Entscheidungsstichwort (Thema)

Lehrauftrag an Universität: Arbeitsverhältnis oder öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eigener Art?. Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse. Lehrauftrag und Arbeitsverhältnis. Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. An Hochschulen können neben Beamtenverhältnissen und Arbeitsverhältnissen durch Verwaltungsakt auch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse eigener Art begründet werden. Dies verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 4 GG.

2. Wird ein Dienstverhältnis öffentlich-rechtlich begründet, so bleibt es auch bei fehlerhafter Begründung öffentlich-rechtlicher Natur. Die Gerichte sind an das Bestehen und den Inhalt wirksamer Verwaltungsakte auch dann gebeunden, wenn diese rechtswidrig sind, soweit ihnen keine Kontrollkompetenz eingeräumt ist. Die Bindungswirkung entfällt nur bei nichtigen Verwaltungsakten.

 

Normenkette

GG Art. 33 Abs. 4; BGB § 611 Abs. 1; Hochschulgesetz Baden-Württemberg § 56; LVwVfG Baden-Württemberg § 35 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Urteil vom 20.01.2009; Aktenzeichen 5 Ca 223/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim – Kammern H. – vom 20.01.2009 (5 Ca 223/08) wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht, ein solches durch eine Kündigung des beklagten Landes geendet hat und einen von der Klägerin geltend gemachten Weiterbeschäftigungsantrag.

Die Klägerin erteilt seit 1991 an der Universität H. des beklagten Landes – Seminar für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orient – aufgrund semesterweise erteilter Lehraufträge Unterricht in Persisch, zuletzt im Umfang von 6 Stunden pro Woche bei einer Vergütung von EUR 2.100,00 pro Semester. Zuletzt wurde der Klägerin mit Schreiben der Universität H. vom 13.03.2008 (vgl. Anlage K 1, Akten 1. Instanz Bl. 15 f.; I/15 f.) ein solcher Lehrauftrag erteilt. In dem Schreiben heißt es unter anderem:

„Betreff: Lehrauftrag an der Universität H., Seminar für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients

Sehr geehrte Frau …,

auf Antrag der o.g. Fakultät/Einrichtung erteile ich für das Sommersemester 2008 einen vergüteten Lehrauftrag für folgende Lehrveranstaltung:

Neupersisch IIb (3SWS), Neupersisch IIIb (2 SWS), Persische Lektüre

Stunden pro Woche: 6

Vergütung, Brutto (s. Anmerkung): 2100,00 EUR

Sie sind verpflichtet, anfallende Prüfungen in dem vom zuständigen Prüfungsausschuss bestimmten Rahmen abzuhalten. Alle Änderungen, die Lehrveranstaltungen berühren (z.B. nicht ausreichende Hörerzahl oder Ausfall der Veranstaltung, Änderung der Zahl der Wochenstunden, wesentliche Änderungen des Vorlesungsthemas), sind in doppelter Fertigung über die Fakultät mitzuteilen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Universität H. einzulegen. …”

Das beklagte Land ordnet das Rechtsverhältnis der Parteien als ein durch Verwaltungsakt begründetes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis im Sinne von § 56 Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg (LHG) ein. Die Klägerin legte mit Schriftsatz vom 14.04.2008 (vgl. Anlage K 2; I/18) Widerspruch gegen die Erteilung des Lehrauftrages ein. Mit Schreiben der Universität H. vom 17.04.2008 (vgl. Anlage K 5; I/24) gab diese dem Widerspruch der Klägerin statt und hob den erteilten Lehrauftrag auf. Nach Einlegung ihres Widerspruchs hat die Klägerin noch an einem Tag Unterricht erteilt. Zwischen den Parteien ist mittlerweile ein Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht anhängig. Die Klägerin machte mit Schreiben vom 28.04.2008 (vgl. Anlage K 6; I/26 f.) geltend, bezüglich ihrer Tätigkeit an der Universität H. in einem Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land zu stehen, worauf ihr mit Schreiben vom 06.05.2008 (vgl. Anlage K 7; I/40 f.) vorsorglich die fristlose hilfsweise ordentliche Kündigung eines etwaigen Arbeitsverhältnisses ausgesprochen wurde. Mit einer am 05.05.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage und einer am 15.05.2008 eingegangenen Klageerweiterung begehrt die Klägerin die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses und Unwirksamkeit der ihr gegenüber ausgesprochenen Kündigung. Die Klägerin führt einen weiteren Rechtsstreit vor dem Sozialgericht betreffend die Frage des Bestehens eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses.

Die Klägerin hat erstinstanzlich insbesondere vorgetragen, ein Lehrauftrag nach § 56 LHG komme vorliegend nicht in Betracht, da die Klägerin nicht ergänzende Lehrangebote, sondern Pflichtstoff unterrichtet habe. Sie habe ferner an der Universität H. eine weisungsgebundene Tätigkeit ausgeübt und sich an Lehrpläne halten müssen. Sie habe mit Lehrmitteln der Universität gearbeitet und sich ihre Arbeitszeit nicht frei einteilen können. Es handele sich um ein verschultes System, ...

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