Verfahrensgang

ArbG Heilbronn (Urteil vom 24.06.1993; Aktenzeichen 4 Ca 79/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.03.1995; Aktenzeichen 10 AZR 369/94)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 24.06.93 – 4 Ca 79/93 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 249,10 DM brutto nebst Zinsen, welche das Arbeitsgericht dem Kläger mit der Begründung zugesprochen hat, es sei dessen tarifvertraglicher Anspruch auf betriebliche Sonderzahlung für das Jahr 1992 in dieser, 5 % seines Monatsverdienstes entsprechenden Höhe nicht erfüllt worden.

Auf das Arbeitsverhältnis des bei der Beklagten seit mehreren Jahren ununterbrochen als Arbeitnehmer beschäftigten Klägers finden aufgrund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit die Tarifverträge für die Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden Anwendung.

Der Tarifvertrag über die Absicherung betrieblicher Sonderzahlungen für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 30.10.1976/11.05.1988 in der Fassung vom 17.05.1992 (im folgenden: TV Sonderzahlung) enthält u.a. folgende Regelungen:

㤠2 Sonderzahlungen

2.1 Beschäftigte, die jeweils am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen 6 Monate angehört haben, haben je Kalenderjahr einen Anspruch auf betriebliche Sonderzahlungen.

Ausgenommen sind die Beschäftigten, die zu diesem Zeitpunkt ihr Arbeitsverhältnis gekündigt haben.

2.2 Die Leistungen werden ab dem 1. April 1992 nach folgender Staffel gezahlt:

nach

6 Monaten Betriebszugehörigkeit

25 Prozent

nach

12 Monaten Betriebszugehörigkeit

35 Prozent

nach

24 Monaten Betriebszugehörigkeit

45 Prozent

nach

36 Monaten Betriebszugehörigkeit

55 Prozent

eines Monatsverdienstes. (…)

§ 3 Zeitpunkt

3.1 Der Zeitpunkt der Auszahlung wird durch Betriebsvereinbarung geregelt,

3.2 Falls dieser Zeitpunkt durch Betriebsvereinbarung nicht geregelt ist, gilt als Auszahlungstag im Sinne des § 2, Ziff. 2.1 der 1. Dezember.

In diesem Falle ist es dem Arbeitgeber unbenommen, die Erfüllung der Zahlung vorher durchzuführen.

3.3 Über Abschlagszahlungen können Regelungen in die Betriebsvereinbarung aufgenommen werden.

§ 4 Anrechenbare betriebliche Regelungen

Leistungen des Arbeitgebers, wie Jahresabschlußvergütungen, Gratifikationen, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, Weihnachtsgeld u.ä. gelten als betriebliche Sonderzahlungen im Sinne des § 2 dieses Tarifvertrages und erfüllen den tariflichen Anspruch.

Hierfür vorhandene betriebliche Systeme bleiben unberührt.”

Die tarifliche Sonderzahlung für Arbeitnehmer mit mehr als 36 Monaten Betriebszugehörigkeit war mit Wirkung vom 01.04.92 durch den am 17.05.92 unterzeichneten TV Sonderzahlung von bis dahin 50 % auf 55 % eines Monatseinkommens erhöht worden.

Seit 1983 zahlte die Beklagte an die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer jeweils „nach Beratung und in Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat” sogenannte freiwillige Sonderzahlungen. Die letzte wesentliche Umgestaltung erfolgte mit der „Zentralen Betriebsvereinbarung 8/88” (s. Bl. 17–21 d.A.). Die „Freiwillige Sonderzahlung für das Geschäftsjahr 1991” war Gegenstand der vom Gesamtbetriebsrat mit unterzeichneten „Zentralen Bekanntmachung” vom 25.11.91 (s. Bl. 22, 23 d.A.). Diese sieht freiwillige Sonderzahlungen vor, die sich aus Prämie und Sonderbonus zusammensetzen und vom jeweiligen Bruttojahresverdienst im Jahr 1991 abhängen (vgl. Anl. 1 zur Zentralen Bekanntmachung vom 25.11.91, Bl. 24 d.A.). Im übrigen enthält die Zentrale Bekanntmachung vom 25.11.91 u.a. insbesondere folgende Bestimmungen:

„Anspruchsberechtigt sind alle Belegschaftsmitglieder des Tarif- und AT-Kreises, die bis zum 01. Oktober 1991 (einschließlich) in unsere Firma eingetreten sind.

Die freiwillige Sonderzahlung wird nach Abzug der Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge mit der Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung Ende Juni 1992 ausgezahlt.

Die freiwillige Sonderzahlung entfällt für Belegschaftsmitglieder, die auf eigenen Wunsch bis zum 30. Juni 1992 ausscheiden oder gekündigt haben oder zu diesem Termin in einem aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen gekündigten oder beendeten Arbeitsverhältnis stehen. Etwa erfolgte Zahlungen werden gegen die letzte Lohn- bzw. Gehaltszahlung aufgerechnet.”

Entsprechend der Zentralen Bekanntmachung vom 25.11.91 wurde dem Kläger von der Beklagten im Juni 1992 ein Betrag von 1.700,– DM bezahlt.

In den Jahren 1983 bis 1991 hatte die Beklagte an die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer jeweils zusammen mit der Vergütung für November Sonderzahlungen in Höhe der in § 2.2 TV Sonderzahlung vorgesehenen Staffel geleistet, ohne eine etwa bereits durch die Leistung der freiwilligen Sonderzahlung im Juni eingetretene Erfüllungswirkung geltend zu machen (vgl. die Bekanntmachungen der Jahre 83 bis 91, Bl. 54–61 d.A.).

Am 21.11.92 teilte die ...

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