Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Ausgleichsklausel
Leitsatz (amtlich)
Eine Ausgleichsklausel, mit der alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abgegolten sein sollen, kann auch ein Arbeitgeberdarlehen miterfassen.
Jedenfalls dann, wenn das Darlehen gewährt wurde, um Gesellschaftsanteile in einer stillen Gesellschaft zu erwerben in der Gesellschaft des Arbeitgebers.
Wenn der Insolvenzverwalter eine solche Ausgleichsklausel in einer Abwicklungsvereinbarung verwendet, spricht dies für eine umfassende Ausgleichsklausel, die auch die Rückforderung des gewährten Darlehens miterfaßt.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 20.07.2006; Aktenzeichen 2 Ca 2768/05) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 20.07.2006 – 2 Ca 2768/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über das Bestehen eines Darlehensrückforderungsanspruchs des Klägers.
Der Kläger ist durch Beschluss des Amtsgerichts Bad Homburg von der Höhe vom 17.12.2003 zum Insolvenzverwalter in dem Verfahren über das Vermögen der A. L. Flugreisen GmbH & Co Luftverkehrs-KG (von nun an: Insolvenzschuldnerin) bestellt worden. Die Parteien trafen nach Insolvenzeröffnung eine Abwicklungsvereinbarung, mit der das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 09.01.2004 aufgehoben wurde. In dieser Abwicklungsvereinbarung heißt es unter Ziffer 7:
„Mit der Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich welchen Rechtsgrundes, seien sie bekannt oder unbekannt abgegolten und erledigt.
Unberührt bleiben Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind und geltend gemacht werden können.
Davon erfasst sind insbesondere die Ansprüche aus der einzelvertraglichen und/oder tarifvertraglichen Altersversorgung, sofern diese unwiderruflich bezugsberechtigt sind.
Unberührt bleiben weiterhin mögliche Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit tarifvertraglichen Vereinbarungen wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Die Parteien sind sich insbesondere einig darüber, dass über die vorliegende Vereinbarung und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung geführt wird, mit Ausnahme nicht erfüllter Ansprüche aus Ziffer (6) Satz 2. Der Arbeitnehmer erhebt keine Einwände gegen die betriebsbedingte Kündigung vom 17.12.2003. Auf das Recht, das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend zu machen, wird verzichtet. Eine evtl. erhobene Kündigungsschutzklage wird der/die Arbeitnehmer/in unverzüglich nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung zurücknehmen.”
Am 28.02.1999 hatte die Insolvenzschuldnerin als Arbeitgeberin des Beklagten mit diesem einen Darlehensvertrag auf Grund eines Darlehensantrages des Beklagten vom 07.12.1998 über DM 30.000,– geschlossen. In dem Darlehensvertrag heißt es u. a.:
„§ 2 Zweck des Darlehens, Auszahlung
1. Das Darlehen dient ausschließlich zur Finanzierung der Beteiligung als Gesellschafter an der A. L. Mitarbeiter Beteiligungsgesellschaft Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung (nachfolgend: „AMB” genannt).
…
§ 3 Laufzeit, Kündigung
1. …
2. Scheidet der Darlehensnehmer vor diesem Datum als Arbeitnehmer aus der AEF KG aus, ist das Darlehen zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus der AMB zur Rückzahlung fällig. Es wird mit der Auszahlung aus dem Guthaben des Darlehensnehmers bei der AMB verrechnet. Dies gilt entsprechend für den Fall des Todes des Mitarbeiters. …”
Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils abgesehen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) hat mit Urteil vom 20.07.2006 die Klage des Insolvenzverwalters auf Rückzahlung des fällig gewordenen Darlehens in der noch verbliebenen Resthöhe abgewiesen. Im Wesentlichen hat es ausgeführt, dass der Anspruch des Klägers durch die Ausgleichsklausel der Abwicklungsvereinbarung verfallen sei. Diese Klausel erfasse auch Ansprüche aus dem Darlehen. Die Auslegung der Ausgleichsklausel sei nicht eindeutig und, weil es sich bei der Abwicklungsvereinbarung um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB handele, Zweifel bei der Auslegung würden dem Kläger als Verwender zur Last fallen, § 305 c Abs. 2 BGB.
Der Kläger hat gegen das ihm am 08.08.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) – 2 Ca 2768/05 – vom 20.07.2006 am 01.09.2006 Berufung eingelegt und diese form- und fristgerecht begründet. Er ist der Ansicht, die Abwicklungsvereinbarung sei keine Allgemeine Geschäftsbedingung, weil sie als Anlage 3 urkundlicher Bestandteil des am 17.12.2003 zwischen dem Kläger und den beteiligten Arbeitnehmervertretungen (Gesamtbetriebsrat, Personalvertretung Kabine und Cockpit) geschlossene Interessenausgl...