Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug. Böswilliges Unterlassen
Leitsatz (redaktionell)
Geht dem Arbeitnehmer ein Angebot zur Weiterbeschäftigung unter verschlechtenrnden Bedingungen erst nach Ablauf einer vom Arbeitgeber gesetzten Annahmefrist nach noch streitiger Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zu, ist dieses Angebot nicht annahmefähig. Im Übrigen handelt ein Arbeitnehmer nicht böswillig, wenn er es unterlässt, ein Urteil des Arbeitsgerichts, mit dem der Arbeitgeber verurteilt worden ist, den Arbeitnehmer für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses weiterzubeschäftigen, zu vollstrecken oder die Vollstreckung anzudrohen.
Normenkette
BGB §§ 615, 195, 296 S. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 22.06.04 – 3 Ca 738/03 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängige Annahmeverzugsansprüche des Klägers einschließlich eines Weihnachtsgeldes für 2003.
Der Kläger ist seit dem 19.02.1996 bei der Beklagten in der Funktion eines Fachverkäufers UE (Unterhaltungselektronik) gegen einen Bruttomonatsverdienst von zuletzt EUR 2.042,81 eingestellt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Einstellungsvertrag vom 08.02.1996. Nach dessen § 1 findet auf dieses „der für die Vertragsparteien maßgebliche Tarifvertrag des Einzelhandels für das jeweilige Tarifgebiet, solange dieser für allgemein verbindlich erklärt ist, soweit dieser Anstellungsvertrag keine zulässigen Abweichungen/Bestimmungen enthält” Anwendung. Nach Seite 1 des Anstellungsvertrages erhält der Kläger „Weihnachtsgeld gemäß Tarif”. § 4 Nr. 3 bestimmt, dass „die Weihnachtsgratifikation nach Ziff. 1 g auf die tariflichen Sonderzuwendungen” anzurechnen ist. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 19.04.2003 zum 31.08.2003. Das Arbeitsgericht Freiburg – 3 Ca 304/03 – entsprach mit Urteil vom 30.09.2003 dem hiergegen eingelegten Kündigungsschutzantrag. Außerdem wurde die Beklagte in Nr. 3 des Urteilsausspruchs verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Fachverkäufer Unterhaltungselektronik weiterzubeschäftigen. Die hiergegen seitens der Beklagten eingelegte Berufung wies das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 09.06.2004 – 11 Sa 98/03 – zurück und ließ die Revision zu. Über die von der Beklagten zum Bundesarbeitsgericht eingelegte Revision ist noch nicht entschieden.
Der Kläger verlangt von der Beklagten monatliche Vergütung in Höhe von EUR 2.042,81 brutto für die Monate September 2003 bis einschließlich Februar 2004 abzüglich des für den jeweiligen Monat bezogenen Arbeitslosengeldes im Umfang von EUR 31,60 pro Kalendertag seit 01.09.2003. Nach dem Anstellungsvertrag ist der Kläger in die Beschäftigungsgruppe II, Berufsjahr 6 eingereiht. Der Tarifvertrag über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütung und Sozialzulagen vom 28.07.2003, gültig ab 01.04.2003, sieht dafür ein Tarifentgelt von EUR 1.915,00 brutto vor. Von dem vorgenannten Tarifentgelt fordert der Kläger 62,5 % als Sonderzuwendung/Weihnachtsgeld für 2003 gemäß dem Arbeitsvertrag und dem Manteltarifvertrag Einzelhandel Baden-Württemberg. Die Beklagte bot dem Kläger durch ihre Prozeßbevollmächtigten mit bei den Klägervertretern am 25.09.2003 eingegangenem Schreiben vom 22.09.2003 die Beschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen an und überreichte insofern einen neuen Arbeitsvertragsentwurf, auf dessen Inhalt verwiesen wird (AS 55 ff. d. Vorakte).
Die Beklagte ließ in diesem Schreiben mitteilen, dass sie sich an dieses Angebot bis zum 22.09.2003 gebunden fühle. Das Vertragsangebot unterzeichnete der Kläger nicht. Er ist seit Ablauf der Kündigungsfrist (31.08.2003) nicht mehr bei der Beklagten tätig gewesen.
Der Kläger hat behauptet und im Wesentlichen geltend gemacht:
Da sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten noch fortbestehe, schulde sie die von ihm geltend gemachten Forderungen. Er habe seine Arbeitskraft der Beklagten mehrfach angeboten, eine andere Arbeitsstelle habe er nicht finden können. Das Schreiben der Beklagten vom 22.09.2003 beinhalte keine Änderungskündigung, sie habe damit auch keine Prozeßbeschäftigung angeboten. Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, einen Vertrag zu verschlechternden Bedingungen im Vergleich zu seinem Arbeitsvertrag abzuschließen.
Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers und der von ihm erstinstanzlich gestellten Zahlungsanträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 22.06.2004 Bezug genommen. Ihren Klageabweisungsantrag hat die Beklagte damit begründet, dass sie das Arbeitsverhältnis rechtswirksam zum 31.08.2003 gekündigt habe. Jedenfalls müsse sich der Kläger einen monatlichen Bruttobetrag in Höhe von EUR 1.650,00 anrechnen la...