Entscheidungsstichwort (Thema)
Journalistische Unterstützung anderer Unternehmen nicht als Tendenzunternehmen im Sinne des § 118 Abs. 1 BetrVG definierbar. Kein Tendenzunternehmen bei fehlenden tendenzbezogenen Zielen
Leitsatz (amtlich)
Unternehmen, die lediglich andere Unternehmen kommunikativ bei deren Darstellung nach außen sowie innerhalb des Unternehmens unterstützen, verfolgen keine eigene geistig-ideelle Zielsetzung und sind deshalb kein Tendenzunternehmen im Sinne des § 118 Absatz 1 BetrVG. Dies gilt auch dann, wenn sie sich bei ihrer Tätigkeit journalistischer Mittel und Methoden bedienen.
Normenkette
BetrVG § 118 Abs. 1, §§ 106-110; ArbGG § 72 Abs. 2; BetrVG § 50 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 11.02.2021; Aktenzeichen 11 BV 5279/19) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. Februar 2021 - 11 BV 5279/19 - wird zurückgewiesen.
Zur Klarstellung wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. Februar 2021 - 11 BV 5279/19 - wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Gesamtbetriebsrat befugt ist, einen Wirtschaftsausschuss nach § 106 Absatz 1 BetrVG zu bilden.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Bildung eines Wirtschaftsausschusses nach § 106 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) und in diesem Zusammenhang darüber, ob die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin (im Folgenden: Arbeitgeberin) ein Tendenzunternehmen im Sinne von § 118 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG ist.
Der Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Gesamtbetriebsrat) ist der bei der Arbeitgeberin gebildete Gesamtbetriebsrat. Er setzt sich aus Vertreter*innen der Betriebsräte in Berlin, München, Hamburg und Stuttgart zusammen und hat sechs Mitglieder.
Die Arbeitgeberin ist eine Agentur mit Sitz in Berlin. Sie entstand im Jahre 2014 aus dem wirtschaftlichen Zusammenschluss der A B E Corporate Communication GmbH (KB) und der D Creative Group GmbH.
Der Unternehmenszweck der KB vor dem Zusammenschluss lautete:
"Die Beratung auf dem Gebiet der Werbung und der Verkaufsförderung, insbesondere das Editorial Design von Print- und Onlinemedien sowie die Kommunikationsberatung von Unternehmen aller Art."
Der Unternehmenszweck der D C Group GmbH lautete:
"Herausgabe von journalistischen Publikationen für eigene Zwecke und für Dritte zur Veröffentlichung sowie sämtliche Tätigkeiten die im Zusammenhang mit dem vorstehenden Unternehmensgegenstand stehen."
Der aktuelle Unternehmenszweck der Arbeitgeberin ist folgender:
"Die Erbringung medialer Dienstleistungen auf dem Gebiet der Unternehmens- und Markenkommunikation sowie die Beratung auf dem Gebiet der Werbung, der Kommunikation und der Verkaufsförderung, insbesondere das Editorial Design von Print- und Onlinemedien ..."
Die Arbeitgeberin unterhält Betriebe in Berlin, München, Hamburg, Frankfurt/Main und Stuttgart und beschäftigt dort insgesamt bis zu 400 Arbeitnehmer*innen, wobei die genaue Anzahl schwankt und zwischen den Beteiligten zum Teil streitig ist, jedoch in jedem Fall mehr als 100 beträgt. Diese sind unter anderem als "Editoren", "Junior Strategic" "Planner", "Strategic Planner", "Senior Strategic Planner", "Strategic Director", "Designer", "Junior Art Director", "Art Director", "Senior Art Director", "Creative Director", "Creative Strategist", "Senior Strategist", "Project Manager", "Junior Marketing Manager", "Marketing Manager", "Senior Marketing Manager", "Junior Business Development Manager", "Business Development Manager", "Senior Business Development Manager" beschäftigt.
Die Arbeitgeberin sieht sich im Bereich "Content Marketing", "Corporate Publishing" und "Editorial Design" verortet. Dabei versteht sie sich auch als "Content Marketingagentur", die ihre Wurzeln im "Corporate Publishing" hat. Sie berät Unternehmen in ihrer Kommunikation mit Kund*innen, Konsument*innen und anderen "Stakeholdern", konzipiert und gestaltet Medien und Inhalte sowohl für Online als auch für Offline Kanäle.
Die Arbeitgeberin bietet ihren Auftraggeber*innen unter anderem folgende Leistungen an:
a) in den Bereichen Print (Zeitschriften), Video, Mobile und Online:
- inhaltliche und gestalterische Konzeption,
- dabei: Erstellung der Texte nach journalistischen Gesichtspunkten,
- inhaltlich-redaktionelle Bearbeitung und Überprüfung,
- Erstellung von Layout, Grafik und Ersatz,
- Redigieren der Texte nach journalistischen Gesichtspunkten,
- Eigenrecherche und Ausarbeitung konkreter Themenvorschläge, Entwicklung,
- Erstellung von Themen-, Seiten-, Gestaltungs- und Terminplänen,
- Erstellung von Infografiken und Illustrationen und neuer visueller Stilformen,
- Qualitätskontrolle,
- Bildrecherche, -beschaffung und -auswahl,
- Produktion, Vor- und Nachbearbeitung hochwertiger Bildmotive,
- Kontrolle einer einheitlichen Bildsprache,
- Contentstrategie (welche Themen sind für den Kunden bzw. deren Adressaten wichtig),
- Channelstrategie (auf welchen Kanälen muss/soll der Kunde Präsenz zeigen);
b) zusätzlich in den Bereichen Online un...