Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche des Arbeitnehmers wegen Nichtgewährung rechtzeitig beantragten Jahresurlaubs
Leitsatz (redaktionell)
1. Der gesetzliche Urlaubsanspruch entsteht auch während eines zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbarten unbezahlten Sonderurlaubs.
2. Auch im Falle eines unbezahlten Sonderurlaubs gilt der Grundsatz, dass der gesetzliche Anspruch vor Ablauf eines Zeitraums von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres nicht erlischt.
3. Hat der Arbeitgeber rechtzeitig beantragten Urlaub nicht gewährt, so wandelt sich der daraufhin verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um.
Normenkette
BGB §§ 275, 280; TVöD § 26; BUrlG § 7 Abs. 3; TVöD § 26 Abs. 2 Buchst. c); BGB § 275 Abs. 1, § 274 Abs. 4, § 280 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Cottbus (Entscheidung vom 26.10.2016; Aktenzeichen 2 Ca 1516/15) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 26.10.2016 - 2 Ca 1516/15 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für das Kalenderjahr 2014 Ersatzurlaub im Umfang von 20 Tagen zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen
II. Die Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 6/10 und die Beklagte zu 4/10.
III. Die Revision wird für die Beklagte nicht aber für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Urlaubsansprüche aus den Kalenderjahren 2013, 2014 und 2015.
Die Klägerin ist bei der beklagten Stadt seit dem 1. Juli 1991 als zunächst als vollbeschäftigte Angestellte und später mit unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände jeweils geltenden Fassung sowie die sonstigen für den Arbeitgeber jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung.
Befristet für das Jahr 2013 hatten die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 28 Wochenstunden, verteilt auf vier Tage pro Woche vereinbart (Änderungsvertrag vom 18. Dezember 2012/9. Januar 2013, Anlage B 1, Bl. 35, 36 d. A.). Ab dem 1. Januar 2014 galt wieder eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden verteilt auf fünf Tage pro Woche.
Auf Antrag der Klägerin gewährt die Beklagte der Klägerin in der Zeit vom 1. September 2013 bis zum 31. August 2014 unbezahlten Sonderurlaub. Dieser wurde auf weiteren Antrag der Klägerin bis zum 31. August 2015 verlängert. Im Jahr 2013 wurde der Klägerin unstreitig Urlaub im Umfang von mindestens 16 Urlaubstagen gewährt. Für das Jahr 2015 gewährte die Beklagte der Klägerin insgesamt 23 Tage Urlaub.
Nach ihrer Rückkehr aus dem Sonderurlaub führten die Parteien Gespräche über Urlaubsansprüche der Klägerin, in denen die Beklagte die Auffassung vertrat, die Urlaubsansprüche seien verfallen. Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 12. November 2015 hat die Klägerin mit ihrer am 24. Dezember 2015 beim Arbeitsgericht Cottbus eingegangenen und der Beklagten am 5. Januar 2016 zugestellten Klage die Gewährung weiteren Urlaubs für die Jahre 2013, 2014 und 2015 im Umfang von ursprünglich 90 Tagen geltend gemacht.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, Urlaubsansprüche entstünden auch im ruhenden Arbeitsverhältnis und eine Kürzung dieser Ansprüche sei unzulässig. Sie habe in den Jahren 2013, 2014 und 2015 jeweils einen vollen Jahresurlaubsanspruch von jeweils 30 Tagen pro Kalenderjahr erworben, sodass - unter Berücksichtigung des gewährten Urlaubs - noch 51 Tage Urlaub offen seien. Dies gelte auch für das Jahr 2013. Den Änderungsvertrag habe sie erst am 9. Januar 2013 unterzeichnet. Daher sei die nachträgliche Reduzierung der Arbeitszeit nicht geeignet, die Kürzung ihres Urlaubsanspruchs zu rechtfertigen. Darüber hinaus sei eine Aufspaltung des im Tarifvertrag vorgesehenen einheitlichen Urlaubsanspruchs in einen gesetzlichen und übergesetzlichen Urlaub sei nicht möglich. Weil sie wegen des Sonderurlaubs diese Urlaubsansprüche nicht habe realisieren können, müssten diese übertragen werden, wobei der Übertragungszeitraum ein Kalenderjahr deutlich überschreiten müsse. Ein Verfall sei nicht eingetreten, die von der Beklagten reklamierten Verfallfristen seien nicht europarechtskonform. Daher seien die allgemeinen Verjährungsfristen anzuwenden, die eingehalten seien.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Kalenderjahre 2013, 2014 und 2015 noch 51 Tage Urlaub zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags hat sie die Auffassung vertreten, die Kläger habe bereits mehr Urlaub erhalten, als ihr zustünde. Im Kalen...