Entscheidungsstichwort (Thema)

Erledigung des Rechtsstreits nach Teilklagerücknahme

 

Leitsatz (amtlich)

Erledigen die Parteien den Rechtsstreit nach einer Teilklagerücknahme durch Vergleich, entfallen die Gerichtsgebühren nicht gemäß der Vorbemerkung 8 der Anlage 1 zum GKG

 

Normenkette

GKG Anlage 1; Vorbemerkung 8

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 10.07.2009; Aktenzeichen 46 AR 99013/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Juli 2009 – 46 AR 99013/09 – geändert:

Die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenansatz der … Kostenrechnung vom 31. März 2009 zur Kostensollbuchnummer … 4090708504007 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger hat in dem diesem Beschwerdeverfahren vorausgegangenen Rechtsstreit Kündigungsschutzklage erhoben. Er hat ferner im Wege der allgemeinen Feststellungsklage die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit fortbesteht sowie im Wege des unechten Hilfsantrags die Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung verlangt.

In der mündlichen Verhandlung vom 26. März 2009 hat der Kläger die allgemeine Feststellungsklage zurückgenommen. Die Parteien haben anschließend den Rechtsstreit durch gerichtlich protokollierten Vergleich beigelegt, ohne dabei eine Kostenregelung zu treffen.

Das Arbeitsgericht hat durch Kostenrechnung vom 31. März 2009 für die Beklagten die Hälfte einer Gebühr nach Nr. 8211 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz in Ansatz gebracht. Die Beklagte hat gegen diesen Kostenansatz Erinnerung eingelegt. Das Arbeitsgericht hat der Erinnerung durch Beschluss vom 10. Juli 2009 abgeholfen und die Beschwerde zugelassen. Wenn der Gebührentatbestand der Nr. 8211 Nr. 1 der Anlage 1 zum GKG gegeben sei, was dahinstehen könne, müssten die Kosten der teilweisen Klagerücknahme gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO dem Kläger auferlegt werden. Der Beklagten seien durch den Vergleich Kosten der Teilklagerücknahme nicht auferlegt worden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Landeskasse. Die in Ansatz gebrachte Gebühr sei entstanden und durch den Vergleich nicht in Wegfall geraten; sie falle zur Hälfte der Beklagten zur Last.

Die Beklagte verteidigt den angefochtenen Beschluss. Der geschlossene Vergleich habe zur endgültigen Beilegung des Rechtsstreits geführt und sei deshalb als Gesamtvergleich anzusehen; nach der Vorbemerkung 8 der Anlage 1 zum GKG seien daher Gerichtsgebühren entfallen. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass sie – die Beklagte – infolge einer Klagerücknahme Kosten tragen müsse, was unsinnig sei. Die Kosten könnten auch nicht gemäß § 98 ZPO als gegeneinander aufgehoben angesehen werden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG statthafte Beschwerde der Landeskasse ist begründet.

Die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenansatz der der Kostenrechnung vom 31. März 2009 zur Kostensollbuchnummer 4090708504007 erweist sich als unbegründet, was zur Änderung des angefochtenen Beschlusses führt.

1. Durch die Klage sind nach Nr. 8210 der Anlage 1 zum GKG 2,0 Verfahrensgebühren entstanden, deren Höhe sich gemäß § 40 GKG nach dem Streitwert im Zeitpunkt der Klageeinreichung (9.265,42 EUR) bestimmt. Die Gebühren ermäßigten sich nach Nr. 8211 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 der Anlage 1 zum GKG auf eine 0,4 Gebühr, nachdem der Klageantrag zu 2) zurückgenommen worden war und die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich beilegten. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem Vergleich um einen Teilvergleich, weil durch ihn die mit dem Klageantrag zu 2) verfolgte Klage, die den Streitwert erhöht und daher zu gerichtlichen Kosten geführt hat, durch ihn nicht erledigt wurde; dass die Rechtshängigkeit des Klageantrags zu 2) vor Vergleichsabschluss endete, ist dabei ohne Belang.

2. Die Gerichtsgebühren sind nicht nach der Vorbemerkung 8 der Anlage 1 zum GKG entfallen. Dies setzt eine Beendigung des gesamten Verfahrens durch gerichtlichen Vergleich voraus, während im vorliegenden Fall lediglich ein Teilvergleich abgeschlossen wurde. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Vergleich habe sämtliche noch rechtshängigen Ansprüche erledigt und müsse deshalb als Gesamtvergleich angesehen werden. Die gerichtlichen Gebühren bestimmen sich nach dem Wert der im Zeitpunkt der Klageeinreichung anhängigen Streitgegenstände. Diese müssen vollständig durch Vergleich erledigt werden, damit entstandene Gerichtsgebühren nach der Vorbemerkung 8 der Anlage 1 zum GKG entfallen können; das Zusammentreffen von Teilklagerücknahme und Teilvergleich erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

3. Die Gerichtsgebühren sind auch nicht nach Nr. 8210 Abs. 2 der Anlage 1 zum GKG entfallen, weil nicht das gesamte Verfahren ohne streitige Verhandlung erledigt wurde; vielmehr haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung zumindest hinsichtlich der Klageanträge zu 1) und 3) aus der Klageschrift vor Abschluss des Vergleichs streitig verhandelt.

4. Die Beklagte haftet gemäß § 29 N...

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