Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersdiskriminierung vor Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Einhaltung der Ausschlussfrist des §§ 611 a Abs. 4 BGB a.F.
Leitsatz (amtlich)
Macht ein Stellenbewerber eine Diskriminierung wegen Alters zu einem Sachverhalt geltend, der sich vor Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.2006 ereignet hat, so ist die Ausschlussfrist des §§ 611 a Abs. 4 BGB a.F. zu beachten.
Normenkette
BGB § 611a Abs. 4 a.F.
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 19.09.2007; Aktenzeichen 14 Ca 1986/07) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 19. September 2007 – 14 Ca 1986/07 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug: 5.426,62 EUR
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen altersbezogener Diskriminierung im Zusammenhang mit zwei Bewerbungen auf zwei ausgeschriebene Dienstposten für einen Lehrer zusteht.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger hat eine Ausbildung zum Grund- und Hauptschullehrer (beide Dienstprüfungen) absolviert. Außerdem ist er Diplom Pädagoge in der Studienrichtung Ausländerpädagogik. Ende 2003 bewarb er sich auf eine Angestelltenstelle als Grund- und Hauptschullehrer bei der J. A. sowie Anfang 2004 ebenfalls auf eine Angestelltenposition als Grund- und Hauptschul- sowie Realschullehrer bei der J. H. Beide Stellen waren ohne Altersgrenze ausgeschrieben. Hinsichtlich des Inhalts des Stellenangebotes für die Stelle bei der J. H. wird auf die in Anlage K4 – BI. 8 der Akte des Arbeitsgerichts Bezug vorgelegte Fotokopie Bezug genommen.
Außerdem schrieb der Kläger am 05. Januar 2004 an das J. des beklagten Landes und bekundete Interesse an einer Festanstellung wie auch stundenweisen Tätigkeit auf Honorarbasis als Lehrer (Kopie des Schreibens BI. 31 der Akte des Arbeitsgerichts).
Mit Schreiben vom 10.08.04 (Anlage K3 – BI. 7 der Akte des Arbeitsgerichts) erhielt der Kläger eine Absage für die Stelle bei der J. A. mit der Begründung, „da das Einstellungsverfahren für die ausgeschriebene Stelle bereits abgeschlossen ist, kann ihre Bewerbung leider nicht mehr berücksichtigt werden.”
Auf seine Bewerbung um die bei der J. H. ausgeschriebene Stelle erhielt der Kläger ebenfalls eine Absage. Im Schreiben vom 17.03.2004 hieß es zur Begründung: „Leider müssen wir Ihnen jedoch mitteilen, dass Ihre Bewerbung keine Berücksichtigung finden kann, da eine spätere Daueranstellung wegen Ihres Lebensalters nicht mehr möglich ist.” (Anlage K4a – BI. 9 der Akte des Arbeitsgerichts).
Das Justizministerium beantwortete das oben genannte Schreiben des Klägers mit Schreiben vom 12.01.2004 (Anlage K5 – BI. 10 der Akte des Arbeitsgerichts). Darin teilte es dem Kläger mit, „dass für eine hauptamtliche Anstellung keine Möglichkeit besteht”.
Mit der am 08. März 2007 eingereichten Klage verlangt der Kläger eine Entschädigung wegen unzulässiger Diskriminierung aufgrund seines Alters. Denn seine Bewerbung auf die Stelle in A. sei wegen seines Lebensalters abgelehnt worden. Dies sei aber in allen Fällen der Ablehnung seiner Bewerbungen anzunehmen. Deshalb hat er eine Entschädigungszahlung in einer Größenordnung von 16.279,80 EUR (dreimal die addierten Bruttogehälter für die Tätigkeiten in A. und H.) vom beklagten Land verlangt. Das beklagte Land habe in der Folge noch mehrere vergleichbare Stellen ausgeschrieben, jedoch mit Altersbegrenzung, auf die er sich nicht mehr beworben habe.
Der Kläger hat folgenden Antrag gestellt:
Das beklagte Land wird verurteilt, dem Kläger nach Ermessen des Gerichts Schadensersatz/Entschädigungsleistung nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu leisten.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Forderung des Klägers unter anderem unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass die Rechtmäßigkeit der Altersgrenze für die Verbeamtung von der Verwaltungsgerichtsrechtsprechung bestätigt wurde. Geübte Praxis sei es, mit Blick auf die Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung (Vollendung des 40. Lebensjahres) nur mit solchen Bewerbern ein Anstellungsverhältnis zu begründen, die später verbeamtet werden könnten. Dabei werde das Anstellungsverhältnis als eine Art Probezeit für die geplante Verbeamtung angesehen, und zwar auch dann, wenn dies in der Stellenausschreibung nicht zum Ausdruck komme.
Im angefochtenen Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch sei nach § 15 Abs. 4 AGG mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen, und zwar ungeachtet dessen, aus welcher Rechtsgrundlage er hergeleitet werden könne. Die Frist habe mit Inkrafttreten des Gesetzes begonnen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Klageantrag unt...