Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsfolgen eines fingierten Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Ein mit Hilfe einer gescannten Unterschrift des Geschäftsführers zu Gunsten des eigenen Sohnes hergestellter Scheinarbeitsvertrag stellt eine Untreuehandlung nach § 266 StGB dar.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; StGB § 266
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 11.04.2018; Aktenzeichen 24 Ca 4650/16) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 11.04.2018; Aktenzeichen 24 Ca 7892/17) |
Tenor
1) Die Berufung der Widerbeklagten zu 1) und 2) gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 11.04.2018 - 24 Ca 4650/16 und 24 Ca 7892/17 - wird auf ihre Kosten bei einem Streitwert von 45.890,99 EUR in der 2. Instanz zurückgewiesen.
2) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch um Rückzahlungen von Nettolohn und gezahlten Steuern und Sozialversicherungsbeträgen an den Insolvenzverwalter, den nunmehrigen Beklagten und Widerkläger. Der Widerkläger behauptet, dass der Kläger und Widerbeklagte zu 1) zusammen mit seiner Mutter, der Widerbeklagten zu 2) und ehemaligen Prokuristin der Gemeinschuldnerin, ein Arbeitsverhältnis nur zum Schein mit der gescannten Unterschrift des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin abgeschlossen hätten, um monatliche Zahlungen gegenüber der Lohnbuchhaltung rechtfertigen zu können.
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Teilurteil vom 11. April 2018 der Widerklage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Widerkläger gegen die Widerbeklagten zu 1) und 2) einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1; 840 Abs. 1; 421 BGB habe. Die Widerbeklagten hätten der Gemeinschuldnerin durch eine rechtswidrige Pflichtverletzung einen Schaden zugefügt, in dem sie gemeinsam und ohne Wissen des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin einen Arbeitsvertrag erstellt und - ohne dass eine arbeitsvertragliche Verpflichtung der Gemeinschuldnerin bestand - über einen Zeitraum von 1 ½ Jahren monatliche Zahlungen an den Widerbeklagten zu 1) veranlasst bzw. entgegengenommen hätten.
Nach der Überzeugung des Gerichts sei zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Widerbeklagten zu 1) am 01. November 2012 ein Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden. Der Widerkläger habe vorgetragen, dass ein Gespräch zur Begründung eines Anstellungsverhältnisses nicht geführt worden sei und der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin den Arbeitsvertrag weder unterzeichnet noch der Widerbeklagten zu 2) sein "o.k." gegeben habe, seine digitale Unterschrift unter den Vertrag zu setzen. Unabhängig davon, ob der Vortrag des Widerbeklagten zu 1) zum Zustandekommen des Vertrages hinreichend substantiiert sei, spreche jedoch bereits der Arbeitsvertrag selbst gegen den von ihm vorgetragenen Geschehensablauf. Die Unterschrift des Widerbeklagten zu 1) auf dem Vertrag, Bl. 24 d. A., sei identisch mit der Unterschrift auf anderen Schriftstücken, die in diesem Verfahren vom Widerkläger eingereicht worden seien, etwa den Unterschriften auf sämtlichen Rechnungen des Widerbeklagten zu 1) oder der "Cleanup Berlin" an die Stenarts Ltd., vgl. beispielhaft die Rechnung vom 11. Mai 2012 in Kopie Bl. 637 d. A. und die Rechnung vom 07. November 2012 in Kopie Bl. 704 d. A., aber auch der Unterschrift unter dem Schriftsatz vom 27. September 2017 in Kopie Bl. 1291 d. A.. Bei der Unterschrift unter dem Arbeitsvertrag handele es sich offenbar auch hinsichtlich der Unterschrift des Widerbeklagten zu 1) um eine eingescannte Unterschrift - einen anderen Schluss lasse die Vielzahl der identisch aussehenden Unterschriften in der Akte nicht zu. Dies stehe im Widerspruch zum Vortrag des Widerbeklagten zu 1) zum Vertragsschluss. Er habe vorgetragen, dass er den Arbeitsvertrag im Meetingraum der Gemeinschuldnerin in der Bernburger Str. 30 - 31 im Beisein der Widerbeklagten zu 2) und des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin persönlich unterschrieben habe. Weiterhin spreche gegen den vom Widerbeklagten zu 1) vorgetragenen Geschehensablauf, dass das Vertragsdokument unter dem 10. Januar 2013 auf dem Server der Gemeinschuldnerin abgelegt sei. Dies sei nicht in Einklang zu bringen mit dem Vortrag, die Widerbeklagte zu 2) habe den Arbeitsvertrag am 01. November 2012 in Vorbereitung der Vertragsunterzeichnung auf dem Serverlaufwerk abgelegt.
Weiterhin habe der Widerbeklagte zu 1) auch keine Arbeitsproben oder sonstigen Anhaltspunkte vorgelegt, aus denen auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses bzw. von ihm erbrachte Leistungen für die Gemeinschuldnerin geschlossen werden könnte. Der Vortrag des Widerbeklagten zu 1) bleibe insofern pauschal und erschöpfe sich in der Nennung von buchhalterischen Tätigkeiten wie der Kontrolle von Eingangsrechnungen und Buchung laufender Geschäftsvorfälle, für die er jedoch keine Nachweise vorlege. Diese Tätigkeiten habe der Widerbeklagte zu 1) nach seinem Vortrag im Homeoffice erledigt. Es sei für das Gericht nicht nachzuvollziehen, weshalb beim vorgetragenen Bestehen des Arbeitsverhältnisses über 1 ½ ...