Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruflicher Vergleich vor Beiordnung. kein Gebührenanspruch gegen Landeskasse. Voraussetzungen des Gebührenanspruchs des beigeordneten Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
Ein Gebührenanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Landeskasse setzt voraus, dass der Rechtsanwalt während seiner Beiordnung anwaltlich tätig geworden ist; dass der Gebührenanspruch während der Beiordnung entsteht (widerruflicher Vergleich vor Beiordnung, Ablauf der Widerrufsfrist nach Beiordnung) genügt nicht.
Normenkette
RVG § 48
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 15.05.2012; Aktenzeichen 8 Ca 612/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. Mai 2012 - 8 Ca 612/11 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht kann auch ohne eine vorherige Abhilfeentscheidung der Vorinstanz über die Beschwerde entscheiden, zumal angesichts der unveränderten Angriffe der Beschwerdeführer gegen die Ablehnung der Vergütungsfestsetzung, die das Arbeitsgericht im Erinnerungsverfahren nicht zu einer Änderung seiner Entscheidung bewogen haben, nicht mit einer Abhilfe der Beschwerde zu rechnen ist (vgl. hierzu OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 24. Mai 2002 - 5 W 4/02 - MDR 2002, 1391; OLG Stuttgart, Beschluss vom 27. August 2002 - 14 W 3/02 - MDR 2003, 110 f.).
2. Die nach § 56 Abs. 2 RVG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG, 569 Abs. 2 ZPO) ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat der Erinnerung der Beschwerdeführer zu Recht nicht abgeholfen. Die Beschwerdeführer haben gegen die Landeskasse keine Gebührenansprüche; der Festsetzungsantrag vom 5. September 2011 wurde daher zu Recht zurückgewiesen.
a) Der gegen die Landeskasse gerichtete Gebührenanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts bestimmt sich nach dem Beschluss, durch den Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist, § 48 Abs. 1 RVG. In zeitlicher Hinsicht bedeutet dies, dass nur Handlungen des Rechtsanwalts, die während seiner Beiordnung vorgenommen wurden, einen Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse begründen können (vgl. LAG Nürnberg, Beschluss vom 28. Januar 2011 - 7 Ta 96/10 - JurBüro 2011, 377; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Auflage 2010, § 48 Rn. 103).
b) Im vorliegenden Fall wurde durch Beschluss vom 8. August 2011 Prozesskosten-hilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts M. H. mit Wirkung ab 24. Mai 2011 bewilligt. Während dieser Beiordnung sind anwaltliche Tätigkeiten der Beschwerdeführer nicht mehr erfolgt, so dass auch Gebührenansprüche gegen die Landeskasse nicht entstehen konnten. Soweit die Beschwerdeführer hiergegen einwenden, die anwaltliche Einigungsgebühr sei erst mit Ablauf der Widerrufsfrist am 5. August 2011 und damit nach dem Beiordnungszeitpunkt entstanden (Nr. 1000 Abs. 3 RVG-VV), trifft dies zwar zu, rechtfertigt jedoch kein anderes Ergebnis. Es genügt für den Gebührenanspruch gegen die Landeskasse nicht, dass der Gebührentatbestand während der Beiordnung des Rechtsanwalts entsteht, sondern es muss auch die anwaltliche Tätigkeit, die den Gebührenanspruch begründet, während der Beiordnung vorgenommen worden sein; hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
3. Die Entscheidung ergeht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gebührenfrei; sie ist unanfechtbar.
Fundstellen
Haufe-Index 3326283 |
AGS 2012, 481 |