Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Arbeitsvertrages im Geltungsbereich des TV-L hinsichtlich der Verbindlichkeit der Vereinbarung einer bestimmten Entgeltgruppe
Leitsatz (amtlich)
1. Wird im Geltungsbereich des TV-L im Arbeitsvertrag eines Arbeitsnehmers vereinbart, dass "der Arbeitnehmer für Tätigkeiten der Entgeltgruppe xx TV-L eingestellt wird" und nicht, dass "der Arbeitnehmer in die Entgeltgruppe xx eingruppiert ist", handelt es sich um eine konstitutive Vereinbarung der Vergütung nach der benannten Entgeltgruppe mit der Folge, dass sich der Arbeitnehmer nicht auf die "Eingruppierungsautomatik" des § 12 TV-L berufen kann (Im Anschluss an BAG 24.3.2018, 4 AZR 151/15 und BAG 18.10.2018, 6 AZR 246/17).
2. Dem stehen auch nicht die Regeln der AGB - Kontrolle nach §§ 305 ff BGB entgegen.
3. Bei einem "Hereinwachsen" in eine höhere Vergütungsgruppe durch Erfahrungszuwachs hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Vergütungsnachzahlung, sondern auf Vertragsänderung.
Normenkette
TVG §§ 1 ff.; TV-L § 12; BGB § 305c
Verfahrensgang
ArbG Villingen-Schwenningen (Entscheidung vom 23.01.2020; Aktenzeichen 5 Ca 186/19) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung des beklagten Landes wird unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Villingen - Schwenningen vom 23.01.2020, 5 Ca 186/19, abgeändert:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Rechtstreits.
II.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen, soweit das Urteil des Arbeitsgerichts in Ziff. 1 des Tenors aufgehoben und die Klage abgewiesen wurde.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes, den Kläger seit 1. März 2017 nach Entgeltgruppe 13 Stufe 5, hilfsweise nach Entgeltgruppe 12 Stufe 5 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (im Folgenden: TV-L) zu vergüten sowie sich hieraus ergebende Differenzlöhne für den Zeitraum März 2017 bis einschließlich August 2019 bzw. hilfsweise März 2017 bis August 2017.
Der Kläger ist bei der Hochschule F. des beklagten Landes seit 1. März 2011 zunächst auf Basis des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 25. Januar 2011 (Blatt 13 ff. d. A.) beschäftigt. Die Parteien haben sodann unter dem 9. Juli 2012, 10. Januar 2014 sowie 27. Juli 2015 (Blatt 21 ff. d. A.) weitere Arbeitsverträge geschlossen. Der Arbeitsvertrag vom 27. Juli 2015 enthält auszugsweise nachfolgende Regelungen:
"... § 2 Anwendung tariflicher Bestimmungen
Für das Arbeitsverhältnis gelten
- der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L),
- der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) sowie
- die Tarifverträge, die den TV-L und den TVÜ-Länder ergänzen, ändern oder ersetzen,
in der Fassung, die für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und für das Land Baden - Württemberg jeweils gilt und
- sonstige einschlägige Tarifverträge für das Land Baden-Württemberg.
...
§ 4 Eingruppierung
Die Einstellung erfolgt für Tätigkeiten der Entgeltgruppe 11__ TV-L.2
...
Der Arbeitgeber ist berechtigt, der/dem Beschäftigten aus dienstlichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der Entgeltgruppe zuzuweisen. ..."
Der Kläger ist nicht tarifgebunden; er hat von Beginn des Arbeitsverhältnisses an bis heute im Wesentlichen die gleiche Tätigkeit ausgeübt. Er besitzt einen Studienabschluss als Bachelor of Science als Sicherheitsingenieur. Von 2014 bis 2016 hat er im Fernstudium an der TU K. vier Semester den Masterstudiengang "Baulicher Brandschutz und Sicherungstechnik" belegt und alle erforderlichen Scheine bestanden. Ausstehend ist lediglich die Thesis.
Für die Tätigkeit des Klägers besteht eine Stellenbeschreibung, Anlage K 2, auf die Bezug genommen wird. In ihr werden die Arbeitsleistungen des Klägers wie folgt dargestellt:
lfd.Nr. |
Aufgabe bzw. Teilaufgabe (Arbeitsvorgang = AV) |
ausführliche Beschreibung der dabei anfallenden Arbeitsleistungen und Arbeitsschritte |
Anteil an der gesamten Arbeitszeit |
1 |
2 |
3 |
4 |
1 |
Leitung und Betrieb des Sicherheitslabors |
- Leitung und Durchführung des sicherheitstechnischen Labors (Themenfelder: u.a. Lärm, Maschinensicherheit, Vibrationen, Elektroprüfung) |
10% |
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- Planung, Instandhaltung, Beschaffung der Laborausrüstung, Raumplanung |
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- Sicherheitsaspekte: Aktualisieren der Betriebsanweisungen und Sicherheitsvorschriften, Entwicklung/Realisierung von Sicherheitskonzepten, Überwachung und Dokumentation der o.g. Sicherheitsmaßnahmen |
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2 |
Weiterentwicklung der Forschungsaktivitäten im Bereich Arbeitsschutz mit Schwerpunkt auf physikalisch - technischen Gefährdungen |
- Ausbau der Schlüsselstellung im Security Cluster Baden-Württemberg, dem der Studiengang SSB angehört |
10% |
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- Ermittlung, Bewertung und Einwerben von Drittmittelaufträgen |
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- Strategischer Ausbau der begonnenen und weiterer Kontakte zu Drittmittelgebern und Projektpartnern (wie BGIA, VDSI, VDI, EMI, IGB, IPA, etc.) |
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- Eigenständige Fortentwicklung von Forschungssch... |