Entscheidungsstichwort (Thema)
Erheblichkeit des zeitlichen Anteils schwieriger Tätigkeiten bei Feststellung der Entgeltgruppe. Bewertung Geschäftsstellenverwaltung an Bundesgericht
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Bewertung für die Feststellung der zutreffenden Entgeltgruppe können einheitliche Arbeitsvorgänge berücksichtigt werden.
2. Der in der Tarifvereinbarung festgeschriebene Wille der Tarifvertragsparteien hat Vorrang bei der detaillierten Einteilung von Aufgabenbereichen und Tätigkeitsmerkmalen.
Normenkette
TV-L § 12; TV-L EntgO Teil II Nr. 12; ArbGG § 66 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 07.08.2019; Aktenzeichen 56 Ca 1358/19) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 07.08.2019 - 56 Ca 1358/19 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision der Klägerin wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Das beklagte Land beschäftigt die Klägerin seit dem 01.12.1993 als vollbeschäftigte Mitarbeiterin zunächst als Angestellte im Schreibdienst, später in einer Serviceeinheit der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts Berlin. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung u.a. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.
Die Aufgaben der Geschäftsstelle sollen gemäß § 6 Abs. 1 der Gemeinsamen Geschäftsstellenordnung für das Arbeitsgericht Berlin und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 14.05.2016 (GGO) (ABl. Nr. 18 vom 08.05.2016) in ganzheitlicher Bearbeitung von Servicekräften wahrgenommen werden, soweit die Aufgaben nicht dem gehobenen Dienst vorbehalten sind. Klagen und Anträge werden von der Rechtsantragsstelle aufgenommen, die Zuordnung zu den einzelnen Spruchkörpern erfolgt durch die Eingangsregistratur, die Bearbeitung von Verfahren mit Auslandsberührung obliegt speziell qualifizierten Mitarbeitern, die Berechnungsstelle bearbeitet Entschädigungsanträge nach dem JVEG und schwierige Kostenbearbeitungen und Teile der Aufgaben der Geschäftsstelle in Prozesskostenhilfeverfahren werden von Kostenbeamten übernommen.
Die Klägerin wurde auf der Grundlage einer "Beschreibung des Aufgabenkreises" (BAK vom 01.09.2004 (Kopie Bl. 24 ff. der Akten) in die Entgeltgruppe 6 der Anlage A zum TV-L (Entgeltordnung) eingruppiert. Nach der BAK besteht die Tätigkeit eines/einer Mitarbeiter/in in Serviceeinheiten aus zwei Arbeitsvorgängen, wobei der Arbeitsvorgang "Schwierige Tätigkeiten" einen zeitlichen Anteil von 28,43 v.H. an der monatlichen Arbeitszeit hat.
Die Klägerin forderte das beklagte Land mit Schreiben vom 02.07.2018 erfolglos auf, sein mit Wirkung ab dem 01.01.2018 in die Entgeltgruppe 9, hilfsweise Entgeltgruppe 8 Entgeltordnung einzugruppieren. Sie hat dieses Begehren mit ihrer Klage unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.02.2018 - 4 AZR 816/16 - AP Nr. 47 zu §§ 22, 23 BAT-O mit der Begründung weiterverfolgt, ihre Gesamttätigkeit stelle einen einheitlichen Arbeitsvorgang dar, wobei in rechtlich nicht ganz unerheblichem Umfang schwierige Tätigkeiten im Tarifsinn anfielen.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie müsse höher eingruppiert werden. Ihre Tätigkeit als Geschäftsstellenverwalterin bzw. Servicekraft beim Arbeitsgericht Berlin sei schwierig im Sinne der E9 Anlage A TV-L, Teil II, 12. Beschäftigte im Justizdienst, Nr. 1. Nach Nr. 3 der Protokollerklärungen zum Tarifvertrag übe sie eine schwierige Tätigkeit aus. Die Klägerin beruft sich auch auf die Zuständigkeitsregelung ab dem 1. Januar 2012, die zur Geschäftsstellenordnung ArbG/LAG ergangen ist. Dort sei nach Nr. I bestimmt, dass Servicekräfte sämtliche Aufgaben der Geschäftsstelle wahrzunehmen hätten, soweit sie nicht ausdrücklich anderen Beschäftigten vorbehalten seien. Danach oblägen den Servicekräften also die Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsstelle, und zwar sämtlicher Aufgaben der Geschäftsstelle.
Die Servicekräfte bearbeiteten die Arbeitsaufgaben ganzheitlich. Entsprechend der zuletzt vom Bundesarbeitsgericht getroffenen Entscheidung müsse hier berücksichtigt werden, dass die Geschäftsstellentätigkeit nun als ein einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen sei. So betreue die Klägerin die Aktenvorgänge von Eingang bis Abschluss des Verfahrens. Für die Klägerin seien dies jedenfalls die in der Zuständigkeitsregelung beispielhaft hervorgehobenen Tätigkeiten der Anordnung von Zustellungen, Ladungen, öffentliche Zustellungen; Erteilung von Rechtskraftzeugnissen und Vollstreckungsklauseln; Aufgaben des Kostenbeamten und der Geschäftsstelle bei PKH, Festsetzung und Anweisung der den Zeugen und den ehrenamtlichen Richtern zustehenden Entschädigungen; unterschriftsreife Vorbereitung von Beschlüssen und Verfügungen; Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen; Fristwahrung; Statistik. Diese Aufgaben fielen in nicht unerheblichem Umfang an und machten insgesamt einen Arbeitsvorgang aus. Dem Bundesarbeitsgericht reichte nunmehr ein Anteil von 11,54...