Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinderbezogener Ortszuschlag nach § 11 TVÜ-VKA bei Elternzeit im September 2005
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA sind kinderbezogene Entgeltbestandteile als Besitzstandszulage auch demjenigen Elternteil zu zahlen, das sich im September 2005 in Elternzeit befand und deshalb in diesem Monat keine Bezüge erhielt.
2. Eine solche Auslegung der vom Wortlaut her mehrdeutigen Tarifvorschrift ergibt sich unter Berücksichtigung eines in den §§ 5 Abs. 6 und 11 Abs. 3 TVÜ-VKA zum Ausdruck kommenden gemeinsamen Rechtsgedanken.
Normenkette
TVÜ-VKA § 11 Abs. 1, 3, § 5 Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG Lörrach (Urteil vom 26.07.2006; Aktenzeichen 6 Ca 181/06) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach – Kn. Radolfzell – vom 26.07.2006, Az. 6 Ca 181/06, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist der Klägerin den kinderbezogenen Ortszuschlag für ihr Kind in der Zeit ab 09.01.2006 fortzuzahlen.
Die Klägerin ist seit 25.09.2000 (nach Darstellung der Beklagten bereits seit 07.01.1997) bei der beklagten Stadt als Erzieherin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der BAT und findet nunmehr der TVöD vereinbarungsgemäß Anwendung. Die Klägerin nahm in der Zeit vom 22.07.2003 bis 08.01.2006 Elternzeit in Anspruch, um ihr Kind zu versorgen, für das sie auch das ganze Jahr 2005 über Kindergeld bezogen hat. Seit dem 09.01.2006 ist die Klägerin auf der Grundlage einer Ergänzungsvereinbarung vom 02.12.2006 zu 50 Prozent teilzeitbeschäftigt.
Im Hinblick auf die Überleitung des Bundesangestelltentarifvertrages in den TVöD findet auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien der TVÜ-VKA als Überleitungstarifvertrag Anwendung. Dessen
§ 11 lautet wie folgt:
„(1) Für im September 2005 zu berücksichtigende Kinder werden die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BAT/BAT-O/BAT-ostdeutsche Sparkassen oder BMT-G/BMT-G-O in der für September 2005 zustehenden Höhe als Besitzstandszulage fortgezahlt, solange für diese Kinder Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ununterbrochen gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG gezahlt würde. Die Besitzstandszulage entfällt ab dem Zeitpunkt, zu dem einer anderen Person, die im öffentlichen Dienst steht oder aufgrund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder einer Ruhelohnordnung versorgungsberechtigt ist, für ein Kind, für welches die Besitzstandszulage gewährt wird, das Kindergeld gezahlt wird; die Änderung der Kindergeldberechtigung hat die/der Beschäftigte dem Arbeitgeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Unterbrechungen wegen der Ableistung von Grundwehrdienst, Zivildienst oder Wehrübung sowie die Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahre sind unschädlich; soweit die unschädliche Unterbrechung bereits im Monat September 2005 vorliegt, wird die Besitzstandszulage ab dem Zeitpunkt des Wiederauflebens der Kindergeldzahlung gewährt.”
(2) …
(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für
- zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem 31. Dezember 2005 geborene Kinder der übergeleiteten Beschäftigten.
- …
Die Klägerin macht die Zahlung kinderbezogener Entgeltbestandteile als Besitzstandszulage seit 09.01.2006 geltend. Sie ist der Auffassung, der Anspruch stehe ihr unabhängig davon zu, dass sie im Monat September 2005 wegen der dort noch bestehenden Elternzeit keine Bezüge erhalten hat. Die Klägerin leitet ihren Anspruch aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA ab, hält eine fiktive Anwendung des BAT in diesem Monat für genügend und sieht als einzige Voraussetzungen für die Besitzstandszulage, dass im fraglichen Monat ein Kind zu berücksichtigen gewesen sei und eine ununterbrochene Bezugsberechtigung für Kindergeld vorgelegen habe. Die Klägerin war darüber hinaus der Meinung, im Falle einer hiervon abweichenden Auslegung des § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA liege eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor, weil Elternzeit weit überwiegend von Frauen in Anspruch genommen würde.
Wäre der Klägerin die begehrte Besitzstandszulage zu zahlen, betrüge sie unstreitig monatlich EUR 45,29, die die Klägerin für die Zeit vom 09.01.2006 bis 14.07.2006 beziffert und im Übrigen als zukünftige Leistung geltend macht.
Die Klägerin hat b e a n t r a g t:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 09.01.2006 bis einschließlich 14.07.2006 EUR 280,50 brutto nebst 5 Prozentpunkten Jahreszins über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin auch zukünftig zusätzlich zu dem ihr zustehenden Grundgehalt weitere EUR 45,29 monatlich zu bezahlen.
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, § 11 Abs. 1 T...