Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige Berufung wegen faksimilierter Unterschrift. Unzulässigkeit der Berufung wegen Fristversäumnis

 

Leitsatz (redaktionell)

Die faksimilierte Unterschrift eines Rechtsanwalts unter dem Berufungseinlegungsschriftsatz oder der Berufungsbegründung ist mangels Originalunterschrift nicht ausreichend.

 

Normenkette

ZPO §§ 519-520, 130 Nr. 6; ArbGG § 66 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Cottbus (Entscheidung vom 22.10.2020; Aktenzeichen 11 Ca 10426/19)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 22. Oktober 2020 - 11 Ca 10426/19 - wird bei einem Streitwert von 1.100,00 EUR auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der beklagte Rechtsanwalt war vom Arbeitsgericht Cottbus mit Urteil vom 22. Oktober 2020 zur Erstattung von 1.100 EUR verurteilt worden. Gegen dieses Urteil ging am 6. November 2020 per Telefax eine Berufungsschrift beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ein. Der Schriftsatz ging am 13. November 2020 im Original ein. Das Original beinhaltete eine mit dem Faxschreiben wohl identische Unterschrift. Am 4. Januar 2021 ging die Berufungsbegründung per Telefax ein. Der Schriftsatz ging am 18. Januar 2020 im Original ein. Das Original beinhaltete eine mit dem Faxschreiben wohl identische Unterschrift.

Nach einer entsprechenden Rüge der Klägerin in der Berufungserwiderung wurde der beklagte Rechtsanwalt dahin angehört, dass tatsächlich die Unterschrift unter der Berufung und unter der Berufungsbegründung nach dem Augenschein einem Faksimile entsprechen dürften. Nach der von dem Kläger zitierten Rechtsprechung des BAG vom 24. Oktober 2018 - 10 AZR 278/17 spreche einiges für eine Unzulässigkeit der Berufung. Dem Beklagten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 3. März 2021 eingeräumt.

Eine Stellungnahme erfolgte nicht.

II.

Die Berufung des Beklagten war gem. § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, 522 Abs. 1 ZPO durch Beschluss des Vorsitzenden als unzulässig zu verwerfen, weil sie ebenso wie die Berufungsbegründung nicht unterzeichnet wurde.

Die Berufung des Klägers ist wegen Versäumung der Berufungsfrist sowie auch der Berufungsbegründungsfrist unzulässig (§§ 519, 520 ZPO). Der als Berufung und als Berufungsbegründung jeweils eingegangene Schriftsatz ist nicht von der ihn verantwortenden Person unterschrieben. Die in der vom Gericht erstellten Kopie des Schriftsatzes wiedergegebene faksimilierte Unterschrift des Rechtsanwalts Dr. P genügt ebensowenig dem für bestimmende Schriftsätze zwingenden und unverzichtbaren Formerfordernis des § 130 Nr. 6 ZPO wie auch die Originalschriftsätze.

Nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. §§ 519 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO sind die Berufung und die Berufungsbegründung (sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist) in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Für diesen gelten nach §§ 519 Abs. 4, 520 Abs. 5 ZPO die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze.

Als bestimmender Schriftsatz muss die Berufungsbegründung von einem beim Landesarbeitsgericht nach § 11 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 und Satz 4 ArbGG vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und eigenhändig unterschrieben sein, § 130 Nr. 6 ZPO (BAG vom 24. Oktober 2018 - 10 AZR 278/17 m.w.N.). Eine solche Unterschrift stellt sicher, dass der Unterzeichner die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernimmt. Bei der Übermittlung eines Schriftsatzes durch einen Telefaxdienst tritt an die Stelle der grundsätzlich zwingenden Unterschrift auf der Urkunde die Wiedergabe dieser Unterschrift in der bei Gericht erstellten Kopie (vgl. BAG 5. August 2009 - 10 AZR 692/08 - Rn. 21).

Die auf der Telekopie wiedergegebene faksimilierte Unterschrift unter der Berufung und der Berufungsbegründung entspricht diesen Anforderungen nicht. Ein Unterschriftsstempel ist keine eigenhändige Unterschrift der den Schriftsatz verantwortenden Person iSv. § 130 Nr. 6 ZPO (BAG vom 24. Oktober 2018 - 10 AZR 278/17 m.w.N.).

Das Fehlen einer eigenhändigen Unterschrift kann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn - ohne Beweisaufnahme - aufgrund anderer Umstände zweifelsfrei feststeht, dass es sich bei dem Schriftsatz nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernimmt und diesen auch bei Gericht einreichen will (BAG vom 24. Oktober 2018 - 10 AZR 278/17 m.w.N.).

Anders als eine leer gebliebene Unterschriftszeile, die auf ein Versehen zurückzuführen sein kann, erlaubt das Vorhandensein eines faksimilierten Signums unter einem Schriftsatz regelmäßig den Schluss, dass derjenige, mit dessen Namenszug der dem Gericht zugeleitete Schriftsatz gestempelt wurde, bei der Fertigstellung und Absendung des Schriftsatzes nicht anwesend war. Die Annahme, er habe gleichwohl die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernehmen und diesen auch bei Ge...

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