchstens jedoch auf die Dauer von 24 Monaten, sofern die … das Dienstverhältnis ohne Verschulden des Dienstnehmers kündigt im übrigen wird wegen der Anstellungsbedingungen im einzelnen auf die Kopie des schriftlichen Dienstvertrages vom 23.01.1981 (Blatt 4 bis 10 der Akten) verwiesen. Die … versetzte den Kläger durch schriftliche Mitteilung vom 15.04.1991 zum 01.07.1992 nach …. Auf die Kopie des genannten Schreibens (Blatt 48 der Akten) wir...