Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähige Kosten des/der Unterbevollmächtigten bei Beauftragung durch den auswärtigen Anwalt. Kostenerstattung bei Unterbevollmächtigung in der Berufungsinstanz. Keine Erstattung der ersparten (fiktiven) Reisekosten bei Terminswahrnehmung durch eine Terminsvertreterin
Leitsatz (amtlich)
1. Sind Reisekosten tatsächlich nicht angefallen, weil der auswärtige Anwalt eine Unterbevollmächtigte beauftragt hat, können ggf die Kosten der Unterbevollmächtigten in Ansatz gebracht werden, soweit Reisekosten der auswärtigen Bevollmächtigten erspart worden sind.
2. Für die Terminsvertretung, die die Partei als Unterbevollmächtigte selbst beauftragt oder die die Hauptbevollmächtigten im Namen der Partei beauftragen, fällt idR in der Berufungsinstanz eine 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr 3401 VV RVG zusätzlich an. Bis zur Höhe der (hier fiktiven) ersparten Reisekosten wären die zusätzlichen Kosten der Terminsvertretung erstattungsfähig.
3. Demgegenüber sind (fiktive) Reisekosten bei einer Beauftragung einer Terminsvertreterin nach § 5 RVG nicht erstattungsfähig, da der Partei keine zusätzlichen (gesetzlichen) Kosten durch die Beauftragung der Terminsvertreterin entstanden sind.
In diesem Fall "erarbeitet" die Terminsvertreterin (wie hier) für die auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Terminsgebühr. Im Gegenzug erhält sie ein mit dem auswärtigen Prozessbevollmächtigten vereinbartes Honorar.
Normenkette
ZPO §§ 104, 106; RVG §§ 2, 5, 13; BRAO § 49b
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 03.12.2018; Aktenzeichen 9 Ca 1889/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. Dezember 2018 - 9 Ca 1889/15 - abgeändert.
2. Auf die Erinnerung der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 6. November 2018 aufgehoben und die Erinnerung der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin (Rechtspflegerin) vom 21. September 2018 zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens über die Berücksichtigung (fiktiver) Reisekosten der auswärtigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten.
Die Klägerin hat sich im Rahmen des Rechtsstreits gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten gewandt. Das Bundesarbeitsgericht hat der Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu 82 vH und der Beklagte zu 18 vH auferlegt. Die Beklagte ließ sich in der Berufungsinstanz durch ihre in Frankfurt/Main ansässigen Prozessbevollmächtigten vertreten. Der Sitz der Beklagten liegt nach den Eintragungen im Handelsregister ebenfalls in Frankfurt/Main, während ihr Betrieb in Berlin-Tegel belegen war und dort von der Geschäftsführung geleitet wurde.
Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag hat die Beklagte ua die Berücksichtigung von Kosten für eine Terminsvertreterin in Höhe von 556,80 Euro geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat die Berücksichtigung dieser Kosten mit Beschluss vom 21. September 2018 abgelehnt. Reisekosten seien nicht erspart worden. Die Beklagte hat gegen diesen ihr am 1. Oktober 2018 zugestellten Beschluss am 12. Oktober 2018 Erinnerung eingelegt und beantragt, die Reisekosten zu berücksichtigen, die entstanden wären, wenn sie einen Rechtsanwalt mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks beauftragt hätte, dh in dem Ort Jämlitz-Klein Düben (einfache Entfernung 160 km). Insoweit bringt sie nun 96 Euro Fahrtkosten für 160 km sowie Tage- und Abwesenheitsgeld in Höhe von 40 Euro in Ansatz.
Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung mit Beschluss vom 6. November 2018 abgeholfen. Gegen diesen ihr am 8. November 2018 zugestellten Beschluss hat nun die Klägerin am 21. November 2018 Erinnerung eingelegt und diese damit begründet, es komme nicht auf den Gerichtsbezirk des Landesarbeitsgerichts, sondern auf den des Arbeitsgerichts Berlin an. Die Rechtspflegerin hat dieser Erinnerung mit Beschluss vom 28. November 2018 nicht abgeholfen. Die Kostenkammer des Arbeitsgerichts hat die Erinnerung der Klägerin mit Beschluss vom 3. Dezember 2018 zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen. Zur Begründung führt sie aus, auch fiktive Reisekosten eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen oder wohnhaften Anwalts könne die obsiegende Partei ausnahmslos erstattet verlangen, um zu vermeiden, dass es andernfalls zu einer Schlechterstellung der außerhalb des Bezirks niedergelassenen Rechtsanwälte im Vergleich zu den im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwälte komme. Maßgeblich sei das Gebiet der Länder Berlin und Brandenburg. Die Klägerin hat gegen den ihr am 10. Dezember 2018 zugestellten Beschluss mit ihrem am 21. Dezember 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Sie hält an ihrer bisher vertretenen Auffassung fest, wonach in den Fällen, in denen das Verfahren erstinstanzlich in Berlin betrieben worden sei, auch für die Kosten in der Berufungsins...