Entscheidungsstichwort (Thema)
Schulung durch Bildungsverein einer Gewerkschaft
Leitsatz (amtlich)
Der koalitionsrechtliche Grundsatz, daß die Gewerkschaften aus der Schulung von Betriebsratsmitgliedern keinen Gewinn erzielen dürfen, gebietet in dem Fall keine Aufschlüsselung der Lehrgangsgebühren, daß die Schulungsveranstaltung von einem Bildungsverein durchgeführt wird, dessen Vorstand zwar aus Gewerkschaftssekretären besteht, der jedoch allein die Förderung der Bildungsarbeit zum Ziel hat, keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgt und dementsprechend seinen Mitgliedern auch keine Zuwendungen zahlt (Abgrenzung zu BAG, Beschluß vom 30.3.1994 – 7 ABR 45/93 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 08.02.1994; Aktenzeichen 50 BV 254/93) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. Februar 1994 – 50 BV 254/93 – insoweit geändert, wie die Arbeitgeberin zur Freistellung des Betriebsrates in Höhe von mehr als DM 3.519,– verpflichtet worden ist und der Antrag insoweit abgewiesen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
1.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Arbeitgeberin verpflichtet, den Betriebsrat von Forderungen des Bildungsvereins der Gewerkschaft …, für die Teilnahme von sechs seiner Mitglieder an dem Lehrgang Mitbestimmung des Betriebsrats bei der betrieblichen Lohngestaltung am 18. und 19. Januar 1993 in Höhe von 3.726,– DM freizustellen.
Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, zu den Kosten der Betriebsratsarbeit, die nach § 40 Abs. 1 BetrVG der Arbeitgeber zu tragen habe, gehörten auch die Kosten der Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Schulungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermittelten, die für eine sachgerechte Ausübung des Betriebsratsamts erforderlich seien (§ 37 Abs. 6 BetrVG). Die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme sei von dem Beteiligten ausdrücklich außer Streit gestellt worden. Die sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebende Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers begründe keine allgemeine Nebenpflicht des Betriebsrats, die ihm in Rechnung gestellten Teilnahmegebühren anhand der internen Kalkulationsdaten des Veranstalters aufzuschlüsseln. Auch der Grundsatz, daß die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nicht dazu führen dürfe, daß den Gewerkschaften über die durch die Betriebsratsschulung tatsächlich entstehenden Kosten hinaus Mittel zuflössen, sei auf andere, der Gewerkschaft nahestehende Bildungseinrichtungen nicht übertragbar, die selbst keine spezifisch koalitionsmäßige Tätigkeit entfalteten.
Gegen diesen ihr am 18. Juli 1994 zugestellten Beschluß richtet sich die am 18. August 1994 eingelegte und am 19. September 1994, einem Montag, begründete Beschwerde der Arbeitgeberin. Sie meint, die Unterscheidung zwischen Gewerkschaften selbst und von ihnen getragenen, aber rechtlich selbständigen Bildungseinrichtungen gehe an der Wirklichkeit vorbei. Der …-Bildungsverein habe gemäß § 2 seiner Satzung in erster Linie die Aufgabe, „Bildungsveranstaltungen zur Ausfüllung des gesetzgeberischen Auftrages nach dem Betriebsverfassungsgesetz und nach den anderen arbeitsrechtlichen Vorschriften” durchzuführen. Seine Vorsitzende und auch die übrigen Vorstandsmitglieder seien Gewerkschaftssekretäre, was die personelle Verpflichtung mit der Gewerkschaft … offenkundig mache.
Die Arbeitgeberin beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Antrag zurückzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist darauf, daß der Arbeitgeberin Rechnungen vom 8. November 1994 mit einer Aufschlüsselung des Unterbringungs- und Verpflegungskosten (Ablichtung Bl. 57–62 d.A.) übersandt worden seien.
2.
Der Beschwerde war nur teilweise Erfolg beschieden.
2.1
Die gemäß §§ 8 Abs. 4, 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde der Arbeitgeberin ist fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 87 Abs. 2 Satz 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG, §§ 222 Abs. 2, 518 Abs. 1, 519 Abs. 2 Hs. 2, Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
2.2
Die Beschwerde ist nur teilweise sachlich begründet.
2.2.1
Die Gerichte für Arbeitssachen sind gemäß § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG zuständig für den Streit über die Pflicht des Arbeitgebers zur Tragung von Kosten aus der Betriebsratsarbeit nach § 40 Abs. 1 BetrVG.
Das Beschlußverfahren ist die für eine solche Streitigkeit gebotene Verfahrensart (§§ 2 a Abs. 2, 80 Abs. 1 ArbGG).
Auf der Grundlage eines entsprechenden Betriebsratsbeschlusses ist das Verfahren ordnungsgemäß eingeleitet worden (§ 81 Abs. 1 Hs. 1 ArbGG), wie in der Beschwerdeinstanz geklärt werden konnte.
Die Antragsbefugnis des Betriebsrats und die Beteiligtenstellung der Arbeitgeberin sind ohne weiteres gegeben (§ 83 Abs. 3 ArbGG). Dagegen waren die sechs Schulungsteilnehmer nicht zu beteiligen, weil nicht sie selbst, sondern allein der sie entsendende Betrie...