Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO. kein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis durch § 12 a ArbGG
Leitsatz (amtlich)
1. Die Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO ergibt sich kraft Gesetzes. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten ist im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht aber im Rahmen der Kostengrundentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO zu prüfen.
2. § 12 a ArbGG schließt nicht jegliche Erstattungsfähigkeit von Kosten, die durch die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten entstanden sind, aus. Deshalb kann im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz nicht unter Hinweis auf § 12 a ArbGG das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO verneint werden.
Normenkette
ZPO § 269 Abs. 3; ArbGG § 12a
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 30.10.1992; Aktenzeichen 72 Ca 4584/91) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 30. Oktober 1992 – 72 Ca 4584/91 – wie folgt abgeändert:
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
Der vorliegende Rechtsstreit, in dem beide Parteien in erster Instanz durch Rechtsanwälte vertreten waren, wurde durch Klagerücknahme vom 15. Juli 1992 (Bl. 25 d.A.) beendet.
Die Beklagte hat daraufhin gemäß § 269 Abs. 3 ZPO beantragt, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen. Der Kläger ist diesem Antrag, den er als „Kostenfestsetzungsantrag” aufgefaßt hat, entgegengetreten (Bl. 29 d.A.).
Durch Beschluß vom 30. Oktober 1992 hat das Arbeitsgericht der Antrag der Beklagten zurückgewiesen.
Es hat ihn mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig gewertet und hierzu ausgeführt, § 269 Abs. 3 ZPO finde im arbeitsgerichtlichen Verfahren nur mit der in § 46 Abs. 2 ArbGG bezeichneten Einschränkung Anwendung. Eine solche ergebe sich aus § 12 a ArbGG. Diese Regelung sei weit auszulegen und ergebe, daß im vorliegenden Fall keine Ansprüche des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten auf Erstattung von Kosten oder Auslagen gegeben seien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses (Bl. 32–34 d.A.) verwiesen.
Gegen den ihr am 12. November 1992 zugestellten Beschluß hat die Beklagte mit einem am 17. November 1992 bei den Gerichten für Arbeitssachen eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.
Sie vertritt die Ansicht, die von ihr beantragte Kosten-Grundentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO werde nicht durch die Vorschrift von § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ausgeschlossen, da hierdurch nicht jedweder Anspruch auf Kostenerstattung entfalle. Ob, und wenn ja welche Erstattungsansprüche mit Erfolg geltend gemacht werden können, sei im Kostenfestsetzungsverfahren zu klären. Sie, die Beklagte, plane, in diesem Verfahren fiktive Reisekosten anzumelden und werde hierzu nähere Einzelheiten im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens vor tragen.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 16. November 1992 (Bl. 38–42 d.A.) verwiesen.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 269 Abs. 3, 577 Abs. 2 ZPO).
Sie ist auch begründet.
Da der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, ist er gemäß § 269 Abs. 3 ZPO verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreite zu tragen. Auf Antrag der Beklagten war diese Wirkung durch Beschluß auszusprechen. Die Entscheidung hat somit feststellenden Charakter und hängt allein von der wirksam erklärten Klagerücknahme ab, die als solche bereits den zur Kostentragung verpflichtenden Tatbestand schafft (Stein-Jonas-Schumann Kommentar zur ZPO, 20. Aufl., § 269 Anm. 61).
Das Gericht hat somit vor Ausspruch der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO nur zu prüfen, ob eine wirksame Klagerücknahme vorliegt. Allein diese löst den Anspruch der beklagten Partei auf Feststellung der Kostenfolge nach § 269 Abs. 3 ZPO aus. Einwendungen, die den Kostenerstattungsanspruch als solchen betreffen, gehören in das Kostenfestsetzungsverfahren und nicht das Verfahren nach § 269 Abs. 3 ZPO. In ihm geht es allein um die grundsätzliche Kostenfolge aus einer Klagerücknahme (Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 51. Auflage, § 269 Anm. 40).
Allerdings kann, wie bei jeder Rechtsverfolgung, auch für den Antrog nach § 269 Abs. 3 ZPO das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Das ist jedoch nur dann gegeben, wenn der Antrag offensichtlich auf eine unnütze oder unlautere Bemühung der Gerichte hinausliefe (Stein-Jonas-Schumann, a.a.O., Grundz. § 253 Anm. 34 ff). Das könnte der Fall sein, wenn die Parteien sich bereits über die Kostentragung geeinigt haben oder die Kosten unstreitig bezahlt sind. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt jedoch nicht, wenn eine Erstattungsfähigkeit der Kosten auch nur in Frage kommt. Ob sie tatsächlich gegeben ist, hat das Gericht allein im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht aber vor Ausspruch der Kostengrundentscheidung zu prüfen.
Aus arbeitsgerichtlichen Sondervorschriften folgt nichts anderes. Durch § 12 a Abs. 1 ArbGG ist nicht jeder denkbare Anspruch auf Ko...