Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit von Feststellungsklagen auf Zahlung einer höheren tarifvertraglichen Vergütung im öffentlichen Dienst. Eingruppierung einer Lehrkraft
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat eine Lehrkraft mit einem Studium nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 4 LBiG in der bis zum 19. Februar 2014 geltenden Fassung ihre Tätigkeit an einer Grundschule auszuüben, ist für die Zuordnung nach Abs. 1 S. 4 der Anlage zum TV EntgO-L die Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, in welcher eine Lehrkraft mit einem Studium nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 LBiG in der bis zum 19. Februar 2014 geltenden Fassung eingestuft wäre.
2. Bei der hypothetischen Beamtin handelt es sich nicht um eine sogenannte "Erfüllerin" im Sinne des Abschnittes 1 der Anlage zum TV EntgO-L, sondern um eine Person, welche ein Lehramtsstudium nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 des LBiG in der bis zum 19. Februar 2014 geltenden Fassung absolviert hätte. Daraus folgt nicht eine hypothetische Besoldung nach der A 13, sondern lediglich nach der A 12 und in der Folge eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10.
3. Das sich aus der Protokollerklärung Nr. 12 Abs. 2a zu Abschnitt 2 der Ziffer 2 der Anlage zum TV EntgO-L in Verbindung mit § 29a Abs. 7 TVÜ-L in der Fassung von § 11 TV-L ergebende Erfordernis der Antragstellung stellt eine wirksame Fristenregelung dar.
Normenkette
ZPO § 256; BGB § 611a; TV-L Entgeltgruppe 12; TV-L § 15 Abs. 1, § 44 Nr. 1 S. 1 Nr. 2a; TV EntgO-L § 3
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 01.08.2023; Aktenzeichen 59 Ca 9015/22) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 01.08.2023 - 59 Ca 9015/22 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin.
Die 37 Jahre alte Klägerin ist seit dem 25.06.2019 bei dem beklagten Land als vollbeschäftigte Lehrkraft beschäftigt. Sie ist seit dem 4.2.2024 verbeamtet.
Die Klägerin ist im Grundschulbereich tätig und hat einen wissenschaftlichen Hochschulabschluss, der sie zum Unterrichten des Schulfachs Bildende Kunst befähigt.
Im Arbeitsvertrag wurde u.a. folgendes vereinbart:
"§ 2 geltendes Tarifrecht
(1) Für das Arbeitsverhältnis gelten
der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)
der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) sowie
die Tarifverträge, die den TV-L und den TVÜ-Länder ergänzen, ändern oder ersetzen
in der Fassung, die für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und für das Land Berlin jeweils gilt, solange das Land Berlin hieran gebunden ist.
Außerdem gelten die beim Land Berlin geltenden sonstigen Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung, solange das Land Berlin hieran gebunden ist.
(2) ...
§ 4 Eingruppierung, Regelung zum Direktionsrecht
Die Lehrkraft ist in der Entgeltgruppe 10 eingruppiert (§ 12 Abs. 2 TV-L in der Fassung des
§ 3 des Tarifvertrages über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für Lehrkräfte der Länder (TV EntgO-L).
..."
Auf den Arbeitsvertrag Bl. 10 - 14 d.A. wird verwiesen.
Das beklagte Land nahm die Eingruppierung der Klägerin zum 25.6.2019 entsprechend dem Abschnitt 2 Ziffer 2 der Entgeltordnung der Anlage zum TV EntgO-L in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung vor und gruppierte die Klägerin in die Entgeltgruppe 10 TV-L ein.
Die Tarifvertragsparteien hatten am 2. März 2019 den 3. Änderungstarifvertrag zum TV EntgO-L ausverhandelt. Dieser wurde erst am 21. Januar 2020 unterzeichnet. Mit Rückwirkung auf den 1. August 2019 wurde die Entgeltordnung Lehrkräfte (Anlage zum TV EntgO-L) im Abschnitt 2 Ziffer 2 in der Protokollerklärung geändert.
Mit Schreiben vom 9.12.2019 teilte das beklagte Land der Klägerin mit, dass für die Stufenzuordnung insgesamt 5 Jahre und 95 Tage an Vorbeschäftigungszeiten berücksichtigt werden und sie daher rückwirkend ab dem 25.6.2019 ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 10 Stufe 3 TV-L erhalte (auf Bl. 16 d. A. wird verwiesen).
Mit Schreiben vom 1.12.2021 (Bl.17 d. A.) machte die Klägerin die rückwirkende Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 Stufe 3 TV-L geltend. Dies lehnte das beklagte Land mit Schreiben vom 13.4.2022 mit Hinweis auf die versäumte Ausschlussfrist ab.
Mit ihrer beim Arbeitsgericht Berlin am 15.9. 2022 eingegangenen, dem beklagten Land am 23.9. 2022 zugestellten Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt.
Die Klägerin hat behauptet, erst Ende 2021 von der Änderung des Tarifvertrages erfahren zu haben.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass ihr das Entgelt der Entgeltgruppe 12 des TVL auf der Grundlage des durch den 3. Änderungstarifvertrag neugestalteten TV EntgO-L zustehe. Die Eingruppierung ergebe sich aus § 12 I TV-L in der Fassung des § 3 EntgO-L in Verbindung mit Abschnitt 2 Ziffer 2 der Anlage zum TV EntgO-L in der ab 1.8.2019 geltenden Fassung.
Die Umgruppierung sei zum 1. August 2019 wirksam geworden, ohne dass es eines Antrages von ihr bedurft hätte. Nach Sinn und Zweck der Protokollerkläru...