Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltsbeiordnung. Prozesskostenhilfe. Antrag nach § 11a ArbGG
Leitsatz (amtlich)
In einem erstinstanzlichen Antrag auf Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung ist ein Antrag auf Anwaltsbeiordnung nach § 11a ArbGG als Minus oder zumindest als Hilfsantrag regelmäßig immer enthalten (LAG Hamm 30.1.2006 – 4 Ta 36/05 – juris; Germelmann/Matthes/Prütting – Germelmann, 5. Aufl. § 11a ArbGG Rn 61; a.A. wohl nur noch: LAG Kiel 26.10.2001 – 4 Ta 158/01 – juris).
Normenkette
ZPO § 114 ff; ArbGG § 11a
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 20.03.2007; Aktenzeichen 5 Ca 2922/07) |
Tenor
Der Klägerin wird mit Wirkung vom 15.3.2007 Rechtsanwalt J. S. zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte in der 1. Instanz beigeordnet.
Tatbestand
I.
Die Parteien stritten darüber, ob eine Kündigung vom 29.1.2007, die der Klägerin am 30.1.2007 zuging, das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet hat.
Die Klägerin war zum Kündigungszeitpunkt noch nicht länger als 6 Monate beschäftigt. Dem Betriebsrat war als Begründung für die beabsichtigte Kündigung nur mitgeteilt worden:
„Entspricht nicht unseren Erwartungen und wird deshalb nicht aus der Probezeit übernommen.”
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Jedenfalls habe er nicht mit der erforderlichen Mehrheit eine Erklärung dahingehend abgegeben, dass er keine Stellungnahme abgeben wolle. Durch einen Projektleiter sei ihr zugesagt worden, dass sie über die Probezeit hinaus beschäftigt werde.
Mit Beschluss vom 20.3.2007 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Kündigungsschutz bestehe nicht. Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß. Eine anwaltliche Beiordnung nach § 11a ArbGG wurde nicht geprüft. Ein Hinweis nach § 11 a I 2 ArbGG erfolgte nicht.
Gegen den am gleichen Tag zugestellten Beschluss richtet sich die am 20.4.2007 beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde. In dieser hält die Klägerin ihre Rechtsansichten aufrecht. Zum Schluss begehrt sie nur noch eine anwaltliche Beiordnung. Zwischenzeitlich haben die Parteien sich verglichen.
Entscheidungsgründe
II.
Die form- und fristgerecht erhobene sofortige Beschwerde ist – soweit sie noch aufrechterhalten wird – begründet. Der Klägerin ist gemäß § 11 a ArbGG der von ihr benannte Rechtsanwalt beizuordnen.
Die Klägerin hatte keinen ausdrücklichen Antrag nach § 11a ArbGG gestellt. Dies ist jedoch unschädlich. In einem erstinstanzlichen Antrag auf Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung ist ein solcher als Minus oder zumindest als Hilfsantrag regelmäßig immer enthalten (LAG Bremen 26.2.1986 – 4 Ta 65/85 – LAGE § 11a ArbGG 1979 Nr. 3; LAG Düsseldorf 29.2.1986 – 14 Ta 245/86 – LAGE § 11a ArbGG 1979 Nr.4; LAG Sachsen-Anhalt 11.6.1997 – 2 Ta 42/97 – LAGE § 11a ArbGG 1979 Nr.6; LAG Hamm 30.1.2006 – 4 Ta 36/05 – juris; GK-Bader § 11a ArbGG Rn 179; Germelmann/Matthes/Prütting – Germelmann, 5. Aufl. § 11a ArbGG Rn 3).
Eine andere Ansicht wird – soweit ersichtlich – nur vom LAG Kiel (26.10.2001 – 4 Ta 158/01 – juris) vertreten. Danach verbiete sich bei beantragter Prozesskostenhilfe eine Beiordnung nach § 11a ArbGG. Beide Vorschriften würden nebeneinander bestehen und hätten unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen. Als Beleg wird auf Germelmann/Matthes/Prütting – Germelmann, 3. Aufl. § 11a ArbGG Rn 3 und auf eine eigene gänzlich unveröffentlichte Entscheidung (19.1.1987 – 4 Ta 6/87) verwiesen. Germelmann hält die früher von ihm vertretene Ansicht mindestens ab der 5. Auflage nicht weiter aufrecht. Die Entscheidung des LAG Kiel berücksichtigt zuwenig, dass es sich bei beiden Verfahren um sozialhilfeähnliche Maßnahmen handelt, die auch für eine finanziell schlecht gestellte Partei sicherstellen sollen, dass auch diese Partei gleichwertig am gerichtlichen Verfahren teilnehmen kann. Gerade wenn eine Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet, dann ist doch eine Beiordnung eines Rechtsanwalts regelmäßig für die Partei von hohem Interesse, zumal die Anwaltskosten die Gerichtskosten bei weitem übersteigen und die Hürden im Verfahren nach § 11a ArbGG weit niedriger sind.
Die weiteren Voraussetzungen der Beiordnung nach § 11a ArbGG sind gegeben. Die Gegenseite war auch durch einen Rechtsanwalt vertreten. Die Klage war auch nicht mutwillig. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn auf den ersten Blick ohne nähere Prüfung erkennbar ist, dass die Klage erfolglos sein muss (Germelmann/Matthes/Prütting – Germelmann, 5. Aufl. § 11a ArbGG Rn 61). Hier war zumindest zu prüfen, ob die Beteiligung des Betriebsrats ordnungsgemäß nach § 102 BetrVG war. Dies ist nicht einfach durch Blick in die gesetzlichen Normen feststellbar, sondern hierzu muss ergänzend die Rechtsprechung des BAG herangezogen werden, die nicht einmal völlig unbestritten ist (Vgl. KR-Etzel, 8.A. § 103 BetrVG Rn 62a m.w.N.). Die Vermögensverhältnisse rechtfertigen auch eine Beiordnung ohne eigene Beteiligung.
Hiergegen ist ein Rechtsmittel nicht gege...