Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtstellung des Betriebsrats hinsichtlich der Kontrolle der Arbeitspflichterfüllung durch den Arbeitgeber

 

Leitsatz (redaktionell)

Dem Betriebsrat steht bezüglich der zur manuellen Erfassung der Anwesenheits- und Arbeitszeiten der Arbeitnehmer getroffenen Maßnahmen des Arbeitgebers kein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 1, 6

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 28.02.2017; Aktenzeichen 34 BVGa 1786/17)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 28.02.2017 - 34 BVGa 1786/17 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um das Unterlassen einer nicht-elektronischen Erfassung von Arbeits- und Anwesenheitszeiten der Arbeitnehmer ohne Beteiligung des Betriebsrats.

Die Beteiligte zu 2. (nachfolgend: Arbeitgeberin) betreibt in Berlin an zwei Standorten Call-Center für verschiedene Kunden, die jeweils von verschiedenen Arbeitnehmer-Teams betreut werden. Der Beteiligte zu 1. (nachfolgend: Betriebsrat) ist der bei der Arbeitgeberin in Berlin gebildete Betriebsrat.

Auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung zur Regelung der Dienstplanung vom 11.08.2015 erstellt die Arbeitgeberin für jeden Arbeitnehmer monatlich einen Tätigkeitsbericht, in dem die tatsächlich geleistete Arbeitszeit aufgeführt wird. Die Arbeitnehmer kontrollieren die sie betreffenden Tätigkeitsberichte und unterschreiben sie nach etwaiger Änderung (Ziffer 5.3 der Betriebsvereinbarung). Auf den weiteren Inhalt der Betriebsvereinbarung vom 11.08.2015 wird Bezug genommen (Anlage BR14, Bl. 100 ff d. A.). In den Tätigkeitsberichten werden für jeden Arbeitnehmer die tatsächlich geleisteten Arbeitsminuten, die Pausenminuten und etwaige Überminuten ausgewiesen.

Die Arbeitgeberin setzte in ihrem Berliner Betrieb eine elektronische Erfassung der Anwesenheitszeiten der Arbeitnehmer mit der Bezeichnung "Timegate/Persolink" ein, die bereits vor der erstmaligen Wahl eines Betriebsrats eingeführt worden war. Mit der elektronischen Zeiterfassung wurde das Kommen und Gehen der Arbeitnehmer ohne Berücksichtigung von Pausen erfasst. Die Beteiligten schlossen am 09.01.2017 eine Betriebsvereinbarung zur automatischen Zeiterfassung, in der sie mit Wirkung ab dem 02.02.2017 die Nutzung von "Persolink" (Ziffer 2.1) sowie jede automatisierte Erfassung der Arbeitszeit und der Kommens- und Gehenszeiten der Arbeitnehmer ausschlossen(Ziffer 3.). Auf den weiteren Inhalt der Betriebsvereinbarung vom 09.01.2017 wird Bezug genommen (Bl. 53 f d. A.).

Die Arbeitgeberin schaltete das System "Persolink" zum 01.02.2017 ab.

Mit E-mails vom 16.01.2017, 26.01.2017 und 31.01.2017 wiesen drei Team-Manager der Arbeitgeberin die in ihren Teams tätigen Arbeitnehmer an, ab dem 01.02.2017 eine manuelle Zeiterfassung vorzunehmen, die seitdem entsprechend der Vorgaben der Team-Manager erfolgt. Der Betriebsrat wurde bei der Einführung der manuellen Zeiterfassung nicht beteiligt. Der Team-Manager G. verteilte Laufzettel an die Arbeitnehmer seines Teams, in denen Beginn und Ende der Schicht nach Schichtplan eingetragen sind und Felder zur Eintragung von Beginn und Ende der Anwesenheitszeit vorgesehen sind sowie Unterschriftsfelder für die Unterschrift des Supervisors für die Eintragungen zu Beginn und Ende. Dazu erteilte er die Anweisung, dass sich die Arbeitnehmer pünktlich zu Beginn und Ende ihrer Schicht beim Vorgesetzten melden müssten, der sodann die Eintragungen in die Laufzettel vornehmen solle. Die Team-Managerin Brand wies die Arbeitnehmer ihres Teams darauf hin, dass Anwesenheitslisten auslägen, in die jeder Mitarbeiter sein Kommen und Gehen eintragen könne. Der Team-Manager Philipp erklärte den Arbeitnehmern seines Teams, es werde monatlich ein vereinfachter Tätigkeitsbericht ausgehändigt. An jedem Arbeitstag solle darin Schichtstart und Schichtende vom Vorgesetzten abgezeichnet werden. Auf den weiteren Inhalt der Anweisungen per E-mail der drei Team-Manager wird Bezug genommen (Anlagen BR7, BR10 und BR12, Bl. 35, 39 und 42 d. A.).

Die Betriebsratsvorsitzende lud die Mitglieder des Betriebsrats mit E-mail vom 06.02.2017 zu einer am 08.02.2017 vorgesehenen ordentlichen Betriebsratssitzung ein unter Hinweis auf die Tagesordnung u.a. mit dem TOP 7 "Info/Beratung/Beschluss - Weiteres Vorgehen des BR hinsichtlich der Erfassung der Arbeitszeit und der Nutzung der Arbeitszeiterfassungsformulare". Ausweislich des auszugsweise vorgelegten Protokolls der Betriebsratssitzung vom 08.02.2017 beschloss der Betriebsrat zu TOP 7 einstimmig das Folgende:

"Zur Unterlassung des durch die Anweisung der Kommens- und Gehenszeiten sowie der betrieblichen Implementierung von Erfassungsverfahren im Hinblick auf Kommens- und Gehenszeiten und ggf. auch Arbeitszeiten eingetretenen Verstoßes gegen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates beschließt der Betriebsrat die Arbeitsrechtskanzlei Bechert Rechtsanwälte - (RAin C. A., RA M. B., RAin A. B.) - mit der Einleitung und Durchfüh...

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