Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustellung innerhalb eines Monats im Beschlussverfahren bei einstweiliger Verfügung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch im Beschlussverfahren ist für eine Vollziehung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 929 Abs. 2 ZPO eine Zustellung im Parteibetrieb innerhalb der Monatsfrist erforderlich. Eine Zustellung von Amts wegen reicht nicht aus.

 

Normenkette

ArbGG § 85 Abs. 2; ZPO §§ 935-936, 929 Abs. 2, § 890 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 28.11.2019; Aktenzeichen 44 BVGa 14252/19)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 28.11.2019 - 44 BVGa 14252/19 - abgeändert:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Antragsteller ist der siebenköpfige Betriebsrat, der für den Betrieb Berlin Distrikt 2 der Beteiligten zu 2) gewählt worden ist.

Die Arbeitgeberin betreibt Kaffeehäuser als Franchisenehmerin von S.. Sie gab im Mai 2019 ihre Planung bekannt, wonach in Berlin nicht mehr 4, sondern 5 Distrikte gebildet werden sollen. Verschiedene Filialen sollten anderen Distrikten zugeordnet werden. So sollten unter anderem Filialen, in denen auch die gewählten Betriebsratsmitglieder beschäftigt werden, künftig dem Distrikt 1 zugeordnet werden, der einen eigenen Betrieb mit einem eigenen Betriebsrat bildet. Dies hätte zur Folge, dass die im Distrikt 2 gewählten Betriebsratsmitglieder ihr Amt verlieren würden. Verhandlungen über einen Interessenausgleich blieben in der Einigungsstelle am 14.11.2019 ergebnislos. Am 15.11.2019 hat die Arbeitgeberin durch Aushang die Neugliederung bekannt gemacht.

Mit der am 18.11.2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift begehrt der Betriebsrat im Wege der einstweiligen Verfügung die Aufhebung von Versetzungen der sieben benannten Betriebsratsmitglieder in den Distrikt 1. Er hat die Ansicht vertreten, dass die Zuordnung von Filialen zu anderen Distrikten für die betroffenen Betriebsratsmitglieder Versetzungen darstellten. Diese seien unwirksam, solange der Betriebsrat diesen Maßnahmen nicht zugestimmt habe oder die Zustimmung gerichtlich ersetzt worden sei.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. der Arbeitgeberin aufzugeben, die Versetzungen der Betriebsratsmitglieder Michael G., Nadine K., Fabio di F., Steffen W., Kay B., Anne Z. und Tobias K. in den Betrieb Distrikt 1 aufzuheben;

2. hilfsweise der Arbeitgeberin aufzugeben, die Betriebsratsmitglieder Michael G., Nadine K., Fabio di F., Steffen W., Kay B., Anne Z. und Tobias K. als Betriebsratsmitglieder des Betriebes Berlin Distrikt 2 zu behandeln, soweit nicht der Betriebsrat der Versetzung zugestimmt hat oder die Zustimmung gerichtlich ersetzt worden ist;

3. der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Verpflichtung aus Ziffer 1. ein Zwangsgeld i.H.v. 250,00 € anzudrohen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit dem am 28.11.2019 verkündeten Beschluss dem Hauptantrag und dem Antrag zu 3. stattgegeben. Dem Betriebsrat stehe analog § 101 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Verfügungsanspruch auf Aufhebung der mit der Umorganisation der Distrikte verbundenen Versetzung der im Antrag benannten Betriebsratsmitglieder zu. Eine Versetzung sei gegeben. Die Tätigkeit in einem anderen Betrieb sei stets als Tätigkeit in einem anderen Arbeitsbereich anzusehen. Erfolge die Versetzung von Betriebsratsmitgliedern ohne Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 Abs. 3 BetrVG, könne der Betriebsrat die Aufhebung dieser Versetzung auch im Wege einer einstweiligen Verfügung verlangen.

Dieser Beschluss ist der Arbeitgeberin am 18.12.2019 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ging am 11.12.2019 beim Landesarbeitsgericht ein und wurde am 03.01.2020 den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats zugestellt. Die Begründung erfolgte am 17.02.2020.

Am 10.01.2020 erfolgte die Zustellung des Beschlusses vom 28.11.2019 im Parteibetrieb direkt bei der Arbeitgeberin in München.

Mit einem am 16.01.2020 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Antrag begehrt die Arbeitgeberin die Aufhebung der einstweiligen Verfügung mit dem Argument, die Vollziehungsfrist nach § 929 Abs. 2 ZPO sei nicht eingehalten worden.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die einstweilige Verfügung des Arbeitsgerichts Berlin, Az.: 44 BVGa 14252/19 vom 28.11.2019 aufzuheben.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 13.02.2020 hat das Arbeitsgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen. Der Antrag sei unzulässig, das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle, weil eine Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss vom 28.11.2019 nicht mehr drohe. Dies ergebe sich daraus, dass ein Einsatz der Betriebsratsmitglieder im Distrikt 1 nicht mehr stattfinde. Für sie werde vielmehr ein eigener Dienstplan erstellt, ohne dass ihnen eine konkrete Tätigkeit zugewiesen werde. Da die Arbeitgeberin sich somit an die Anordnung der einstweiligen Verfügung gehalten habe, sei eine Vollstreckung des Beschlusses nicht mehr erforderli...

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