Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrente. Ruhegeldordnung. Ungleichbehandlung
Leitsatz (redaktionell)
Die unterschiedliche Ausgestaltung von Regelungen der betrieblichen Altersversorgung für gewerbliche Arbeitnehmer gegenüber denjenigen für den Angestelltenbereich war auch von 1971 bis 1982 nicht gerechtfertigt, es besteht kein Rückwirkungsverbot.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Urteil vom 08.05.2002; Aktenzeichen 9 Ca 406/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 08.05.2002 – 9 Ca 406/01 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger beginnend mit dem 01.10.2000 eine Betriebsrente gemäß der RGO 1988 zu zahlen auf Grundlage einer bereits ab dem 06.09.1971 zu berücksichtigenden Dienstzeit.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Betriebsrentenanspruch des Klägers nach der im Betrieb der Beklagten existierenden Ruhegeldordnung 1988 (im folgenden: RGO 1988).
Der Kläger ist am 11.05.1939 geboren und bezieht seit dem 01.10.2000 Altersrente von der BfA. Er stand vom 03.06.1958 bis 30.09.2000 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, bis zum 05.09.1971 als gewerblicher Arbeitnehmer. Mit Wirkung ab dem 06.09.1971 wurde er zum Polier (später noch zum Oberpolier) ernannt und in ein Angestelltenverhältnis übernommen. Seit diesem Zeitpunkt ist der Kläger auch als Angestellter bei der BfA rentenversichert.
Als betriebliche Altersversorgung erhält der Kläger seit dem 01.10.2000 Leistungen aus einer von der Beklagten unterhaltenen Unterstützungskasse, zuletzt mit dem Namen … (im folgenden: Unterstützungskasse). Zu Zeiten der DM-Währung waren dies monatlich DM 201,00.
Die betriebliche Altersversorgung ist und war in der Vergangenheit bei der Beklagten unterschiedlich geregelt. Während die Unterstützungskasse, die auf eine langjährige Tradition vergleichbarer Einrichtungen zurückgeführt werden kann, satzungsgemäß als anspruchsberechtigten Personenkreis die Poliere, Meister und gewerblichen Arbeitnehmer erfasst, gibt und gab es daneben anders ausgestaltete Leistungen gegenüber den technischen und kaufmännischen Angestellten. Hierzu heißt es etwa in einer am 01.01.1975 in Kraft getretenen Betriebsordnung vom 31.12.1974 – als Nachfolgewerk einer Betriebsordnung vom 31.12.1964 –:
„12. Betriebliche Altersversorgung:
Technische und kaufmännische Angestellte mit mindestens 15jähriger Betriebszugehörigkeit können unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Vollendung des 35. Lebensjahres Zusagen für eine betriebliche Altersversorgung erhalten. Dies kann nicht vor Ablauf des Kalenderjahres der Fall sein, in welchem der Arbeitnehmer sein 35. Lebensjahr und sein 15. Dienstjahr vollendet hat.
Die Altersversorgung der Poliere, Meister und gewerblichen Arbeitnehmer regelt sich nach der Satzung der …
Die betriebliche Altersversorgung der technischen und kaufmännischen Angestellten erfolgte dementsprechend auf Grundlage gesonderter Zusagen. Solche Zusagen wurden allerdings nach dem insoweit nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagten mit Wirkung ab dem 01.07.1982 nicht mehr erteilt.
Im Jahr 1988 trat für die technischen und kaufmännischen Angestellten die RGO 1988 in Kraft. Dies ist eine Betriebsvereinbarung, welche die bis zum 30.06.1982 geltenden besonderen Versorgungsregelungen ablöste. In einer späteren, vom 20.12.1993 stammenden Fassung der Ruhegeldordnung ist Ziff. 1, in welcher der Kreis der Versorgungsberechtigen bestimmt ist, folgendermaßen gefasst:
„1. Kreis der Versorgungsberechtigten
Einen rechtsverbindlichen Anspruch auf die nachstehend genannten Versorgungsleistungen haben alle technischen und kaufmännischen Angestellten (nachstehend „Mitarbeiter” genannt) der Firma … (nachstehend „Firma” genannt), soweit sie vor dem 1. Juli 1982 in die Firma eingetreten sind, das Dienstverhältnis bis zum Eintritt des Versorgungfalles weiterbestanden hat und zu diesem Zeitpunkt die nachstehend genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Für die technischen und kaufmännischen Angestellten, die ab dem 1. Juli 1982 in die Firma eingetreten sind, sowie für alle gewerblichen Arbeitnehmer, Poliere und Meister richtet sich die Versorgung nicht nach dieser Ruhegeldordnung sondern weiterhin nach den Bestimmungender …
Der Kläger vertritt die Auffassung, er habe einen Anspruch auf Zahlung von Betriebsrente nach der RGO 1988, und zwar unter Berücksichtigung des Beschäftigungszeitraums ab dem 06.09.1971 bis zum Ausscheiden. Hiernach stehe ihm eine deutlich höhere Betriebsrente ca. in Höhe eines Unterschiedsbetrages von monatlich DM 500,00, zu. Diesen Anspruch habe der Kläger unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Sachliche Gründe für die Herausnahme der angestellten Poliere aus der RGO 1988 lägen nicht vor. Die Verletzung des Gleichbehandlungsgebots führe dazu, daß der Kläger rückwirk...