Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Erschwerniszulage. Bewährungszeiten vor Inkrafttreten eines Tarifvertrages
Leitsatz (redaktionell)
1. Weder dem Manteltarifvertrag zwischen der Pro Seniore Consulting & Conception für Senioreneinrichtungen AG und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vom 24. September 2004 (MTV Pro Seniore) noch der Zielsetzung des Tarifvertrags, die bisherige Regelungsvielfalt zu beseitigen und unternehmensweit eine Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen zu schaffen, lässt sich entnehmen, dass die Anwendung des MTV Pro Seniore davon abhängig ist, dass unternehmensweit gemäß § 1 Abs. 2 MTV Pro Seniore entsprechende Arbeitsverträge abgeschlossen werden.
2. Kann schon die Kündigung eines Tarifvertrags dessen Weitergeltung nicht beseitigen, gilt dies erst recht für das bloße Führen von Nachverhandlungen durch die Tarifvertragsparteien.
3. Bewährung im Sinne des MTV Pro Seniore meint, dass der Arbeitnehmer in seinen Leistungen nicht beanstandet wurde und er sich für die ihm übertragene Tätigkeit als geeignet erwiesen hat.
Normenkette
MTV P. S. §§ 12, 12b, 24, 16; TVG § 4
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 01.02.2007; Aktenzeichen 38 Ca 18255/06) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 01.02.2007 – 38 Ca 18255/06 – teilweise abgeändert.
1.1 Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit dem 01.06.2006 nach Vergütungsgruppe AP V a der Anlage B – Pflegepersonal – zum Manteltarifvertrag zwischen der Pro Seniore Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft vom 24.09.2006 zu vergüten ist.
1.2 Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.501,16 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 208,43 Euro seit dem 07.07.2006, aus weiteren 208,43 Euro seit dem 07.08.2006, aus weiteren 208,43 Euro seit dem 07.09.2006, aus weiteren 208,43 Euro seit dem 07.10.2006, aus weiteren 208,43 Euro seit dem 07.11.2006, aus weiteren 208,43 Euro seit dem 07.12.2006, aus weiteren 208,43 Euro seit dem 07.01.2007, aus weiteren 208,43 Euro seit dem 07.02.2007, aus weiteren 208,43 Euro seit dem 07.03.2007, aus weiteren 208,43 Euro seit dem 07.04.2007, aus weiteren 208,43 Euro seit dem 07.05.2007 und aus weiteren 208,43 Euro seit dem 07.06.2007 zu zahlen.
2. Die weitergehende Berufung der Beklagten sowie die weitergehende Klage und Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 4,5 % und die Beklagte zu 95,5 %.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist staatlich anerkannte Altenpflegerin und seit dem 1.6.2006 Mitglied der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft. Sie wurde von der Beklagten gemäß Vertrag vom 10./16.5.2000 zum 17.4.2000 als Altenpflegerin mit einem monatlichen Arbeitsentgelt in Höhe von 3.978,00 DM brutto eingestellt. Ihr Einsatz erfolgt in der Station 3 B.
Am 24.9.2004 vereinbarte die P. S. Consulting und Conception für
Senioreneinrichtungen AG und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft
einen Manteltarifvertrag (MTV), der gemäß § 1 Abs.1 i.V.m. der Anlage A auf die Beklagte Anwendung findet. Am selben Tag wurde auch der Vergütungstarifvertrag (VTV) abgeschlossen. Beide sind zwischenzeitlich von der Arbeitgeberseite gekündigt worden. Nach § 12 a MTV besteht die Vergütung der Angestellten unter anderem aus der Grundvergütung, die sich gemäß § 2 VTV nach den Vergütungsgruppen der anliegenden Vergütungstabellen richtet. Die Eingruppierung erfolgt gemäß § 12 MTV nach den Tätigkeitsmerkmalen der in der Anlage B festgelegen Vergütungsordnung. Vorliegend sind folgende Vergütungsgruppen von Interesse:
Vergütungsgruppe AP IV
1. Altenpflegerinnen mit entsprechender Tätigkeit.
Vergütungsgruppe AP V
1. Altenpflegerinnen mit entsprechender Tätigkeit
nach zweijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe AP IV FG 1.
Vergütungsgruppe AP Va
…
3. Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe AP V Fallgruppe 1 nach vierjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe, frühestens jedoch nach sechsjähriger Berufstätigkeit nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis.
Eine Eingruppierung der Arbeitnehmer ist bislang nicht erfolgt. Mit der am 5.10.2006 eingegangenen Klage begehrte die Klägerin die Vergütung nach der VerGr. AP Va seit Juni 2006. Gleichzeitig fordert sie die Nachzahlung
der sich daraus ergebenden Vergütungsdifferenz in Höhe von monatlich 253,43 Euro. Darin sind 45,00 Euro Zulage nach § 16 a MTV enthalten.
Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie am 1.6.2006 die Voraussetzungen des Bewährungsaufstiegs in die VerGr. AP Va erfüllt habe. Sie sei zu keiner Zeit ermahnt oder abgemahnt worden, sondern habe stets zur vollsten Zufriedenheit der Beklagten gearbeitet. Die Bewährungszeiten hätten vor Inkrafttreten des MTV zurückgelegt werden können. Die Erschwerniszulage stehe ihr zu, weil...