Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 18.04.1985; Aktenzeichen 1 Ca 500/84) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 18.4.1985 – 1 Ca 500/84 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Streitverkündete, die bei der Beklagten beschäftigt ist, schloß mit der Klägerin am 7./29.6.1977 einen Kreditvertrag. Zur Sicherung des Darlehensanspruchs trat die Streitverkündete den pfändbaren Teil ihres Arbeitseinkommens gegen den jeweiligen Arbeitgeber an die Klägerin ab. Über die Hauptforderung von DM 1.958,99 aus Darlehen nebst Zinsen und Kosten erwirkte die Klägerin am 15.6.1978 gegen die Streitverkündete einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts K. – 18 B 04226/78 –. Nach offen gelegter Lohnabtretung behielt die Beklagte jedoch nichts vom Lohn der Streitverkündeten ein und leistete keine Zahlung. Die darauf erhobene Klage auf Zahlung von DM 975,– und DM 65,– monatlich ab 1.11.1983 wurde durch Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 9.7.1984 – 1 Ca 409/83 – abgewiesen, weil der Darlehensvertrag gegen die guten Sitten verstoße und nichtig sei. Davon werde auch die Lohnabtretung erfaßt. Die Klägerin erwirkte daraufhin aufgrund des Vollstreckungsbescheids beim Amtsgericht W. am 26.10.1984 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, der der Beklagten am 31.10.84, der Streitverkündeten am 3.11.1984, zugestellt worden ist. Die Beklagte lehnte Zahlungen unter Hinweis auf das vorausgegangene Verfahren vor dem Arbeitsgericht ab. Die sodann erhobene Zahlungsklage hat das Arbeitsgericht mit dem angefochtenen Urteil vom 18.4.1985 – 1 Ca 500/84 – abgewiesen. – Auf den Inhalt dieses Urteils wird zur weiteren Sachdarstellung verwiesen.
Gegen das der Klägerin am 5.8.1985 zugestellte Urteil hat diese am 28.8.1985 Berufung eingelegt, die sie am 21.9.1985 begründet hat.
Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen erster Instanz und trägt weiter vor: Da ein rechtskräftiger Vollstreckungstitel vorliege, seien materiell-rechtliche Einwendungen gem. § 776 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts komme es somit nicht auf die Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages an. Nach der neueren Rechtsprechung sei es für eine sittenwidrige Titelausnutzung erheblich, daß der Klägerin beim Gebrauch des Titels dessen Unrichtigkeit bekannt gewesen wäre und besondere Umstände hinzuträten, die es in besonderem Maße unbillig und geradezu unverträglich erscheinen ließen, die Ausnutzung des Urteils zuzulassen. Solche Umstände seien hier nicht gegeben.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 1.100,– nebst 4 % Zinsen p.a. seit 1.9.1985 zu zahlen;
künftig für die Dauer der Streitverkündeten bei ihr DM 100,– monatlich, beginnend mit dem 1.10.1985 bis zur völligen Abdeckung des Betrages von DM 1.688,88 nebst 0,07 % Zinsen p.T. seit 15.7.1982 an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte erwidert: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stunden der Beklagten die Einwendung der sittenwidrigen Ausnutzung eines Vollstreckungstitels auch gegenüber der Drittschuldnerklage zu. Der Titel, nämlich der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts K., sei sachlich unrichtig, weil der Darlehensvertrag wegen Sittenwidrigkeit ex tunc nichtig sei. Mit Zustellung des Urteils in der Sache 1 Ca 409/84 sei die Klägerin sich spätestens der Unrichtigkeit bewußt gewesen. Die Ausnutzung des Titels sei auch in hohem Maße unbillig. Die Streitverkündete habe insgesamt DM 3.303,08 an die Klägerin gezahlt und damit sei der Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta von DM 2.000,– nebst Zinsen längst getilgt worden. Die Vollstreckung aus dem Titel würde allein der Realisierung des sittenwidrigen Gewinns dienen, den § 138 BGB gerade verhindern wolle.
Auf das übrige Vorbringen der Parteien, das in den gewechselten Schriftsätzen niedergelegt ist und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist an sich statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist daher zulässig.
In der Sache selbst hatte die Berufung keinen Erfolg. Der Klägerin steht ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu.
Das Arbeitsgericht geht – wie in dem Urteil vom 9.7.1984, 1 Ca 409/83, ausgeführt – auch im vorliegenden Verfahren von der Sittenwidrigkeit des Kreditvertrages aus und meint, daß kein Grund bestehe, im Hinblick auf eine Pfändung eine abweichende Auffassung zu vertreten. Dem ist zuzustimmen.
Die dagegen von der Berufung vorgetragenen Bedenken überzeugen nicht und rechtfertigen keine abweichende Beurteilung des Sachverhalts.
Ansprüche aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 26.10.1984 kann die Klägerin nur dann gegen die Beklagte geltend machen, wenn die Lohnpfändung wirksam ist; denn nur ein gültig bestehendes Pfändungspfandrecht kann der Klägerin nach Überweisung zur Ein...