Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbleibende Tätigkeit bei Umsetzung zwischen zwei Grundschulen. Bewertung des Begriffs "auszuübende" Tätigkeit für Eingruppierung nach Inhalt und nicht nach Ort
Leitsatz (amtlich)
Allein die Umsetzung einer Lehrkraft von einer Grundschule an eine andere Grundschule stellt keine Änderung der auszuübenden Tätigkeit dar, welche zum Wegfall der bisherigen Eingruppierung führt.
Normenkette
TV EntgO-L § 11; TVÜ-L § 29 a Abs. 2; ZPO § 97
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 29.07.2020; Aktenzeichen 56 Ca 9196/19) |
Tenor
I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29.07.2020 - 56 Ca 9196/19 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 19. November 2008 bei der Beklagten als Lehrkraft beschäftigt. Ursprünglich erhielt er eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Nach Inkrafttreten des Tarifvertrags über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder vom 28. März 2015 (TV EntgO-L) blieb der Kläger zunächst in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert.
Der Kläger war bis zum Schluss des Schuljahres 2017/2018 an der H-Grundschule in Berlin-Neukölln beschäftigt und wurde für das Schuljahr 2018/2019 an die W-Grundschule in Berlin-Treptow Köpenick abgeordnet. Seit dem Schuljahr 2019/2020 wird der Kläger an dieser Grundschule auf Dauer eingesetzt. Seit dem 1. August 2019 vergütet das beklagte Land ihn nach Entgeltgruppe 9, was es dem Kläger mit Schreiben vom 8. Juli 2019 (Blatt 22 der Akte) vorab mitteilte.
Mit der beim Arbeitsgericht am 26. Juli 2019 eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, auch weiterhin nach der Entgeltgruppe 10 vergütet zu werden. Er hat vorgetragen, dass die Besitzstandsregelung weiterhin für ihn gelte, da mit der Umsetzung an die Wendenschloss-Grundschule keine Änderung der Tätigkeit als Grundschullehrer verbunden sei. Auf den Einsatzort komme es dabei nicht an.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihn ab 1. August 2019 weiter mit der Entgeltgruppe E10 TV EntgO-L zu vergüten.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat vorgetragen, dass die Besitzstandsregelung nach der Umsetzung nicht mehr eingreife. Eine im Sinne der Besitzstandsregelung unveränderte Tätigkeit läge nur vor, solange die jeweilige Lehrkraft ihre Tätigkeit an derselben Schule verrichte.
Mit Urteil vom 29. Juli 2020 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger gemäß § 11 TV EntgO-L in Verbindung mit § 29 a Absatz 2 TVÜ-Länder einen Anspruch auf Beibehaltung der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 TV-L habe, weil er auch nach der Umsetzung an die Wendenschloss-Grundschule eine unveränderte Tätigkeit ausübe. Mit dem Begriff "Tätigkeit" knüpfe der Tarifvertrag an das Handeln und nicht an den Ort des Handelns des Arbeitnehmers an. Auch sei der Ort der der Tätigkeit regelmäßig für die Eingruppierung nicht maßgeblich. Schließlich stelle auch § 12 Absatz 1 Satz 1 TV-L auf die Tätigkeit und nicht den Ort der Tätigkeit ab.
Gegen dieses dem beklagten Land am 2. September 2020 zugestellte Urteil richtet sich seine am 29. September 2020 eingegangene und mit am 28. Oktober 2020 eingegangenem Schriftsatz begründete Berufung. Es trägt vor, dass auch eine Veränderung des Arbeitsortes eine Veränderung der auszuübenden Tätigkeit darstelle. Sie stelle darüber hinaus regelmäßig eine mitbestimmungspflichtige personelle Einzelmaßnahme dar. Deshalb sei nunmehr der TV EntgO-L anzuwenden, nach dessen Vorschriften der Kläger in die Entgeltgruppe 9 TV-L einzugruppieren sei.
Das beklagte Land beantragt,
das am 29. Juli 2020 verkündete, am 2. September 2020 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Berlin abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger trägt vor, die Eingruppierung richte sich nach der nicht nur vorübergehend ausgeübten Tätigkeit und nicht nach dem Arbeitsort, so dass dessen Änderung für die auszuübende Tätigkeit irrelevant sei. Auch läge in der Versetzung des Klägers keine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit.
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien in der zweiten Instanz wird auf die Schriftsätze des beklagten Landes vom 28. Oktober 2020 (Blatt 68 bis 70 der Akte), des Klägers vom 26. November 2020 (Blatt 77 bis 79 der Akte) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2020 (Blatt 80 bis 81 der Akte) verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist gemäß §§ 8 Absatz 2, 64 Absatz 2 Buchstabe b) und Absatz 6, 66 Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), 519 Zivilprozessordnung (ZPO) statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden und wurde gemäß §§ 64 Absatz 6 ArbGG, 520 Absatz 3 Nummer 2 ZPO ausreichend begründet.
II. Die Berufung ist erfolglos. Das Arbeitsgericht ...