Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlende Unterschrift. Telefax. Wiedereinsetzung. Anforderungen an die Unterzeichnung der Berufungsschrift. Zulässigkeit der Aufrechnung in der Berufungsinstanz. Anforderungen an die Berufungsbeschwer
Leitsatz (amtlich)
Eine Berufungsschrift muss, auch wenn sie per Telefax an das Gericht übermittelt wird, eine lesbare Unterschrift beinhalten. Eine Aufrechnung in der Berufungsinstanz ist nur zulässig, wenn der Streitstoff schon in der ersten Instanz Gegenstand war. Eine Berufung ist nur zulässig, wenn sie sich zumindest teilweise gegen die erstinstanzliche Entscheidung richtet.
Normenkette
ZPO § 519 Abs. 4, § 130 Nr. 6, §§ 234, 236
Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Entscheidung vom 02.09.2011; Aktenzeichen 6 Ca 309/11) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 2. September 2011 - 6 Ca 309/11 - wird unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuches vom 12. Dezember 2011 auf seine Kosten bei einem Streitwert von 5.250,00 EUR als unzulässig verworfen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um eine Vertragsstrafe sowie eine Aufrechnung des Beklagten mit Gegenansprüchen.
Der Beklagte war vom 1. Juli 2008 bis 30. September 2010 bei der Klägerin als Praxisberater im Bereich Zahnärzte/-medizin beschäftigt. Er bezog ein Grundgehalt in Höhe von 1.750,-- EUR zzgl. Provision. Unter dem 13. August 2010 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis (Bl. 17 d.A.). Am 1. September 2010 schlossen die Parteien erneut ein Arbeitsverhältnis (Bl. 18-26 d.A.) welches mit identischer Tätigkeit am 1. November 2010 beginnen sollte. Es war wiederum ein Grundgehalt in Höhe von 1.750,-- EUR zzgl. Provision vereinbart. In § 13 des Arbeitsvertrages haben die Parteien u.a. vereinbart:
"Der Mitarbeiter verpflichtet sich, an die Firma eine Vertragsstrafe in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern zu zahlen, wenn er seine Tätigkeit zum vorgesehenen Zeitpunkt nicht aufnimmt oder vertragswidrig beendet."
Der Beklagte hat seine Tätigkeit nicht aufgenommen. Mit Anwaltsschreiben vom 11. Oktober 2010 machte er die Nichtigkeit des Vertrages und den Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend und kündigte den Arbeitsvertrag sogleich außerordentlich fristlos hilfsweise ordentlich.
Mit der am 7. Januar 2011 eingegangenen und am 21. Januar 2011 dem Beklagten zugestellten zugestellten Klage verlangt die klagende Arbeitgeberin die Vertragsstrafe in Höhe von 5.250,-- EUR netto nebst Zinsen.
Im Protokoll der Güteverhandlung vom 14. März 2011 (Bl. 64 d. A.) ist festgehalten:
"Die Parteien erklären, dass seitens des Beklagten nur Provisionsansprüche in Höhe von ca. 6.500,00 Euro brutto geltend gemacht werden, während von der Klägerseite Schadenersatzansprüche in Höhe von 4.900,00 Euro brutto geltend gemacht werden."
Weiter Sachvortrag oder eine irgendwie geartete Erwähnung der Provisionsansprüche erfolgte nicht mehr. Im Kammertermin am 17. August 2011 erörterten die Parteien ausweislich des Protokolls der Sitzung (Bl. 131-132 d.A.) zunächst den Rechtsweg und sodann eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits. Nachdem die Klägerin einen Vergleich abgelehnt hatte, erklärte der Beklagtenvertreter, dass er keinen Antrag stellen wolle.
Auf einen entsprechenden Antrag des Klägervertreters verkündete das Arbeitsgericht am 2. September 2011 ein klagestattgebendes Urteil nach Lage der Akten. Das Arbeitsgericht begründete in dem Urteil, weshalb eine Entscheidung nach Lage der Akten zulässig sei, das Vertragsstrafenversprechen wirksam und deshalb die Klage begründet sei.
Zu diesem dem Beklagtenvertreter am 21. Oktober 2011 zugestellten Urteil ging am 16. Oktober 2011 um 22:55 Uhr ein Telefax in der Briefannahmestelle des LAG Berlin-Brandenburg ein (Bl. 153-154 d.A.). Dieses trug das Datum 16. November 2011 und wies von dem absendenden Fax eine Sendezeit vom 16. Oktober 2011 um 23:25 Uhr sowie als Absenderbezeichnung P. G.-W. aus. Auf der zweiten Seite dieses Faxes waren oberhalb und seitlich der letzten beiden Zeilen, die einmal "M." und einmal "Rechtsanwalt" lauten, wenige nicht zusammenhängende Striche bzw. Punkte zu erkennen, die jedoch beim besten Willen nicht als Unterschrift zu identifizieren waren.
Auch wenn dieses Telefax auf Seite 1 unterhalb des Adressfeldes den Zusatz enthielt "Vorab per Fax:", traf ein Original dazu beim Landesarbeitsgericht bis zum 15. Dezember 2011 nicht ein.
Auf Nachfrage seitens des Landesarbeitsgerichtes (Bl. 159 R) ging dort, nachdem beim ArbG Potsdam ein Empfangsbekenntnis seitens des Beklagtenvertreters nicht eingegangen war, am Freitag, dem 18. November 2011 ein Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 16. November 2011 im Original ein. Mit diesem Schriftsatz wurde das Empfangsbekenntnis für eine Ausfertigung des Urteils des ArbG Potsdam vom 2. September 2011 im Verfahren 6 Ca 309/11. übersandt (Bl. 161 u. B. 150b d.A.). Dieses Schreiben enthielt zwar unterhalb des Adressfeldes den Zusatz "Vorab per Fax:", ein Telefax dazu war beim Landesarbeit...