Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Erhebung von Beitragszahlungen zum Sozialkassenverfahren im Baugewerbe aufgrund des SokaSiG. Verfassungsmäßigkeit des SokaSiG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Trotz der dort angeordneten sogenannten echten Rückwirkungen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des SokaSiG.

2. Zwar errechnet sich der abzuführende Beitrag gem. § 18 Abs. 2 VTV-Bau aus einem bestimmten Prozentsatz der Bruttolohnsumme. Diese wiederum richtet sich nach steuerrechtlichen und nicht nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen.

3. Ist der Arbeitgeber strafrechtlich wegen Nichtabführung von Beiträgen zur Sozialversicherung verurteilt worden, so ist die Einzugsstelle darlegungs- und beweispflichtig, dass der Arbeitgeber im Tatzeitraum höhere als den im Strafurteil festgestellten Nettolohn zur Auszahlung gebracht hat.

 

Normenkette

VTV § 18; SoKaSiG § 1; SokaSiG § 7

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 07.09.2017; Aktenzeichen 62 Ca 61164/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.09.2019; Aktenzeichen 10 AZR 531/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 07. September 2017 - 62 Ca 61164/15 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:

1. Das Versäumnisurteil vom 17. März 2016 wird aufgehoben soweit die Beklagte darin verurteilt worden ist, an den Kläger mehr als 119.039,51 EUR zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten erster Instanz hat die Beklagte zu 25 Prozent und der Kläger zu 75 Prozent zu tragen mit der Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 17. März 2016 entstandenen Kosten. Diese hat die Beklagte zu tragen.

Die Kosten zweiter Instanz hat die Beklagte zu 64 Prozent und der Kläger zu 36 Prozent zu tragen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch auf Beitragszahlungen in Höhe von 184.725,38 EUR hat.

Wegen des diesem Streit zugrunde liegenden unstreitigen Sachverhaltes und des streitigen Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 186 - 189 d. A.) sowie auf die zwischen den Parteien in der Eingangsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Durch Urteil vom 07. September 2017 hat da Arbeitsgericht Berlin das am 17. März 2016 gegen die beklagte ergangene Versäumnisurteil in Höhe von 184.725,38 EUR aufrechterhalten und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch auf Beitragszahlung sei in dieser Höhe begründet, da der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren des Baugewerbes (VTV) auf den Betrieb der Beklagten aufgrund des verfassungsgemäßen SokaSiG anwendbar sei und sich die Beitragssumme aus der in dem gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Beklagten ergangenen Strafurteil ausgewiesenen Bruttolohnsummen von 1.109.287,47 EUR errechnen lasse. Aufgrund dieses Strafurteils sei auch davon auszugehen gewesen, dass die Beklagte die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zwischenzeitlich nachentrichtet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung der Entscheidung wird auf die dortigen Gründe (Bl. 189 - 197 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses ihr am 21. September 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 23. Oktober 2017 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21. Dezember 2017, mit am 21. Dezember 2017 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie bestreitet die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nachentrichtet zu haben und meint, das Strafurteil stelle lediglich fest, dass die Beklagte zur Entrichtung in der Lage gewesen sei zum damaligen Zeitpunkt, über die tatsächliche Zahlung seien keinerlei Ausführungen enthalten.

Auch sei der VTV aufgrund der Verfassungswidrigkeit des SokaSiG nicht anwendbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf den Berufungsbegründungsschriftsatz vom 21. Dezember 2017 verwiesen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 07. September 2017 - 62 Ca 61164/15 - das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. März 2016 - 62 Ca 61164/15 - soweit die Beklagte darin verurteilt worden ist 184.725,38 EUR zu zahlen, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und tritt den Ausführungen der Beklagten entgegen.

Sie verweist darauf, dass sie hinsichtlich der Nachentrichtung vom Finanzamt keine Auskunft erhalte und hält das einfache Bestreiten der Beklagten nicht für zulässig, da diese ohne weiteres in der Lage sei klar zu äußern und ggf. zu belegen, ob eine Nachentrichtung stattgefunden habe oder nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf den Berufungsbeantwortungsschriftsatz vom 02. Februar 2018 ...

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