Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Beschäftigungszeiten im Rahmen des Bewährungsaufstiegs. Unbegründete Feststellungsklage bei Unterbrechung der Bewährungszeit durch Elternzeit
Leitsatz (amtlich)
§ 23 a Satz 2 Nr. 4 d BAT verstößt nicht gegen höherrangiges Recht und ist wirksam.
Leitsatz (redaktionell)
1. § 23a Satz 2 Nr. 4 Buchst. d BAT enthält keine unmittelbar benachteiligende Wirkung; die Norm knüpft nicht an das Geschlecht sondern an die Elternzeit an, die gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BEEG von Männern und Frauen in Anspruch genommen werden kann.
2. § 23a Satz 2 Nr. 4 Buchst. d BAT führt auch nicht zu einer nach §§ 7 Abs. 1, 2 AGG und §§ 1, 3 Abs. 2 AGG untersagten mittelbaren Benachteiligung von Frauen, die Elternzeit in Anspruch nehmen.
3. Die Regelungen des § 23a Satz 1 und Satz 2 Nr. 4 BAT führen auch dann nicht zu einer rechtswidrigen mittelbaren Geschlechterbenachteiligung, wenn nur auf die von § 23a S. 2 Nr. 4 Buchst. d BAT erfasste Teilgruppe der Beschäftigten, die Elternzeit beanspruchen, abgestellt wird.
4. Die Annahme der Tarifvertragsparteien, dass Beschäftigte, die ihre Tätigkeit länger als sechs Monate unterbrechen, ihre gesammelten Kenntnisse und Erfahrungen teilweise wieder verlieren, ist gerechtfertigt, denn nur eine kontinuierliche Arbeit gewährleistet zumindest gleichbleibende Leistungen und die Vertiefung der Kenntnisse und Erfahrungen, so dass langfristig von einer Leistungssteigerung ausgegangen werden kann.
5. Haben einzelne Beschäftigte insgesamt über fünf Jahre Elternzeit beansprucht, ist eine Anrechnung von Zeiten der Arbeitstätigkeit, die vor der Beendigung der letzten Elternzeit liegen, nach den Regelungen des BAT auch unionsrechtlich nicht geboten.
Normenkette
BAT § 23a; BGB §§ 242, 249 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2; BEEG § 15 Abs. 1 S. 1; AGG §§ 1-2, 3 Abs. 2, § 7 Abs. 1; BAT § 23a Sätze 1, 2 Nr. 4 Buchst. d; TVÜ-Länder/Berlin §§ 5, 8 Abs. 2; EURL 18/2010 Anhang § 5 Nr. 2 Fassung: 2010-03-18; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 01.11.2012; Aktenzeichen 58 Ca 8326/12) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 01.11.2012 - 58 Ca 8326/12 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die vor der Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub bzw. Elternzeit zurückgelegte Tätigkeit der Klägerin an tariflichen Bewährungsaufstieg zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin ist aufgrund eines Arbeitsvertrages seit dem 15. April 1991 bei dem beklagten Land beschäftigt und war seit diesem Tage in die Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert.
Die Klägerin ist als Diplom-Psychologin in der J. Berlin beschäftigt und erhält Vergütung gemäß der Entgeltgruppe E 14 UE der Anlage A zum TV-L.
In der Zeit vom 23. Juli 1997 bis zum 26. Mai 2000 und in der Zeit vom 27. Februar 2001 bis zum 22. Oktober 2003 befand sich die Klägerin im Erziehungsurlaub. Insgesamt ruhte das Arbeitsverhältnis der Parteien fünf Jahre und sechs Monate.
Mit Schreiben vom 2. August 2000 (Ablichtung Bl. 7 d. A., Anlage zur Klageschrift) hatte das beklagte Land, vertreten durch die J. Berlin, der Klägerin bezüglich ihrer zweiten Schwangerschaft ein "Merkblatt für Erziehungsurlaub" übersandt, hinsichtlich dessen Inhalt auf Ablichtung auf Bl. 8 und 9 d. A. Bezug genommen wird (Anlage zur Klageschrift).
Durch ein Urteil vom 31. Juli 2007 wies das Arbeitsgericht Berlin eine Klage der Klägerin auf Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe I b der Anlage 1 a zum BAT mit Wirkung vom 15. April 2006 ab (91 Ca 15524/06). Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin wies das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg durch ein Urteil vom 5. Oktober 2007 zurück (22 Sa 693/07).
Zum 1. Oktober 2010 trat im Bereich des beklagten Landes der Tarifvertrag zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft der Deutschen Länder in Kraft, der grundsätzlich die Anwendung des TV-L regelt.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2011 teilte das beklagte Land der Klägerin mit, ihre Vergütung II a BAT werde gemäß der Anlage 2 zu § 4 TVÜ-Länder Teil A der Entgeltgruppe E 13 UE des TV-L zugeordnet (Ablichtung Bl. 31 - 34 d. A., Anlage zur Klageerwiderung).
Mit Schreiben vom 26. September 2011 beantragte die Klägerin bei dem beklagten Land die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 14 des TV-L im Rahmen des Bewährungsaufstiegs (Ablichtung Bl. 35 d. A., Anlage zur Klageerwiderung). Mit Schreiben vom 8. März 2012 lehnte das beklagte Land dies ab (Ablichtung Bl. 36 - 38 d. A., Anlage zur Klageschrift).
Mit einer am 29. Mai 2012 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen, dem beklagten Land am 5. Juni 2012 zugestellten Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass das beklagte Land verpflichtet sei, der Klägerin seit dem 1. Oktober 2011 Vergütung nach der Entgeltgruppe 14 des TV-L zu...