Entscheidungsstichwort (Thema)
Auswahlrecht des Betriebsratsmitgliedes bei Schulungen. Keine Ungleichbehandlung von Gewerkschaftsmitgliedern bei Schulungen
Leitsatz (redaktionell)
Der Anspruch auf den Besuch einer Schulung besteht nur kollektiv. Das Gewerkschaftsmitglied wird nicht benachteiligt, wenn die Schulung nicht von Verdi, sondern einem anderen Anbieter durchgeführt wird, dessen Schulung von Inhalt und Umfang her vergleichbar ist.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6; ArbGG § 72 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Potsdam (Entscheidung vom 06.11.2019; Aktenzeichen 3 BV 33/19) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 06.11.2019 - 3 BV 33/19 - wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 1) ist Betriebsratsmitglied und Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Er möchte als Antragsteller den Beteiligten zu 2), das Betriebsratsgremium, dazu verpflichten, ihm die Teilnahme an einem Seminar "Einführung in das Arbeitsrecht 1", welches durch den Anbieter ver.di Bildung + Beratung gGmbH angeboten wird, durch Beschluss zu ermöglichen. Beteiligte zu 3) ist die Arbeitgeberin.
Der Antragsteller ist im Jahre 2018 neu in das 13-köpfige Betriebsratsgremium gewählt worden. Mit Beschluss vom 17.06.2018 hat der Beteiligte zu 2) drei neu gewählte Betriebsratsmitglieder u.a. zu den Seminaren Arbeitsrecht Kompakt Teil I und II im September 2018 entsandt. Diese wurden vom Träger IFB angeboten. Jedenfalls für die Sitzung am 25.06.2019 begehrte der Antragsteller die Entsendung zu einem Seminar "Einführung in das Arbeitsrecht I", welches durch den Anbieter ver.di Bildung + Beratung gGmbH in Erkner und Berlin angeboten wurde. Dies lehnte der Betriebsrat ab. Mit Beschluss vom 28.08.2019 ermöglichte der Betriebsrat dem Antragsteller die Teilnahme an einem Seminar Arbeitsrecht Kompakt Teil I des IFB. Der Antragsteller nahm hieran nicht teil.
Der Antragsteller hat die Ansicht vertreten, ihm stehe bei gleichartigen und gleichwertigen Schulungen eine Auswahl zu. Die Kompaktseminare seien mit Grundlagenseminaren nicht vergleichbar, da diese auf zwei Wochen angelegt seien, während die Grundlagenseminare insgesamt drei Wochen umfassten. Dem Betriebsrat gehe es wohl darum, ihn nicht an Seminaren teilzunehmen zu lassen, die von der Gewerkschaft organisiert werden.
Aufgrund des Zeitablaufs hat der Antragsteller zuletzt beantragt,
den Beteiligten zu 2) zu verpflichten, die Teilnahme des Beteiligten zu 1) an dem Seminar "Einführung in das Arbeitsrecht 1" des Anbieters ver.di Bildung + Beratung gGmbH vom 13.01.2020 bis 17.01.2020 in Dresden zu beschließen, ersatzweise für die Zeit von 27.01.2020 bis 31.01.2020 in Walsrode.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Betriebsrat hat darauf verwiesen, dass der Antragsteller die Grundlagenseminare zum Betriebsverfassungsrecht bei der Gewerkschaft ver.di mit seiner Zustimmung besucht habe. Alle anderen neu gewählten Betriebsratsmitglieder hätten die Arbeitsrechtsseminare als Kompaktseminare besucht. Der Antragsteller habe signalisiert, dass er insgesamt fünf Seminare zum Arbeitsrecht besuchen wolle. Insofern gehe es nicht nur um das einzelne Seminar, sondern um das gesamte Paket. Man wolle eine Gleichbehandlung mit den anderen Betriebsräten. Seit 12 Jahren besuche man Seminare des IFB und sei sehr zufrieden.
Die Arbeitgeberin hat nicht Stellung bezogen.
Mit Beschluss vom 06.11.2019 hat das Arbeitsgericht Potsdam den Antrag zurückgewiesen. Dem Antragsteller stehe das von ihm behauptete Auswahlrecht nicht zu. Der Anspruch auf Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) stehe dem Betriebsratsgremium als Ganzes zu und nicht dem einzelnen Betriebsratsmitglied. Die Entscheidungsbefugnis des Betriebsrats sei nach pflichtgemäßem Ermessen auszuüben. Die Seminare des Anbieters IFB und von ver.di B + B seien nicht in einem Maße gleichwertig, dass daraus ein zu berücksichtigendes Auswahlrecht des Antragstellers resultiert hätte. Dies betreffe den Inhalt der Seminare. Selbst wenn ein Auswahlrecht bestünde, dürfe der Betriebsrat niemanden wegen seiner Gewerkschaftszugehörigkeit bevorzugen. Dies wäre aber der Fall, da die Seminare beim IFB über vier Tage liefen, während sie bei ver.di B + B fünf Tage dauerten. Auch die Kosten seien unterschiedlich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er ist weiterhin der Ansicht, dass die Kompaktseminare nicht vergleichbar seien mit Grundlagenseminaren, die sich insgesamt auf drei Wochen erstrecken würden. Bei einem Seminar von nur insgesamt zwei Wochen bliebe vom Inhalt weniger in Erinnerung. Die Kosten seien im Wesentlichen gleich.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Potsdam vom 06.11.2019 den Beteiligten zu 2) zu verpflichten, die Teilnahme des Beteiligten zu 1) am Seminar "Einführung in das Arbeitsrecht 1" des Anbieters ver.di Bildung + Beratung gGmbH vom 15.06.2020 bis 19....