Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Arbeitnehmern einen vollständig tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
Normenkette
BGB § 618; ArbeitsstettV § 5; NRSG § 8
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 20.09.2006; Aktenzeichen 29 Ca 7261/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. September 2006 – 29 Ca 7261/06 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte betreibt eine Spielbank. Der Kläger ist dort seit 1978 beschäftigt. Seit 1999 wird er als Tisch-Chef am Roulette eingesetzt. Er hat ein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen von etwa 5.000,00 EUR. Die ursprünglich im E.-Center eingerichtete Spielbank zog 1998 an den P. Platz um. Dort ist der Kläger aktuell beschäftigt. Die Spielbank wird täglich von etwa 2000 Gästen besucht. Im gesamten Spielsaal herrscht kein Rauchverbot. Auch gibt es keine Roulettetische und andere Spieltische, an denen Spieler einem Rauchverbot unterliegen würden. Abweichend davon existierten in der früheren Spielbank im E.-Center Nichtraucherspieltische.
Im Spielsaal befindet sich auch ein Barbereich, der räumlich nicht davon getrennt ist (Skizze Bl. 204 d.A.). Dieser wird von einem anderen Unternehmen betrieben.
Der Kläger arbeitet auf eigenen Wunsch in Teilzeit (50 %). Sein Einsatz erfolgt seinen Vorstellungen entsprechend so, dass er monatsweise vollschichtig arbeitet und anschließend lange Freizeitphasen hat. Seine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt 34 Stunden, wobei er regelmäßig nach vier Arbeitstagen drei Tage frei hat. Bei einem Einsatz am Spieltisch hat der Kläger regelmäßig nach einer Stunde Arbeitszeit eine Pause von 15 Minuten. Diese kann er in einer von der Beklagten eingerichteten Nichtraucherkantine in rauchfreier Umgebung verbringen.
Der Kläger hat behauptet, seit dem Jahre 2000 an chronischer Bronchitis, Entzündungen der Augenschleimhäute sowie an Schwellungen der Nasenschleimhäute verbunden mit Luftnot und Schweißausbrüchen sowie einer starken Herz-Kreislauf-Belastung am Arbeitsplatz zu leiden. Die Beschwerden verschlimmerten sich zunehmend, wenn er seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachkomme. Ohne intensive Medikation könne er seine Tätigkeit nicht mehr ausüben, wie von ihm eingereichten ärztlichen Bescheinigungen zu entnehmen sei (Bl. 43, 49 und 50 d.A.). Der Kläger hat
die Auffassung vertreten, nach § 618 Abs. 1 BGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Arbeitsstättenverordnung sei die Beklagte verpflichtet, ihm einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm während seiner Dienstzeit im Spielsaal für das Klassische Spiel einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Auffassung hat sie alles ihr Zumutbare getan, um die Belastung der Atemluft durch Tabakrauch so gering wie möglich zu halten. Das erst in den 90iger Jahren errichtete Gebäude, in dem sich die Spielbank jetzt befinde, verfüge über eine moderne Klimaanlage, die für die jeweils gewünschte Temperatur in den Räumlichkeiten sorge. Diese enthalte auch eine Be- und Entlüftungsanlage, die regelmäßig gewartet werde. Ferner verfüge die Klimaanlage auch über eine Luftbefeuchtungsanlage, die dafür sorge, dass die Luft im Spielsaal des Klassischen Spiels durch das Rauchen von Zigaretten nicht ausgetrocknet würde. Mit diesen Anlagen würden die Luftverunreinigungen durch Tabakrauch auf ein Minimum verringert. Die in der früheren Spielstätte der Beklagten vorhandenen Nichtraucherspieltische hätten sich nicht bewährt. Einerseits sei das Rauchverbot nur sehr schwer durchsetzbar gewesen, andererseits habe sich der Tabakrauch im gesamten Raum verbreitet und auch die als tabakrauchfrei deklarierten Spieltische erfasst. Es sei ihr auch nicht zuzumuten, ihre Spielsäle in einer dem Anliegen des Klägers entsprechenden Weise umzubauen. Rauchfreie Spieltische würden gegenwärtig nicht nachgefragt noch hätten sie sich in der früheren Spielstätte einer gewissen Beliebtheit erfreut. Ganz im Gegenteil würde ein generelles Rauchverbot dazu führen, dass zahlreiche Gäste wegblieben und stattdessen die Konkurrenzunternehmen in der Region aufsuchen würden, wo sie rauchend dem Spiel nachgehen könnten.
Mit einem 20. September 2006 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Berlin – 29 Ca 7261/06 – die Klage abgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass es an einer ausreichenden Grundlage für den vom Kläger verfolgten Anspruch fehle. Ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus § 5 Abs. 1 der Arbeitsstättenverordnung in Verbindung mit § 618 BGB. Danach habe der Arbeitgeber die ...