Entscheidungsstichwort (Thema)
Allg. Unterlassungsanspruch Allg. Beurteilungsgrundsätze
Leitsatz (amtlich)
1. Als allgemeine Beurteilungsgrundsätze im Sinne von § 94 Abs. 2 BetrVG kommen nicht nur stark ausdifferenzierte, die Gesamtheit von Führung und Leistung umfassende Beurteilungssysteme in Betracht; auch weniger ausdifferenzierte Systeme, die nur Teilaspekte der Tätigkeit im Auge haben und deren Beurteilungsdichte eingeschränkt ist, sind allgemeine Beurteilungsgrundsätze, solange die Beurteilung angesichts der – wenn auch wenigen – Kriterien noch generellen Charakter hat.
2. Im Bereich der zwingenden Mitbestimmung steht dem Betriebsrat neben der Sanktionsmöglichkeit gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG ein allgemeiner Unterlassungsanspruch gegenüber einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers zu.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3, § 94 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 13.01.1987; Aktenzeichen 31 BV 4/86) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. Januar 1987 – 31 BV 4/86 – geändert:
- Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, es zu unterlassen, Arbeitnehmer gemäß ihrem Schreiben an den Antragsteller vom 16. September 1986 auszuzeichnen in Form einer Namensnennung im Newswire unter Überreichung eines Zertifikats (Award).
- Es wird festgestellt, daß das in dem Schreiben der Antragsgegnerin an den Antragsteller vom 16. September 1986 vorgesehene „Reservations Service and Performance Recognition Award Program” der Mitbestimmung des Antragstellers unterliegt.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten darüber, ob das von der Antragsgegnerin vorgesehene Verfahren, Mitarbeiter der Reservierung jeweils vierteljährlich unternehmensöffentlich auszuzeichnen, im Hinblick auf § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG oder § 94 Abs. 2 BetrVG der Mitbestimmung des Antragstellers unterliegt. Diesem Streit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
Für das Unternehmen der Antragsgegnerin bestehen aufgrund einer mit dem Antragsteller abgeschlossenen Betriebevereinbarung bereits seit längerer Zeit allgemeine Beurteilungsgrundsätze für sämtliche Mitarbeiter, deren näherer Inhalt nicht in das Verfahren eingeführt worden ist.
Die Antragsgegnerin beabsichtigt die Einführung eines „Reservations Service & Performance Recognition Award Program” für sämtliche in Deutschland gelegenen Betriebe und unterrichtete darüber den antragstellenden Gesamtbetriebsrat mit einem Schreiben vom 16. September 1986, in dem es wie folgt heißt:
„es besteht die Absicht, Mitarbeiter der Reservierung für herausragende Leistung anzuerkennen. Die Anerkennung soll vierteljährlich in Form einer Namensnennung im Newswire und der Überreichung eines Zertifikats (Award) erfolgen.
Als Kriterien gelten:
- Service
- Performance
die über den normalen Rahmen hinaus, während oder außerhalb der regulären Arbeitszeit erbracht werden.
Die Vorauswahl erfolgt durch den örtlichen Reservations Supervisor/Manager.
… ist als Koordinator vorgesehen; er steht Ihnen mit weiteren Details gegebenenfalls auf Ihrer nächsten Sitzung zur Verfügung.
Da es sich hierbei nicht um die Festsetzung von Prämiensätzen oder vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte handelt, ist unseres Erachtens ein Mitbestimmungsrecht im Sinne der Vorschrift des Para. 87 BetrVG nicht gegeben.”
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß unter Service der „Dienst am Kunden” und unter Performance die „professionelle Erledigung der Arbeit” zu verstehen sind.
Der antragstellende Gesamtbetriebsrat hält dieses beabsichtigte Verfahren der Auszeichnung von Mitarbeitern für mitbestimmungspflichtig und fordert von der Antragsgegnerin die Unterlassung der entsprechenden Auszeichnung.
Der Antragsteller hat beantragt,
- festzustellen, daß das Schreiben der Antragsgegnerin an den Gesamtbetriebsrat vom 16. September 1986 bezüglich „Reservations Service and Performance Recognition Award Program” der Mitbestimmung des Antragstellers unterliege,
- die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, Arbeitnehmer gemäß dem oben genannten Schreiben auszuzeichnen in Form einer Namensnennung im Newswire unter Überreichung eines Zertifikats (Award).
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die Antrage zurückzuweisen.
Durch einen Beschluß vom 13. Januar 1987 hat das Arbeitsgericht Berlin die Anträge mit der Begründung zurückgewiesen, ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers bestehe weder nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG noch nach § 94 Abs. 2 BetrVG. Wegen der näheren Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Gegen diesen dem Antragsteller am 19. Februar 1987 zugestellten Beschluß hat er mit einem am 26. Februar 1987 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Der antragstellende Betriebsrat tritt dem angefochtenen Beschluß mit Rechtsausführungen entgegen.
Er beantragt,
den angefochtenen Beschluß zu ändern und wiederum
- festzustellen, daß das Schreiben der Antragsgegnerin an den Gesamtbetriebsr...