Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
Leitsatz (redaktionell)
Als milderes Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung hat der Arbeitgeber eine Änderungskündigung auszusprechen, wenn eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit in dem selben Betrieb bzw. einem anderen Betrieb des selben Unternehmens besteht. In diesem Fall hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderweitigen freien Arbeitsplatz anzubieten und klarzustellen, dass im Fall der Ablehnung des Angebots eine Beendigungskündigung unvermeidlich ist.
Normenkette
KSchG §§ 1-2
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Urteil vom 27.10.2003; Aktenzeichen 10 Ca 306/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mannheim, Kammern Heidelberg, vom27.10.2003 – Az.: 10 Ca 306/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit am 08.05.2003 erhobener Feststellungsklage wehrt sich der Kläger gegen eine Kündigung der Beklagten vom 19.04.2003 zum 31.05.2003.
Der am 07.01.1966 geborene ledige Kläger ist seit dem 01.01.1999 in der Filiale St. L.-R. der Beklagten als „Fachberater” gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von EUR 2.250,00 beschäftigt.
Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen und vertreibt im ganzen Bundesgebiet in ihren mehr als 90 Filialen Produkte der Unterhaltungselektronik, sogenannte Weiße Ware, desweiteren Computer, Tele- und Bürokommunikationsmittel, Fotogeräte und Tonträger.
In der Filiale St. L.-R. waren im Zeitpunkt des Zuganges der oben erwähnten Kündigung mehr als fünf vollbeschäftigte Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden tätig.
Am 14.02.2003 legte die Beklagte dem auch für die vorgenannte Filiale gebildeten Flächenbetriebsrat den Betriebsvereinbarungsentwurf für einen Interessenausgleich vor, in welchem unter anderem vorgesehen ist, dass die Filialen der Beklagten „… zu reinen Abverkaufsstätten umgestaltet… „ werden.
Der Entwurf hat unter anderem folgenden Wortlaut:
„… aufgrund dieser Umgestaltung wird in einer durchschnittlichen Filiale nur noch ein Marktleiter sowie neun Mitarbeiter beschäftigt. Allen diesen Mitarbeitern obliegt je nach Bedarf die Kassentätigkeit, die Pflege und das Nachfüllen der Waren, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Gewährleistung bzw. der Kulanz sowie Lagertätigkeiten… Zusammen mit dem Marktleiter sind diese neun Mitarbeiter notwendig, um das Funktionieren der Abverkaufsstelle innerhalb der täglichen Öffnungszeit zu gewährleisten. Diese Tätigkeit ist im Verhältnis zu den bisherigen im Betrieb bestehenden Arbeitplätzen neu. Eine Versetzung im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechtes ist deshalb nicht möglich. Alle Arbeitnehmer – mit Ausnahme des Marktleiters – werden deshalb gekündigt. Neun Mitarbeiter erhalten nach den nachstehenden Regelungen keine Beendigungskündigung, sondern eine Änderungskündigung.”
Die Beklagte teilte dem Betriebsrat mit, er habe eine Stunde Zeit, dieses Regelwerk zu unterzeichnen, andernfalls Insolvenzantrag gestellt werde. Der Betriebsrat kam dem nach.
Am 08.04.2003 übermittelte die Beklagte dem Arbeitsamt M. ein Stellenangebot, mit welchem sie insgesamt zehn Verkäufer/innen für ihre Filiale M. suchte (Abl. 45 der erstinstanzlichen Akte).
Am 09.04.2003 veröffentlichte sie eine „Innerbetriebliche Stellenausschreibung” (ABl. 44), mit welcher sie für die Standorte L., K., St., D., P., B., H., N., St. L.-R., M., L., W. und V. Verkäufer/innen in Voll- oder Teilzeitbeschäftigung zu folgenden Bedingungen suchte:
- „Fixgehalt EUR 1.650,00,
- variable Zielprämie bis zum 24 % vom Fixgehalt,
- Übernahme der Umzugskosten,
- Übernahme der Unterbringungskosten für die ersten drei Monate,
- Übernahme der Kosten für Familienheimfahrten (14-tägig) während der ersten drei Monate (kostengünstigste Reisemöglichkeit)
- Integrationsprämie von EUR 300,00 monatlich für die ersten drei Monate.”
Am 19.04.2003 inserierte die Beklagte in der regionalen „R.-N.-Zeitung” wie folgt (Abl. 43):
„Für unseren M.markt in St. L.-R. und unsere beiden M.märkte in H. suchen wir Verkäufer/innen”.
Bereits mit Schreiben vom 11.04.2003 hatte die Beklagte den Betriebrat zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers angehört (Abl. 35).
Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Angesichts der Stellenangebote vom 08., 09. und 19.04.2003 hätte die Beklagte allenfalls eine Änderungskündigung aussprechen dürfen. Aus diesen Ausschreibungen und der Zeitungsanzeige ergebe sich, dass zum Zeitpunkt der Kündigung durchaus freie Arbeitsplätze im Unternehmen der Beklagten vorhanden gewesen seien. Auf einen dieser Arbeitplätze hätte er ohne weiteres angesichts des dortigen Anforderungsprofils weiter beschäftigt werden können. Die vorbezeichneten Ausschreibungen/Stellenangebote seien keinesfalls nur zu Werbezwecken und zum Schein erfolgt.
Dies ergebe sich insbesondere aus der Zeitungsanzeige vom 19.04.2003, mit welcher Mitarb...